Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
Khardan, wie sich ihr Griff um seine Brust festigte. Es überraschte ihn, wie ungewöhnlich kräftig für eine Frau sie ihn umschlang, er fand aber keine Zeit, darüber nachzudenken, denn eine Gruppe berittener Goume, die zu einem der Sklavenhändler gehörte, bahnte sich gerade einen Weg durch die aufgebrachte Menge.
Auf einen leichten Schenkeldruck hin bäumte sich Khardans Pferd auf und wirbelte mit den Hufen todbringend durch die Luft. Die Menge wich hastig zurück, doch viele stürzten getroffen zu Boden und blieben mit eingeschlagenen Schädeln in ihrem eigenen Blut liegen. Als die anderen Sklavenhändler ihre Gefährten stürzen sahen, wandten sie sich um und flohen Hals über Kopf. Die Goume auf ihren Pferden wurden von einem vor Panik rasenden Menschenhaufen mitgerissen.
Bitter erkämpfter Triumph erfüllte Khardans Herz, als er aus dem Sklavenmarkt herausgaloppierte, noch kurz bevor sich einige Goume durch die Menge freigekämpft hatten. Khardan ritt eiligst zu seinem Bruder zurück. Dabei begegnete er einer weißen Sänfte.
Beim Anblick des Palankins stöhnte die Frau leise auf, und ihre Finger krampften sich in sein Gewand. Der Vorhang der Sänfte wurde von einer schmalen Hand zurückgeschoben und gab das Gesicht eines Mannes frei. Grausame, bösartige Augen durchbohrten Khardan wie eiskalter Stahl.
Seine Seele gefror, so viel Boshaftigkeit lag in dem Blick. Er parierte sein Pferd und starrte den Mann widerwillig fasziniert an. Da schwirrte ein Säbel haarscharf an seinem Kopf vorbei, augenblicklich riß ihn der Schreck in die Gegenwart zurück. In einer schnellen Drehung stieß er mit dem Säbelgriff nach hinten, erwischte den Goum am Kinn und schlug ihn vom Pferd. Die anderen Goume hatten ihn fast erreicht – viel zu viele, um gegen sie zu kämpfen.
»Wir müssen von hier verschwinden!« rief er der Frau zu. »Halte dich fest!«
Er stieß dem Pferd die Fersen in die Flanken und preschte im Galopp davon. Die Gasse war inzwischen von Menschen leergefegt, denn das Stadtvolk hatte sich in die Häuser verkrochen. Auf freier Bahn flog das Wüstenpferd dahin wie der Wind, denn sein Ahnherr stammte ja auch von den Windgeistern ab. Khardan riskierte einen Blick auf seine Trophäe. Ihr rotes Haar wehte im Wind wie eine brennende Fahne. Ihren Kopf drückte sie fest an Khardans Rücken, während sie die Arme in panischer Angst um ihn schlang, daß ihm fast die Luft aus den Lungen gepreßt wurde. Anscheinend war ihr das Leben doch lieb.
Die Goume setzten ihnen donnernd nach. Die wilde Jagd und die gellenden Zurufe der wartenden Akar beflügelten Khardans Pferd. Nur wenige Pferde des Stammes konnten es mit diesem Hengst aufnehmen. Ein Goum nach dem anderen fiel zurück, drohte mit den Fäusten oder stieß derbe Flüche aus.
Die Spahis drängten sich mit lautem Gebrüll an ihren Anführer heran und klopften ihm anerkennend auf die Schulter. Ungestillte Kampfeslust berauschte sie. Sie hatten sich Bahnen aus Seide und Baumwolle um die Körper gewickelt, während geraubte Waffen in ihren Schärpen blitzten.
Die Satteltaschen waren mit zusammengerafftem Schmuck vollgestopft, und über die Sättel hingen große Säcke mit gestohlenem Mehl und Reis.
Die Soldaten des Emirs mußten sich erst mühselig durch die umgeworfenen Stände hindurchkämpfen, die die Spahis bei ihrer Plünderung verwüstet zurückgelassen hatten.
Khardan versammelte seine Männer um sich und jagte auf das offenstehende Haupttor zu, durch das gerade eine lange Kamelkarawane in die Stadt einzog.
Als die Spahis am Tempel des Quar vorbeiritten, riß Khardan sein Pferd herum und lenkte das Tier kaltblütig die Stufen hinauf, ohne sich um die heranstürmenden Soldaten zu kümmern.
»Das ist unsere Art, Quar Ehrerbietung zu erweisen!« spottete er.
Dann riß er den Säbel hoch, den er einer Wache des Emirs abgenommen hatte, und zerschlug eines der unermeßlich wertvollen Tempelfenster. Das Abbild des goldenen Widderkopfes auf dem bunten Glas zersplitterte in tausend funkelnde Scherben. Novizen stürzten schreiend aus dem Tempel und schüttelten drohend die erhobenen Fäuste. Einige fielen schluchzend auf die Knie und streckten die Hände vor Verzweiflung gen Himmel.
Khardan wendete sein Pferd und sprang mit einem einzigen Satz die Stufen herunter. Der Kalif und seine Spahis fegten mit knapper Not durch die Stadttore hinaus und machten dabei die wenigen Torwachen rücksichtslos nieder, die den halbherzigen Versuch unternommen hatten, sich ihnen
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