Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
Knie niedersinken und verneigte sich demütig vor Majiid: »Ehrwürdiger Vater meines Retters. Dein Sohn setzte sein Leben aufs Spiel, um mich, eine unwürdige Waise, Tochter grausam ermordeter Eltern, vor dem sicheren Tod zu bewahren. Soldaten entdeckten mich in meinem Versteck im Palast. Der Emir hätte mich gewiß foltern und genauso wie meinen Vater töten lassen, aber dein Sohn befreite mich und führte mich sicher aus der Stadt.« Meryem hob den Kopf und blickte den Scheich flehend an, während sie die fahlen Hände anmutig faltete. »Seine Freundlichkeit kann ich nicht mit Reichtümern aufwiegen. Ich kann sie ihm nur dadurch vergelten, daß ich seine Sklavin werde. Das will ich freudig tun, wenn du die Güte hast, eine armselige Bettlerin wie mich in deinen Stamm aufzunehmen.«
Gerührt von diesen schönen Worten und verzaubert von Meryems süßer Stimme, blickte Majiid zu Khardan. In den Augen seines Sohns loderte eine Leidenschaft, wie sie bei einer solchen Frau in jedem Mann entbrennen mußte. Obwohl der Schleier viel von der Schönheit der Frau verbarg, erhaschte der Scheich doch einen flüchtigen Blick auf ihr goldenes Haar, das in der Sonne glänzte. Majiid sah, daß in ihren blauen Augen Tränen der Dankbarkeit schimmerten, und er erahnte die Anmut ihres schlanken Körpers, der von den Falten des Tschadors verborgen wurde. Deshalb wunderte sich der Scheich auch nicht, als Khardan sich niederbeugte und Meryem behutsam aufrichtete, so daß sie an seiner Seite stand.
»Keine Sklavin, Vater«, stellte Khardan richtig, »sondern meine Frau. Ich habe ihr mein Ehrenwort gegeben, daß sie in unserem Lager mit Respekt behandelt wird. Da sie keine Eltern mehr hat, bitte ich dich, Vater, sie in deine Obhut zu nehmen wie eine eigene Tochter, bis alle Vorbereitungen für unsere Hochzeit getroffen sind.«
Im Schatten funkelte ein schwarzes Augenpaar zornig auf. Zohra rang verzweifelt darum, die Fassung wiederzugewinnen. »Was kümmert es mich?« Doch der furchtbare Schmerz in ihrer Brust ließ sie nach Luft ringen. »Was bedeutet er mir schon! Nichts! Er bedeutet mir nichts! Rein gar nichts!«
Nachdem sie sich das mit aller Macht vor Augen geführt hatte, beruhigte sie sich. Sie wiederholte diese Worte ein ums andere Mal und faßte sich soweit, daß sie dem Gespräch wieder folgen konnte.
Majiid hatte seine neue Tochter willkommen geheißen und zu seinen Frauen geführt, die sie in ihren Kreis aufnahmen und sie mit einfühlsamen Worten über ihr grausames Schicksal hinwegtrösteten. Anschließend nahm Khardans Mutter die Tochter des Sultans mit in ihr eigenes Zelt. Der Kalif blickte ihnen stolz nach, und aus seinen Augen strahlte so viel Liebe, daß es niemandem im Lager verborgen blieb.
Nun wandte Majiid sich der schweigsamen Frau zu, die ganz in Schwarz gekleidet war. »Und was ist mit ihr?« verlangte er zu wissen.
Die Sklavin saß noch immer auf Saiyads Pferd und beachtete ihre Umgebung nicht. In den Augen über dem schwarzen Schleier lag weder Angst noch Neugier. Hoffnungslose Verzweiflung stand in ihnen geschrieben.
Mit grimmiger, haßerfüllter Stimme erzählte Khardan seinem Vater vom Sklavenmarkt, und wie er die Frau gerettet hatte, die man gerade verkaufen wollte. Der Kalif berichtete außerdem von der aufregenden Verfolgungsjagd, bei der sie den Goumen davongeritten waren. Doch er verlor kein Wort über den Mann mit den grausamen Augen in der weißen Sänfte. Khardan hatte niemandem von ihm erzählt und hatte es auch nicht vor, denn er verspürte eine abergläubische Furcht, daß er diesen Mann herbeirufen könne, wenn er ihn nur erwähnte, als wäre er einer von Suls Dämonen.
»Saiyad möchte diese Frau in seinen Harem aufnehmen«, fügte Khardan hinzu. »Es ist eine edle Geste von ihm, Vater, denn die Frau ist ohne Mitgift.«
Majiid sah den Spahi fragend an. Saiyad trat vor den Scheich und verbeugte sich, um damit zu zeigen, wie sehr Khardan dem Verlangen seines Herzens entsprach. Majiid wandte sich wieder an den Kalifen. »Das Leben dieser Frau liegt in deinen Händen, mein Sohn, denn du bist ihr Retter. Ist Saiyads Wunsch auch dein Wille?«
»Er ist es, mein Scheich«, entgegnete Khardan förmlich. »Dieser Mann hat die Krieger in meiner Abwesenheit mit großem Geschick geführt. Ich blicke mit Stolz auf ihn. Ich kann mir keine angemessenere Belohnung für ihn vorstellen.«
»Dann soll es so sein. Du, Frau, komm zu mir.«
Der Scheich blickte zu ihr hoch, da sie nach wie vor reglos auf dem
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