Die Rose der Highlands
mittellos dastehen würde, wenn ich für das Haus kein Geld bekäme.«
»Das werde ich ihr ausrichten«, entgegnete Lord Fraser förmlich.
»Aber wie schon gesagt, wir würden dann mein Haus verkaufen. Und meine
Brennerei läuft bestens, zudem verfüge ich über genügend Vermögen. Wir könnten
Ihnen den Kaufpreis, den Sie verlangen, auf den Tisch des Hauses legen.«
Also doch. Er log, schoss es Lili durch den Kopf, denn seine
Whiskybrennerei existierte nicht. Dessen war sie sich sicher.
Lili musste sich arg zusammenreiÃen, ihm nicht an den Kopf zu
werfen, dass er schon wieder gelogen hatte. Doch sie wollte nicht alle ihre
Trümpfe auf einmal ausspielen. Auf seine angeblich gut gehende Whiskybrennerei
würde sie ihn beim nächsten Mal ansprechen. Und am besten in Roses Gegenwart â¦
Aber das mit dem Vermögen konnte und wollte sie nicht unwidersprochen so stehenlassen.
»Gut, dass Sie Ihr Vermögen erwähnen«, flötete sie zuckersüÃ. »Dann
wird es für Sie als Ehrenmann wohl keine Frage sein, Isobel das Geld
zurückzustatten, das sie wegen Ihres Ratschlags, es bei Hobard & Pinkett
anzulegen, verloren hat.«
Lili verspürte eine gewisse Schadenfreude, als sie ihm zusehen
konnte, wie er erbleichte, doch sie hatte sich zu früh gefreut.
»Es geschah nicht auf meinen Ratschlag hin, sondern Ihre
Stieftochter hat mich nahezu gedrängt, einen Termin mit Ihr und Mister Jones zu
machen. Ihm hat sie ihr Geld gegeben. Ich habe es selbst gesehen«, entgegnete
er in scharfem Ton.
»Das ist eine gute Nachricht«, konterte Lili scheinbar ungerührt.
»Dann werden sie es ja hoffentlich bei ihm finden, wenn sie ihn haben â¦Â«
»Wenn wer ihn hat?«, entfuhr es ihm erschrocken.
Lili lächelte triumphierend in sich hinein. Für einen Augenblick
hatte der Mann vergessen, seine Rolle zu spielen. Er ist schwer angeschlagen,
dachte sie und beschloss, seine Schwäche auszunutzen.
»Nach Mister Jones wird gefahndet. Er war bereits bei Hobard &
Pinkett rausgeflogen wegen Betruges. Sie könnten sich auf dem Rückweg
eigentlich gleich bei der Polizei melden und Ihre Aussage machen.«
»Ja, ja!«, murmelte er hastig und wandte sich zum Gehen.
»Und bitte nicht vergessen. Ich möchte persönlich mit meiner Tochter
sprechen. Und richten Sie ihr aus, wenn sie nicht herkommt, dann stehe ich
schneller vor ihrer Tür als es ihr lieb ist.«
Lord Fraser drehte ihr grimmig den Rücken zu und durchquerte eiligen
Schrittes den Vorgarten. Erst als er aus Sichtweite war, blieb er stehen und
ballte die Fäuste. Da hatte ihn Rose, das dumme Gör, doch tatsächlich
reingelegt. Er wäre sonst doch niemals persönlich bei dieser Frau aufgekreuzt.
Er hätte einen Anwalt geschickt. Nur zur Sicherheit war er gekommen, falls Rose
wirklich ihren Besuch für den heutigen Tag angekündigt hatte. Und er war so
blöd gewesen, der Kleinen zu glauben, dass sie mit ihrer Mutter telefoniert
hatte. Marta hatte recht. Das Biest hatte ihm den Kopf verdreht, aber das war
jetzt vorbei. Nun würde er mit härteren Bandagen kämpfen. Es musste nur alles
viel schneller gehen als geplant. Es war nämlich nur eine Frage der Zeit, wann
diese Frau bei ihm vor der Tür stehen und nicht lockerlassen würde, bis sie mit
ihrer Tochter gesprochen hatte. Dazu durfte es nicht kommen!
Lord Fraser wischte sich mit dem Ãrmel seiner Jacke den Schweià von
der Stirn. Wie gut, dass wir das Problem Jones bereits unterwegs gelöst haben,
dachte er, während er in seinen Wagen stieg.
Der Gedanke, dass Lili Munroy ihm eines nicht allzufernen Tages
hilflos ausgeliefert sein würde, erfüllte ihn mit Genugtuung. Ursprünglich
hatte sie nicht auf seiner Liste gestanden, aber inzwischen war sie so etwas
wie der persönliche Höhepunkt seines Plans. Mit wachsender Begeisterung malte
er sich die Einzelheiten aus. So intensiv, dass er gar nicht merkte, wie er aus
sicherer Entfernung beobachtet wurde.
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I sobel stand hinter einer Azalee und zitterte am ganzen
Körper. Sie war früher als verabredet in Little Scatwell eingetroffen, weil sie
bei dem Vater einer Schülerin im Wagen mitgefahren war. Sonst hätte sie den Weg
vom Bahnhof bis nach Scatwell zu Fuà machen müssen. Deshalb war sie erst einmal
in den Garten gegangen, um die blühende Frühlingspracht zu bewundern.
In dem Augenblick, als sie
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