Die Rose der Highlands
fühlen musste, hatte sie ihm
doch gemeinerweise unterstellt, er böte ihr die finanzielle Unterstützung nur
an, wenn sie dafür mit ihm ins Bett ginge. Lili wollte gar nicht daran denken,
was sie damit angerichtet hatte. Natürlich hätte sie sein Angebot niemals
angenommen, aber sie hätte ihm nicht gleich derart miese Motive unterstellen
müssen.
Je länger sie darüber nachgrübelte, desto klarer wurde ihr, wie ungerecht
sie gewesen war. Sie hatte ihn ja nicht einmal zu Wort kommen lassen. Aber nun
war es zu spät. Dieser Riss war nicht mehr kitten. Sie vermutete, dass er
stocksauer auf sie war. Unter diesen Umständen war es besser, sie würden
einander gar nicht mehr begegnen. Am schlimmsten daran war, dass sie ihn so
schmerzlich vermisste. Den Gedanken versuchte sie natürlich mit allen Mitteln
zu verdrängen, aber das schien ihr genauso aussichtslos, als hätte sie
versucht, die fetten Regentropfen wegzuzaubern und durch Sonnenstrahlen zu
ersetzen.
Ihr kopfloser Abgang aus dem Highland Hotel zog auch einige andere
Unannehmlichkeiten nach sich. Ihre Mittel wurden immer knapper und ohne die
Aussicht auf den raschen Verkauf von Little Scatwell wusste sie eigentlich gar
nicht, wie sie die nächsten Wochen überstehen sollte. Sie hatte schon daran
gedacht, Bonnie und Fiona zu entlassen, aber das brachte sie nicht übers Herz.
Bonnie ernährte mit ihrer Arbeit eine ganze Familie. Wenn ihr Lohn wegfiel,
nicht auszudenken. Und Fiona gehörte zur Familie. Scatwell Castle war ihr
Zuhause. Lili konnte sie nicht einfach ihrer Existenz berauben. Deshalb war es
vorrangig, dass sie einen neuen Verkäufer für das Anwesen fand. Mister
Armstrong in Inverness hätte den Auftrag sofort übernommen, doch mitten im
Gespräch war Lili eingefallen, wieso ihr der Name des Anwalts so bekannt
vorgekommen war. Es war kein Geringerer als der Liebhaber von Liams Frau. Als
Lili dieser Zusammenhang klar geworden war, war sie einfach aufgestanden und
aus dem Büro marschiert mit den Worten: »Ich muss mir das alles noch einmal
überlegen.«
Wie sie es drehte und wendete, es blieb ihr nur ein Ausweg: Sie
musste Isobel bitten, ihr Geld zu leihen. Etwas, das ihr in guten Zeiten
bereits wahnsinnig schwergefallen wäre, was aber in der angespannten Lage eine
echte Herausforderung bedeutete.
Denn Isobel sprach nur noch das Nötigste mit ihr. So verliefen auch
die gemeinsamen Mahlzeiten fast stumm. Denn auch Rose hielt sich sehr zurück
mit Worten. Das war beinahe beängstigend, da sie ansonsten in eimem fort
plapperte. Isobel und Rose ignorierten einander völlig. Diese Unversöhnlichkeit
zwischen den beiden wollte Lili schier das Herz brechen.
Es war eindeutig erträglicher, als sie sich noch gestritten haben, dachte
Lili und wandte sich abrupt vom Fenster ab. Es nützte nichts. Ob sie es wollte
oder nicht, sie musste Isobel zeitnah diese unangenehme Frage stellen: Kannst
du mir Geld leihen? Lili schüttelte sich allein bei dem Gedanken.
Seufzend zog sie sich an und setzte sich vor den wunderschönen
Frisiertisch, der einmal GroÃmutter Mhairie gehört hatte. Sie blickte sich im
Zimmer um. All die weiÃen geschmackvollen Möbel waren auch ihren Preis wert.
Vielleicht sollte sie sich zur Ãberbrückung davon trennen, aber sie brauchte
den Gedanken gar nicht zu Ende zu führen. Nein, sie würde nicht losziehen und
den Hausstand verscherbeln, nur weil sie zu stolz war, Isobel bei diesem vorübergehenden
Engpass um Hilfe zu bitten.
Ihr bekümmerter Blick streifte wie so oft in den letzten Tagen die
teure Armbanduhr, die Dusten ihr geschenkt hatte. Die zu verkaufen, wäre etwas
anderes. Es würde jedenfalls niemand merken. Doch, Dusten, dachte sie. Er würde
es nicht wollen! Und ihm wäre bestimmt auch eine andere Lösung eingefallen.
Immer noch tief in Gedanken versunken drückte Lili wenig später die
Klinke der Tür zum Salon herunter. Sie ging fest davon aus, dass sie die Erste
am Frühstückstisch sein würde, doch da vernahm sie bereits die aufgebrachten
Stimmen ihrer Töchter.
»Natürlich werden Keith und ich unsere Verlobung vor dem Essen
bekanntgeben. Die Gäste sollen doch wissen, warum sie gekommen sind.«
»Aber ich möchte eine kleine launige Rede halten, in der ich locker
erkläre, wie es zu dem doppelten Fest gekommen ist.«
»Locker? Dass ich nicht lache. Wahrscheinlich gibst du
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