Die Rose des Propheten 1 - Das Buch der Götter
kommenden Töchter schmiedeten in Gedanken bereits erste Heiratspläne, während ihre Väter sofort an die Dot dachten, die Mitgift, die jedem Mädchen mitgegeben werden mußte.
Der Dschinn seufzte wehleidig und schaute voll Verlangen zu seiner Öllampe, die in einer Ecke von Majiids Zelt nahe der Lieblingswasserpfeife des Scheichs stand.
»Ich werde das Preisgeld verdoppeln! Das Spiel kann beginnen!« rief Majiid aus.
Sond spähte durch den Zelteingang und erblickte den Scheich in seinem schwarzen Gewand und den weit geschnittenen, weißen Reiterhosen auf dem Rücken seines großen, weißen Pferdes. Die lange Mähne wehte im Wind, während der Schweif über den Sand fegte.
»Sond! Komm her! Wir brauchen dich!« rief Majiid, wandte sich im Sattel um und schaute zum Zelt zurück. »Sond, du räudiger Sohn einer… oh, da bist du ja«, sprach der Scheich, ein wenig aus der Fassung gebracht, denn der Dschinn war plötzlich direkt aus dem Wüstenboden aufgestiegen und stand nun neben seinem Steigbügel. Majiid wedelte mit der Hand. »Leg den Köder aus.« Der Scheich deutete auf eine Stelle in ungefähr zweihundert Schritt Entfernung. »Gib uns das Zeichen, wenn alles bereit ist.«
Der Dschinn unternahm noch einen letzten Versuch.
»Sidi, willst du denn nicht wissen, wen Hazrat Akhran…«
»Wen? Das spielt überhaupt keine Rolle! Eine Frau ist eine Frau. Vom Hals abwärts sind sie doch alle gleich! Siehst du denn nicht, daß meine Männer ungeduldig auf den Spielbeginn warten!«
»Immer der Reihe nach, Sond«, warf Khardan ein, galoppierte heran und tänzelte mit seinem Pferd um den Dschinn herum. »Mein Vater hat recht. Frauen sind so zahlreich wie Sandkörner in der Wüste. Die zehn Silbertuman, die mein Vater als Preis ausgesetzt hat, sind dagegen nicht so leicht zu erringen.«
Ein tiefer Seufzer entfuhr Sonds Kehle. Er schüttelte resigniert den mit einem Seidenturban bedeckten Kopf und nahm schließlich das frisch geschlachtete Schaf vom Boden auf. Er fuhr in die Luft und überflog den vom Wind gefegten, steinigen Wüstenboden. Nachdem er eine passende Stelle gefunden hatte, entfernte er zunächst das Gestrüpp und die Kakteen und ließ anschließend den blutigen Körper neben sich zu Boden fallen. Seine Pumphosen flatterten im Wüstenwind, als er das verabredete Zeichen gab. Ein blauer Feuerball explodierte über seinem Kopf in der Luft. Bei diesem Anblick traten die Spahis mit wilden, schrillen Schreien ihren Pferden in die Flanken und begannen die wilde Jagd nach der Trophäe. Betrübt schwebte Sond langsam an die Seite seines Gebieters zurück – mit hängendem Kopf und über den Boden schleifenden Füßen.
»An deinen heruntergezogenen Mundwinkeln kann ich unschwer erkennen, daß es meinem Gebieter nicht leichtfallen wird, Hazrat Akhrans Willen zu befolgen«, drang eine Stimme in Sonds Ohr. »Nenn mir den Namen des Mädchens!«
Verwirrt sah sich Sond um und entdeckte Khardans Dschinn, Pukah, der neben seinem Ellenbogen schwebte.
»Du wirst es zusammen mit allen anderen erfahren«, zischte Sond gereizt. »Verschwinde! Ich werde dir nichts verraten, ehe mein Gebieter den Namen erfahren hat.«
»Halte es, wie du willst«, gab Pukah leichthin zurück und schaute dabei den Reitern zu, die auf das blutige Schaf zugaloppierten. »Übrigens kenne ich den Namen bereits.«
»Kennst du nicht.«
»Doch, das tue ich.«
»Unmöglich.«
»Ich habe gestern abend mit Fedj gesprochen oder vielmehr mit dem, was von ihm übrigblieb, nachdem Zohra mit ihm fertig war.«
Sond sog zischend die Luft ein. »Du machst also mit unserem Feind gemeinsame Sache!«
»Nein, nicht mit unserem Freund! Hast du vergessen? Ich habe mich mit unserem Bruder getroffen!«
»Warum sollte Fedj, dieser mißratene Sohn einer Ziege, ihn dir verraten?« fragte Sond verärgert.
»Er schuldete mir noch einen Gefallen«, antwortete Pukah und zuckte mit den schemenhaften Schultern.
»Hast du ihm erzählt…?«
»Meinem Gebieter?« Pukah schaute Sond mit einem spöttischen Grinsen an. »Glaubst du, ich habe Lust, mich in eine Öllampe einsperren zu lassen und dort für die nächsten zwanzig Jahre zu versauern, nur weil ich der unglückselige Überbringer dieser Nachricht gewesen bin? Nein danke!« Er kicherte boshaft und verschränkte die Arme vor der Brust.
Pukahs Worte erweckten unangenehme Erinnerungen in Sond. Ihm schauderte vor der Drohung Akhrans. Übellaunig wandte er sich von dem grinsenden, jungen Dschinn ab und gab vor, sich
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