Die Rose der Highlands
Sibeal glaubt fest daran, dass wir den
falschen Lord Fraser damit überführen können. Und wenn dem so ist, könnte der
Mann ein Mörder sein. Ich rufe Dich an. Unternimm nichts auf eigene Faust!
Isobel
Lili bebte am ganzen Körper. Und sie hatte sich am Strand
amüsiert, während ihre kleine Rose im Hause eines Mörders in höchster Gefahr
schwebte. Ihr schlechtes Gewissen wurde immer lastender, doch dann erinnerte
sie sich für den Bruchteil eines Augenblicks daran, wie erregend es gewesen
war, Liam so nahe gekommen zu sein. Nein, sie wollte partout nicht missen, was
sie mit ihm erlebt hatte. Und vor allem konnte sie unmöglich ihm die
Verantwortung für diesen spontanen Ausflug zuschieben. Ich habe es so gewollt,
und es nützt keinem etwas, wenn ich mich nachträglich mit einem schlechten
Gewissen quäle, redete sich Lili gut zu.
Sie straffte die Schultern. Trotzdem konnte keiner von ihr
verlangen, dass sie die Hände in den Schoà legte, bis Isobel endlich anrief.
Geduld war nicht Lilis Stärke. Es musste sofort etwas geschehen. Wenn auch nur
ein Körnchen Wahrheit an der Geschichte war, dann durfte Rose nicht eine Nacht
länger in Fortrose bleiben. Es musste dringend etwas geschehen!
Kopflos eilte Lili zum Telefon und versuchte, Isobel zu erreichen,
aber es meldete sich niemand. Sie überlegte kurz, was sie tun sollte, doch dann
fasste sie einen Entschluss: Sie würde auf der Stelle zu Isobel fahren, und
wenn sie nicht zu Hause war, würde keine Macht dieser Welt sie davon abbringen,
Rose aus diesem schrecklichen Haus zu entführen. Wenn Lord Fraser so etwas
konnte, würde sie das allemal schaffen!
51
L iam war nicht wohl,
während er mit überhöhter Geschwindig keit durch das Tal von Strathconon raste,
obgleich ihn der Gedanke an das mit Lili Erlebte mit einem wahren Glücksgefühl
erfüllte. Er wäre gern bei ihr geblieben und hätte sie ein wenig abgelenkt,
doch es gab viel zu tun. Er hatte Lili nicht unnötig ängstigen wollen, aber er
hielt es für besser, wenn man sich noch heute an Roses Arzt wandte. Wenn auch
nur ein Quentchen von dem stimmte, was er vermutete, ging es diesem Lord Fraser
lediglich darum, an Roses Geld zu kommen. Und dann würde sicher auch diese Krankenschwester
eine dubiose Rolle spielen. Natürlich bestand die Möglichkeit, dass es alles
nur seiner Einbildung entsprang und die kleine Rose war wirklich schwer erkrankt.
Erst im letzten Augenblick sah er die Radfahrerin vor sich. Er
konnte gerade noch rechtzeitig bremsen. Die Frau aber sprang von ihrem Rad,
fuhr herum und drohte ihm mit der Faust. Doch dann erkannte sie ihn.
Liam kletterte hastig aus dem Wagen. »Isobel, was machen Sie denn
hier?«
»Ich wollte Lili besuchen, aber die war nicht zu Hause, und ich bin
einfach zu aufgebracht, um meine Zeit mit Warten zu verbringen. Es muss
dringend etwas geschehen, Liam, nach allem, was ich inzwischen erfahren habe.
Aber erzählen Sie zuerst!«
»Ja, ich denke auch, dass Eile geboten ist«, erwiderte er und
kratzte sich ratlos am Kinn. »Was halten Sie davon, wenn Sie das Fahrrad im
Gebüsch verstecken und ich Sie nach Hause bringe? Dann können wir uns unterwegs
gegenseitig berichten.«
Isobel zögerte kurz, doch dann schob sie ihr Rad ein Stück in den
Wald, der an dieser Stelle das Ufer des River Conon säumte.
»Wie geht es Rose?«, fragte sie atemlos, während sie in den Wagen
stieg.
Aufgeregt schilderte Liam ihr, was sich in Fortrose abgespielt
hatte. Isobel hörte fassungslos zu.
»Was halten Sie davon, Isobel, wenn wir uns aufteilten? Ich bitte
Art Drummond, einen pensionierten Inspektor, um Rat, während Sie versuchen,
diesem Doktor die Zunge zu lockern.«
»Kennen Sie denn seinen Namen?«
»Er heiÃt Doktor Scott. Und ich glaube, das ist nicht gelogen, denn
der feine Lord wurde ganz nervös, als Lili ihm ankündigte, sie würde ihn zu der
Sache befragen. Er verwies auf die ärztliche Schweigepflicht. Und Sie sollten
wissen, wenn Sie den Doktor ansprechen, dass er Ihnen tatsächlich die Auskunft
verweigern könnte. Sie müssen also geschickt vorgehen!«
»Trauen Sie mir das etwa nicht zu, Liam?«, witzelte Isobel.
Er hob die Schultern. »Na ja, Sie sind nicht gerade das Sinnbild
eines raffinierten Luders, wenn ich das einmal so ausdrücken darf.«
Isobel lachte, doch dann verfinsterte sich ihre
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