Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)
steht die Falle, in die ich laufe.« – »Du mußt nur die Laufrichtung ändern«, sagte die Katze und fraß sie.
(Franz Kafka, Kleine Fabel )
Sitzen Sie auch vor der Falle? Dann sollten Sie mit Stephan Thome einen Grenzgang unternehmen.
Nur alle sieben Jahre wird in Bergenstadt ausgelassen gefeiert: beim »Grenzgang«, einem dreitägigen Volksfest. Stephan Thome beschreibt drei Grenzgänge (1992, 1999, 2006) und findet so den perfekten Zugriff, um aus dem Stoff von Kafkas Kleiner Fabel einen Roman zu gestalten: Groß waren die Erwartungen, weit und verheißungsvoll die Zukunft, als Kerstin Werner beim Grenzgang ihren Mann kennenlernte. Jahre darauf ist sie geschieden, pflegt ihre alzheimerkranke Mutter (siehe übrigens ▶ Alzheimer ), schlägt sich mit ihrem pubertierenden Sohn herum und ihre Träume sind in sich zusammengefallen. Thomas Weidmann ist als Akademiker gescheitert und in seinem Geburtsort Gymnasiallehrer geworden. Täglich ist er mit den Ambitionen seiner Schützlinge konfrontiert und entkommt nie der Erinnerung an seine eigenen.
Stephan Thomes Prosa leuchtet das Innere dieser beiden Ent 295 täuschten wie mit einem Xenon-Scheinwerfer aus. Hass, Wut und alles schwärzender Sarkasmus werfen lange, dunkle Schatten. Die Grenzgangfeste sind ein zunehmend schwächer werdendes Aufbegehren gegen das allmähliche Scheitern, das Näherrücken von Kafkas Mauern.
Diese Lektüre bietet Ihnen Trost oder Aufrüttelung – je nachdem, was für ein Mensch Sie sind. Trost bietet sie dem, der sich eigentlich doch ganz wohl fühlt zwischen den Mauern seiner eigenen Biographie, er kann sich nach der Lektüre entspannt zurücklehnen und »ganz so schlimm ist es bei mir nicht« denken. Aufrüttelung erfährt derjenige, der die Mauern überwinden will, der Gauloises wegen ihres Werbeslogans raucht (»Liberté toujours«), und der die Kraft oder den Eigensinn hat, eingefahrene Strukturen zu überwinden und Dinge oder Menschen, die längst ihre Relevanz für ihn verloren haben, hinter sich zu lassen. Er wird Thome mit einem großen Provinzekel und massiver Mauerphobie zuklappen und endlich die Weltreise buchen oder sich in die Online-Stellenbörse des Auswärtigen Amtes einloggen.
▶ Fernweh
▶ Midlife-Crisis
Scham
Gute Geister
Kathryn Stockett
Scham ist ein tiefsitzendes, primitives Gefühl – und eines der ersten, die sich in unschuldigen Herzen breitmachen. Die Beschämten spüren das unwillkürliche Verlangen, davonzulaufen und sich zu verstecken, in den Untiefen des Wäschekorbs oder in einem dunklen Schrank, wo niemand sie findet. Denn es ist hart, sich der Welt zu stellen, wenn man sich schämt. Nehmen Sie unser Heilmittel mit in den Schrank, und wenn Sie wieder herauskommen, werden Sie bereit sein, die Suppe auszulöffeln, die Sie sich eingebrockt haben.
Gute Geister spielt in Jackson, Mississippi, zu Beginn der Bürgerrechtsbewegung. Der Roman schildert, wie mehr und mehr afroamerikanische Dienstmädchen, deren billige Arbeitskraft in vielen weißen Familien über Generationen hinweg missbraucht und ausgebeutet wurde, auf damals beispiellose Weise ihre Stimme erheben – und wie es ihnen gelingt, die weiße Welt aus deren Traum einer ewigen ›schwarzen Knechtschaft‹ herauszureißen.
Ins Rollen gebracht wird die ganze Sache von der jungen und ehrgeizigen – und weißen – Eugenia Phelan. Eugenia, genannt ›Skeeter‹, ist fest entschlossen, Schriftstellerin zu werden, aber sie weiß nicht recht, worüber sie schreiben soll. »Schreiben Sie über das, was Sie aufregt, vor allem, wenn es sonst niemanden beschäftigt«, rät ihr Elaine Stein, die Lektorin, die ihr Buch am Ende herausbringen wird. Ein genialer Rat, zumal in der dreiundzwanzigjährigen Skeeter just in dieser Zeit ganz zaghaft ein unbehagliches Gefühl aufflackert, wenn sie an all die schwarzen Dienstmädchen denkt, die sie selbst und ihre Freunde im Laufe der Jahre großgezogen haben. Die Geschichten dieser Frauen, zum ersten Mal 298 und in ihrer eigenen Sprache erzählt, würden wohl erstklassiges Material für ein Buch hergeben. Doch als Skeeter versucht, jemanden zu finden, der bereit ist, ihr seine Erlebnisse zu schildern, begegnen die Dienstmädchen ihr mit Angst und Misstrauen. Wer würde sie noch einstellen, wenn sie die Wahrheit über ihre Arbeitgeber erzählen?
Am Ende werden Skeeters Erwartungen sogar noch übertroffen. Aibileen, die siebzehn weiße Kinder großgezogen und ihren eigenen Sohn bei einem Unfall verloren hat,
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