Die Rose des Propheten 4 - Das Buch der Akhran
einem Dunklen Meister dienen müßte – Astafas, dem Fürsten der Finsternis. Aber weshalb packte der Wisch ihn nicht? Mathew hatte seine Seele verspielt, als er den Namen Astafas aussprach. Weshalb gehorchte ihm die Kreatur? Nur die mächtigsten Mitglieder des Hexerordens konnten Unsterbliche wie einen Wisch zitieren und bändigen.
Es hätte sein können, daß der Zauberstab über solche Macht verfügte, doch Mathew bezweifelte es. Meryem war zwar eine geübte Zauberin, doch nicht einmal sie hätte den hohen Einweihungsgrad erlangen können, der es ihr ermöglicht hätte, einen Zitationsstab herzustellen. Hätte sie aber über eine solche geheime Macht verfügt, hätte sie nicht auf so etwas Unbeholfenes wie einen Mord zugreifen müssen. Nein, hier war irgendeine andere, rätselhafte Macht am Werk.
Zu spät erlangte Mathew wieder die Beherrschung über seine Miene. Fassungslos hatte er den Wisch angestarrt, während diese verworrenen Gedanken durch seinen Geist strudelten, und er konnte nur hoffen, daß es niemand bemerkt hatte.
Doch seine Hoffnung war vergeblich. Auda ibn Jads kühles Gehabe war durch das Erscheinen des Wischs gestört worden, vor allem dadurch, daß dieser Dämon die schöne junge Frau mit den roten Haaren als Dunklen Meister ansprach. Schnell bemerkte ibn Jad aber auch Mathews erschrockene Miene, und obwohl der Schwarze Paladin noch nicht wußte, was sie zu bedeuten hatte, speicherte er sie in seinem Gedächtnis, um später darüber nachzudenken.
Mathew wußte, daß er handeln mußte, und so überlegte er sich verzweifelt, was ein mächtiger, böser Hexer wohl als nächstes befehlen würde.
Sein innigster Herzenswunsch wäre es gewesen, dem Wisch zu befehlen, ihn, Khardan und Zohra von diesem grauenhaften Schiff zu entfernen und so weit von Auda ibn Jad fortzubringen, wie die Kreatur nur konnte. Doch da hob der Wisch den Kopf und sah Mathew an. Seine roten Augen flackerten feurig, der Mund war zu einem bösartigen Grinsen verzerrt, die Zunge fuhr über trockene, rissige Lippen.
Mathew erschauerte. Der Wisch konnte offensichtlich seine Gedanken lesen. Und wenn er zweifellos auch seinem Befehl gehorchen würde, wußte Mathew doch genau, wohin der Wisch sie bringen würde – an einen Ort ewiger Finsternis, gegen dessen Dämonenherrscher Auda ibn Jad wahrscheinlich der reinste Heilige war.
»Dunkler Meister?« drängte der Wisch und rieb sich die knochigen Hände.
»Ich brauche dich nicht mehr«, sagte Mathew schließlich, und ein Zittern verdarb den gebieterischen Tonfall, den er seiner Stimme zu verleihen versuchte. »Hebe dich hinfort, bis ich wieder nach dir rufe.«
Sprach man so mit zitierten Wesenheiten? Mathew konnte sich nicht genau erinnern; er hatte die Schwarze Magie nur sehr oberflächlich studiert, und es hatte bei ihm nichts anderes bewirkt, als ihm im Geist der Weißen Hexer das Wissen darum einzubrennen, daß es unweigerlich zur Katastrophe führen mußte, wenn man sich mit dieser Kunst abgab. Mathew hatte allerdings das unbehagliche Gefühl, daß der Wisch die Lage stets auf seine Weise handhaben würde, gleichgültig was er sagte.
»Ich gehorche, mein Dunkler Meister«, sagte der Wisch und verschwand mit einem Knall, der die Herzen stocken ließ.
Niemand bewegte sich. Nun, da der Wisch verschwunden war, richteten sich alle Augen auf Mathew.
Er mußte weitermachen, mußte schauspielern. Er gewährte allen das, was er für einen kalten, drohenden Blick hielt, und schritt über das Deck auf Khardan zu. Den Zauberstab erhoben, heftete er den Blick auf die Ghule und stellte erleichtert fest, daß sie respektvoll einen Schritt zurückwichen.
Mathew kniete neben Khardan nieder. Der Kalif war verwundet, erschüttert darüber, wie knapp er dem Foltertod entgangen war, und so hatte er kaum noch die Kraft, den Kopf zu heben. Mathew legte den Arm um die Schultern des Manns und richtete ihn in eine sitzende Stellung auf.
»Wie geht es dir?« fragte er mit leiser Stimme.
Khardans Zähne klapperten, seine Lippen waren blau. »Die Schrammen!« keuchte er. »Brennen… wie… kaltes Feuer.«
Mathew untersuchte die Stellen am Arm und Oberkörper, wo die Ghule ihre Krallen in das Fleisch geschlagen hatten. Die langen Risse in der Haut waren geschwollen und bläulichweiß verfärbt. Es war kein Blut zu sehen, obwohl die Wunden tief waren. Khardan lehnte sich gegen Mathew und zitterte, als würde er frieren. Er schien unter solchen Qualen zu leiden, daß er nur eine sehr undeutliche
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