Die Rose des Propheten 4 - Das Buch der Akhran
Liebende, und ihr Griff war eher resolut als zärtlich, aber Pukah war so betört von diesem Beweis der Zuneigung, daß er die kleinen Widersprüchlichkeiten übersah.
»Asrial«, sagte er ernst und blickte in die blauen Augen, »wenn du hier bist, fürchte ich mich vor nichts, was mir morgen widerfahren könnte.«
Der Engel senkte den Blick, wandte hastig das Gesicht ab, doch nicht bevor Pukah eine Träne auf der Wange hatte glitzern sehen.
»Verzeih mir! Ich bin ein Tier! Ich wollte nicht über morgen sprechen. Außerdem wird mir auch gar nichts geschehen. Ach, jetzt rede ich schon wieder darüber! Es tut mir leid. Ich werde kein einziges Wort mehr sagen.« Er zog sie an sich, legte einen schützenden Arm um sie und sah alle auf der Straße finster an, die den lieblichen Engel lustvoll beäugten. »Ich denke, wir sollten irgendwo hingehen, wo wir allein sind.«
»Ja«, meinte Asrial schüchtern. »Du hast recht.« Sie sah zu den oberen Fenstern des Arwat empör, aus denen die Klänge lieblichen Gelächters auf die Straße drangen. »Vielleicht…«
»Beim Sul!« Pukah begriff, was sie meinte, und starrte sie überrascht an. »Meinst du das ernst?«
Asrial preßte die Lippen fest aufeinander, schmiegte sich an Pukah und legte ihm den Kopf auf die Brust.
Der Dschinn umarmte den Engel, drückte sie an sich, kümmerte sich nicht darum, daß es ein Gefühl war, als würde er den harten, unnachgiebigen Stamm einer Dattelpalme an sich pressen. Ihre Lippen waren steif und erwiderten seinen Kuß nicht.
»Sie möchte nicht allzu begierig erscheinen«, sagte Pukah bei sich. »Ob sie die Flügel wohl abnehmen kann?«
Den Arm weiterhin um Asrials Hüfte geschlungen, führte der Dschinn sie in den Arwat zurück. »Ein Zimmer«, sagte er zu dem Rabat-bashi, »nur für eine Nacht, denke ich.« Der Besitzer grinste bösartig.
Pukah spürte, wie Asrial in seinen Armen zitterte, und sah den Mann wütend an. »Für eine Woche! Mit Vorkasse.« Er schleuderte eine Handvoll Gold in die Hände des Unsterblichen.
»Hier ist der Schlüssel. Die Treppe hoch, zweite Tür links. Überanstrenge dich nicht heute nacht. Morgen früh mußt du frisch sein!«
»Für dich werde ich morgen früh immer noch frisch genug sein, darauf kannst du wetten!« brummte Pukah und eilte mit dem Engel die Treppe hinauf. »Hör nicht auf diesen Bauerntölpel, meine Liebste.«
»Das… tue ich auch nicht«, erwiderte Asrial matt. Wie der Engel gegen die Wand lehnte, während Pukah mit dem Schlüssel hantierte, warf sie ihm einen derart traurigen Blick zu, daß Pukah es nicht ertragen konnte.
»Asrial«, sagte er sanft, hörte das Schloß klicken, öffnete aber noch nicht die Tür, »möchtest du dich lieber irgendwo hinsetzen und dich unterhalten? Vielleicht am Springbrunnen vor dem Tempel?«
»Nein, Pukah!« rief Asrial heftig und warf ihm die Arme um den Hals. »Ich will heute nacht bei dir sein! Bitte!« Sie brach in Tränen aus, ihr Griff wurde immer kräftiger, bis sie ihn fast erwürgte.
»Na, na«, sagte er beruhigend und spürte das Herz in der sanften Brust heftig schlagen, die sich gegen seinen nackten Brustkorb preßte. »Wir beide werden zusammen sein, nicht nur heute nacht, sondern sämtliche Nächte, bis in alle Ewigkeit!« Er öffnete die Tür und ließ den Engel eintreten.
Die Strahlen der untergehenden Sonne leuchteten durch ein geöffnetes Fenster. Kaum hatten sie den Raum betreten, als Asrial sich aus seiner Umarmung löste. Pukah sperrte die Tür ab, warf den Schlüssel auf einen nahegelegenen Tisch, dann eilte er ans Fenster, um das rote, gleißende Licht auszuschließen, indem er die hölzernen Fensterläden zuschlug und den Raum in eine kühle Dunkelheit tauchte.
Als er sich umdrehte und seine Augen sich an das Zwielicht gewöhnten, sah er, wie Asrial auf dem Bett lag, daß das auffälligste Merkmal des Raums darstellte. Die Flügel, deretwegen er sich solche Sorgen gemacht hatte, waren unter ihr ausgebreitet und bildeten eine weiße, fedrige Decke. Ihr langes Haar schien in eigenem Licht zu schimmern, tauchte den Engel in ein silbernes Strahlen. Ihr Gesicht war totenbleich, die Augen glänzten von ungeweinten Tränen. Und doch streckte sie ihm die Arme entgegen, und Pukah beeilte sich zu antworten.
Er wickelte seihen Turban ab, schüttelte sein schwarzes Haar frei und kroch neben ihr ins Bett. Asrial sah ihn nicht an, statt dessen hielt sie den Blick gesenkt, so daß Pukah das Blut in den Schläfen zu pochen begann.
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