Die Rose der Highlands
Sibeal in
einem freundlicheren Ton hinzu, der ihr einen huldvollen Blick der Dame
einbrachte. Diese räusperte sich noch ein paarmal, bevor sie endlich fortfuhr:
»Sein Sohn hieà Keith, und dieser Junge hat auch, als er erwachsen wurde,
offenbar nur ganz selten schottischen Boden betreten. Meine Tante hat ihn
persönlich überhaupt nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen, als es um das
Erbe seines Vaters ging. Er lebte die meiste Zeit in Monte Carlo. Und er soll
dort das ganze Vermögen seines Vaters verspielt haben. Jedenfalls hat diese
Tante, die er noch einige Male brieflich um Geld angepumpt hatte, seit über
einem Jahr nichts mehr von ihm gehört. Und nun hat er für so viel Verwirrung in
deiner Familie gesorgt, arme Isobel. Deine bemitleidenswerte Mutter ist doch
bestimmt am Boden zerstört. Sie hat aber auch immer ein Pech in familiären
Angelegenheiten.«
Lady Ainsley tätschelte Isobels Arm, doch die zog ihn rasch zurück.
Isobel wusste genau, dass das Mitgefühl Lady Ainsleys geheuchelt war.
Wahrscheinlich war das Gegenteil der Fall, und sie empfand Schadenfreude bei
dem Gedanken an das, was der gute Keith in Scatwell Castle angerichtet hatte.
Isobel ahnte auch, gegen wen sich diese Gehässigkeit eigentlich richtete. Lady
Ainsley hatte in all den Jahren keine Gelegenheit ausgelassen, spitze
Bemerkungen gegenüber Lili loszulassen. Murron, Lady Ainsleys Tochter und einst
Isobels beste Freundin, hatte ihr einmal einen Hinweis gegeben, warum sie sich
so auf Lili eingeschossen habe. »Ja, weiÃt du denn nicht, dass meine Mutter
hoffte, dein Vater würde sie heiraten? Aber dann kam er mit unserer gemeinsamen
Lehrerin Miss Campbell in die Highlands und stellte sie als seine Verlobte vor.
Mom sagt immer, wenn er sie zur Frau genommen hätte, wäre er heute noch am
Leben.«
Isobel hatte Lili daraufhin wie eine Löwin verteidigt. Auch in
diesem Augenblick ärgerte sie sich über Lady Ainsleys Häme und sann nach einer
passenden Antwort. Sekunden später stieà sie mit übertriebener Empörung hervor:
»Also, ich bin entsetzt. Das hätte ich nun wirklich nicht für möglich gehalten,
dass ein solcher Halunke Mitglied Ihrer ehrenwerten Familie ist. Das ist ja ein
Skandal!«
Sie konnte sich gerade noch ein Grinsen verkneifen, als sich ihr
Blick mit dem von Sibeal traf, deren Mundwinkel verdächtig zuckten.
Lady Ainsley merkte offenbar nicht, dass die beiden Frauen sie
verschaukelten, denn sie erwiderte sichtlich beleidigt: »Wie ich schon sagte,
er gehört ja nicht zum engen Kreis der Familie. Er hat ja nicht einmal gewusst,
dass er entfernt mit Caitronia verwandt ist, der er an Hogmanay auf Scatwell
Castle an ihrem Tisch gegenübergesessen hat. In meinem Haus war dieser Mensch
nie zu Gast. Mir können Sie das wirklich nicht anlasten. Dieser Zweig der Frasers,
der französische, wie er in der Familie heiÃt, besteht nur aus schwarzen
Schafen. Ich dachte nur, es könnte Sie interessieren, dass dieser Lord Fraser,
mit dem Sie, liebe Isobel, sich schlieÃlich verlobt haben, nicht den besten Ruf
genieÃt. Und er soll noch nicht einmal gut aussehen, behauptet meine alte Tante
aus Aberdeen.«
Isobel runzelte die Stirn. Ihr lag eine Erwiderung auf der Zunge,
aber da war Lady Ainsley bereits vom Tisch aufgesprungen.
»Auf Wiedersehen, die Damen«, verabschiedete sie sich förmlich und
nahm dem Kellner, der gerade ihren dritten Whisky brachte, das Glas vom
Tablett. Hocherhobenen Hauptes stolzierte sie zu ihrem reservierten Tisch.
Sibeal und Isobel starrten ihr verwundert nach.
»Hat deine Mutter nicht behauptet, dieser Kerl sei attraktiv? Und
Lili hat eigentlich einen guten Geschmack, was Männer angeht.«
»Das hat Lady Ainsley doch nur gesagt, um mich noch dümmer dastehen
zu lassen: Als hätte ich mich nicht nur in einen halbseidenen Vogel verguckt,
sondern dazu auch noch in einen hässlichen â¦Â«
»Das wäre ihr durchaus zuzutrauen«, erwiderte Sibeal nachdenklich,
bevor sie sich verschwörerisch zu Isobel hinüberbeugte. »Oder aber es stimmt,
und unser Lord Fraser und der, von dem sie spricht, sind nicht identisch.«
»Aber es würde doch alles gut passen. Er ist ein krummer Hund.«
»Ja, damit magst du recht haben, aber ich hatte ehrlich gesagt nicht
das Gefühl, dass sie sich all das ausgedacht hat. Ich meine, dass er
unattraktiv ist. Und wenn das nicht gelogen
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