Die Rose des Propheten 4 - Das Buch der Akhran
an. Seine Haut begann zu prickeln, in seinen Daumen bebte es, und plötzlich sah er völlig unerwartet Khardan vor sich. Weshalb dachte er ausgerechnet jetzt an seinen verschollenen Bruder? Und weshalb ausgerechnet in der Gegenwart dieses braunhaarigen Manns, der dort in den Kreis stolzierte, dicht gefolgt von zwei Wachen mit gezückten Schwertern? Achmed musterte den Mann eindringlich, doch das gab ihm auch keinen Aufschluß. Der Mann in Schwarz wollte gerade in die Mitte des Kreises treten, da legte ihm eine der Wachen eine Hand auf den Arm, um ihn zurückzuzerren. Der Mann wirbelte herum und riß sich aus dem Griff des Soldaten. Der Mann schritt zu der Stelle hinüber, an der er sich aufstellen sollte, doch aus freien Stücken. Er sah höhnisch und gehässig auf die Menge, die vor seinem unheilvollen Blick verstummte. Alle, die in seiner Nähe standen, wichen zurück und versuchten ihm zu entkommen, obwohl er doch bewacht wurde.
Der Mann blickte zu dem Emir auf und grinste. Sein weißes Antlitz schimmerte im Licht der flackernden Fackeln wie ein Totenkopf. Die Vision von Khardan verschwand vor Achmeds geistigem Auge.
»Sind das etwa alle?« wollte Feisal wissen. Seine Stimme hatte einen zornigen Unterton. »Wo sind die Untergebenen dieser beiden?« Er deutete auf den rundlichen Mann und auf den Gefangenen in Schwarz.
Der Hauptmann der Elitewache trat vor, die Hand zum Salut gehoben, den Blick auf den Emir gerichtet. »Habe ich Erlaubnis, Meldung zu machen, mein König?«
»Meldung!« sagte Qannadi, und Achmed hörte Müdigkeit und Resignation aus seiner Stimme heraus.
»Sämtliche anderen Priester Uevins sind entkommen, Hoheit, und zwar durch die Tapf…« Er hatte gerade ›Tapferkeit‹ sagen wollen, doch ein Blick in Feisals lodernde Augen ließ ihn ein anderes Wort wählen. »… durch die Anstrengungen dieses Hohepriesters.« Er deutete mit dem Daumen auf den rundlichen Mann in Rot, der friedlich vor sich hin lächelte. »Er hat die Tore mit seinem eigenen Leib gesichert, mein Gebieter. Es mußte ein Rammbock eingesetzt werden, um sie zu brechen, und wegen dieser Verzögerung konnten die anderen Priester Uevins entkommen. Wir haben keine Ahnung, wohin sie geflohen sind.«
»Geheime unterirdische Gänge«, knurrte Qannadi.
»Wir haben danach gesucht, mein Gebieter, aber keine gefunden. Was nicht heißen muß, daß es dort nicht doch welche geben könnte. Der Tempel des Uevin ist angefüllt mit seltsamen und unheiligen Maschinen.«
»Sucht weiter«, befahl Qannadi. »Und was ist mit diesem dort?« Er richtete den Blick auf den Mann in Schwarz, der kühn zurückstarrte.
»Ein Anhänger des Gotts Zhakrin, Gebieter«, erläuterte der Hauptmann in gedämpftem Tonfall. Qannadi furchte die Stirn; er schien noch grimmiger zu werden. Feisal sog mit scharfem Zischen die Luft ein.
»Dieser Gott des Bösen hat keine Macht mehr in der Welt«, sagte der Imam zu dem Mann in Schwarz. Die dürre Hand ballte sich zur Faust. »Man hat dich in die Irre geführt!«
»Nicht ich wurde in die Irre geführt, sondern du!« höhnte der Mann in Schwarz. Noch bevor die Wache ihn daran hindern konnte, trat er einen Schritt vor und spie dem Imam ins Gesicht. Die Menge rang nach Luft. Der Wachposten schlug dem Mann mit dem Griff seiner Lanze gegen die Schläfe und schleuderte ihn zu Boden. Feisal blieb reglos stehen; das Feuer in seinen Augen flackerte noch höher.
Langsam kam der braunhaarige Mann wieder auf die Beine. Blut strömte ihm über das Gesicht, doch sein Grinsen war breiter denn je.
»Wir haben den Rest dieses Abschaums tot im Tempel vorgefunden, mein Gebieter«, meldete der Hauptmann. »Sie sind von eigener Hand gestorben. Diesem hier«, er wies mit einer Geste auf den Mann in Schwarz, »fehlte offenbar der Mut, sich selbst zu töten. Der Feigling hat keinen Widerstand geleistet.«
Der Anhänger des Zhakrin schien dieses abfällige Urteil nicht zu bemerken. Inzwischen hatte er den Blick auf Feisal geheftet, ließ den Priester nicht mehr aus den Augen.
»Also gut«, sagte Qannadi angewidert. »Bist zu zufrieden, Imam?«
»Das muß ich wohl sein«, erwiderte Feisal säuerlich.
Qannadi stand auf und wandte sich der Menge zu, die sofort verstummte, um seinen Worten zu lauschen.
»Bürger von Meda, vor euch stehen jene, die sich weigern, die Segnungen Quars anzunehmen, und die die Barmherzigkeit des Gotts mit Füßen treten. Damit ihr Unglaube sich nicht wie ein Gift durch den inzwischen gereinigten Körper eurer
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