Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)
sich die Natur zu unterwerfen, greift wie unter Zwang zum Rasierapparat, um sich das Natürlich-Kreatürliche aus dem Gesicht zu rasieren, die Nähe von Sand ist ihm genauso unheimlich wie Sexualität und Fortpflanzung.
Ihr Rationalist wird sich in Faber wiederfinden, er wird sich verstanden fühlen, und schon ist der Boden bereitet für den Wandel in Form einer wunderbaren Bildungsreise durch das Alte Europa, die er gemeinsam mit Faber unternimmt: Er wird mit Walter Faber lernen, die Natur wahrzunehmen, Kunst zu genießen und Poesie zuzulassen, er wird tief darüber erschüttert sein, dass Walter Fabers Ratio bei der wichtigsten Frage seines Lebens fundamental versagt. Er wird das Buch geläutert zuschlagen, stirnrunzelnd seinen solarbetriebenen Akku betrachten und sich unsere Romantherapie auf den Nachttisch legen.
Rauchen; es aufgeben
Buntspecht
Tom Robbins
Zenos Gewissen
Italo Svevo
Heutzutage zu rauchen steht so oder so nicht wirklich zur Debatte – nachdem das Rauchen noch den letzten Rest Glamour eingebüßt hat, ist es jetzt einfach nur noch schlecht für Sie. Was das mit dem Aufhören aber auch nicht einfacher macht. Wenn man auf einen schnellen Energieschub aus ist, kann ein gutes Buch so effektiv sein wie ein Nikotinpflaster. Aber versuchen Sie bloß nicht, ohne die Hilfe der folgenden beiden Romane mit den Kippen Schluss zu machen. Der erste erlaubt Ihnen, im Kosmos des Rauchens zu schwelgen, ohne dabei selbst zu inhalieren. Der zweite begleitet Sie durch die Qualen des Aufhörens und die Verlockungen des Wieder 286 anfangens und kippt eine Ladung Spott über dem scheiternden Nichtraucher aus, der Ihren Ehrgeiz anstacheln wird.
In dem Moment, in dem Sie sich Buntspecht in die Tasche stecken, erleben Sie mit fast 100-prozentiger Sicherheit einen Kick – wie wenn Sie sich ein Päckchen Camel hineinschieben. Die verlegerische Berechtigung für diesen schamlosen Markenklau ist, dass die Heldin, die rothaarige Prinzessin Leigh-Cheri, unzählige Stunden über diesen ikonischen Pyramiden und Palmen auf einer Camel-Schachtel meditiert, während ihr gesetzloser Freund Bernard Mickey »Buntspecht« Wrangle im Gefängnis sitzt und genau wie sie außer einem Päckchen Camel keine Gesellschaft hat. Als sie spürt, dass dieses geteilte Symbol eine geistige Verbindung zwischen ihr und Mickey herstellt, beschließt sie, dass sie die Zigaretten nicht rauchen kann, denn ihre Fantasiewelt würde zerstört, wenn sie das Päckchen öffnete. Was sie aber dann schon tut, ist, mit Beduinen und Scheichs, die sie in der Wüste trifft, auf Reisen zu gehen, und zwar auf einem Kamelrücken. Im Zuge ihrer Meditation lernt der Leser faszinierende Dinge über Pyramiden, Rothaarige und den Sinn und Zweck des Mondes und darf über die angeborene Weisheit unbeseelter Dinge nachdenken.
Gegen Ende des Romans sind Leigh-Cheri und Buntspecht Wrangle in einer echten Neubau-Pyramide gefangen und glauben, auf ewig begraben zu sein, mit nichts zu essen außer Hochzeitstorte und Champagner. Sie machen sich Mickeys Erfahrenheit mit Schießpulver zunutze und landen in einer gemeinsamen Halluzination, in der sie in ein weiteres Päckchen mit Camel-Zigaretten fallen. Das alles macht so viel mehr Spaß als tatsächlich eine Zigarette zu rauchen, dass Sie sehr froh sein werden, dass es nur das Buch ist, das Ihnen die Gesäßtasche ausbeult.
Und damit die Zigarettenpackung auf keinen Fall den Weg zurück in Ihre Hosentasche findet, inhalieren Sie nach Der Buntspecht tief Italo Svevos Zenos Gewissen . Für diesen Roman haben alle Leser und zukünftigen Nichtraucher James Joyce zu danken. Nach zwei erfolglosen Romanen hatte Svevo das Schreiben schon aufgegeben, bis er Joyce traf, der ihn 287 ermunterte. Zum Glück! Denn Zenos Gewissen ist ein grandioser Roman, mit einer wundervoll ambivalenten Hauptfigur, tragikomisch, ironisch. Und eine wunderbare Endlich-Nichtraucher -Lektüre. Gleich im ersten Kapitel erzählt Zeno Cosini von seinen Versuchen, das Rauchen aufzugeben. Die Versuche sind redlich, aber die Zigarette ist stärker. Sie werden sich glänzend amüsieren über Zenos Versuche, sich diesen Umstand schön zu reden und immer neue Begründungen zu finden, warum es doch eine gute Idee sein könnte, eine Zigarette zu rauchen. So etwa nach dreißigminütiger Abstinenz: »Ich war also völlig geheilt, aber unheilbar lächerlich!« Sie werden sich verstanden fühlen, und Sie werden mehr wollen von Zenos Erzählungen. Und über die Freude an
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