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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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Herzlichste erwiderte.
    „So eine Überraschung!“, rief er aus. „Ich freue mich sehr, dass Ihr mich besuchen kommt.“
    Marie gab ihm artig einen Kuss auf die Wange und dachte unwillkürlich an Judas, den Verräter. Sie wischte ihre Gedanken sofort wieder weg.
    „Das freut mich“, sagte sie und wunderte sich darüber, wie leicht ihr das Theater fiel, das sie plötzlich zu spielen glaubte. „Habt Ihr einen Augenblick Zeit für mich?”
    „Aber natürlich.“ Monsieur Sebastien lächelte verbindlich. Nichts deutete auf seine Auseinandersetzung mit Honoré hin, und durch nichts ließ er erkennen, dass Maries Diener vor wenigen Minuten noch nebenan gewesen war. „Kommt herein.“
    Er hielt die Tür für sie auf und ließ sie an sich vorbei in seine Kanzlei eintreten.
    Sie setzte sich etwas nervös auf den Stuhl vor Monsieur Sebastiens Schreibtisch, der sich noch warm anfühlte, und beschloss, dass sie unmöglich mit ihrem eigentlichen Anliegen an den Anwalt und väterlichen Freund herantreten könne. Nicht, bevor Monsieur Sebastien von selber darüber redete. Nach dem mitgehörten Gespräch zwischen den beiden Männern war Marie keinesfalls mehr sicher, ob es zu diesem oder irgendeinem anderen Zeitpunkt ratsam war, mit Monsieur Sebastien über den ursprünglichen Grund ihres Kommens zu reden.
    „Monsieur Sebastien“, begann sie deshalb so unbefangen wie eben möglich. „Ich habe mich entlobt.“
    Monsieur Sebastiens Augenbrauen schnellten nach oben. „Entlobt? Aber wie um Himmelswillen …“
    Hatte Honoré es ihm nicht erzählt?
    Marie beschloss, Monsieur Sebastien die Wahrheit zu sagen. Es war absehbar, dass er früher oder später ohnehin davon erfuhr. Vorausgesetzt, dass Honoré es nicht schon bereits ausgeplaudert hatte, und Monsieur Sebastien ihr hier nur ein unglaubliches Theater vorspielte.
    Der Anwalt hörte ihr schweigend zu.
    „Euer Vater hätte das nicht gutgeheißen“, gab er schließlich zu bedenken, als sie geendet hatte. „Aber Ihr seid erwachsen und könnt tun, was Euch beliebt.“
    „Monsieur Sebastien!“ Marie war verblüfft. „Das sagt ausgerechnet Ihr?“
    „Warum nicht? Ich denke, dass Ihr den jungen Mann, der für Euch gemalt hat, dem Mann aus gutem Grunde vorgezogen habt, mit dem Euer Vater Euch verlobte. Das soll vorkommen.“
    Honoré hatte ihm also doch von der Entlobung erzählt. Es verblüffte sie, dass Monsieur Sebastien Gerüchten Glauben schenkte. Sie hatte ihn weitaus besonnener und vor allem für viel loyaler gehalten.
    „Der Maler? Wie kommt Ihr nur darauf?“ Sie schenkte ihm einen unschuldigen Blick. „Glaubt Ihr, ich würde mich mit einem Mann seines Standes einlassen?” Sie schnappte hörbar nach Luft.
    Monsieur Sebastien winkte beschwichtigend ab.
    „Von Einlassen kann ja wohl nicht die Rede sein, Demoiselle Marie!“, beschwichtigte er sie. „Nein, das nun wohl nicht gerade.“ Er warf ihr einen prüfenden Blick zu, der Marie nicht entging und ihr die Schamesröte ins Gesicht trieb.
    „Woher habt Ihr dann diese Information? Ihr glaubt doch keinen Gerüchten, Monsieur Sebastien, oder?“
    Sie hatte sich wieder gefasst. In ihrem Kopf kreisten jedoch nach wie vor die verworrensten Gedanken.
    „Nun, Gerüchten glaube ich wahrhaftig nicht. Aber was diese ganze Sache mit dem Maler betrifft …“ Er überlegte einen Augenblick lang. „Jean-Philippes Vater hat etwas in der Art verlauten lassen, der ja auch ein guter Klient meiner Kanzlei ist.“
    „Ah, ich verstehe. Wenn ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft etwas vermutet, ist es kein Gerücht, nicht wahr?“
    „Demoiselle Marie, das sind Äußerungen, die sich für eine junge Dame nicht geziemen!“, rügte er sie.
    „Der Maler ist seit Tagen nicht mehr im Schloss“, erklärte Marie in bewusst kühlem Tonfall und stand auf. „Nachdem er seine Arbeit zu meiner vollen Zufriedenheit erledigt hatte, habe ich ihn entlassen.“
    „Oh. Ich dachte …“
    „Was Ihr auch denkt, vergesst es!“
    „Die Zeiten haben sich geändert, Demoiselle. Der Stand ist nicht mehr so wichtig.“
    Marie schenkte ihm ein entwaffnendes Lächeln. Sie reichte ihm die Hand. „Ich bin volljährig und auf keinerlei Zustimmung von Euch mehr angewiesen.“
    Sebastien ergriff ihre Hand und erhob sich. Eine steile Falte stand auf seiner Stirn.
    „Ich habe ja nichts gegen Eure Entlobung, Demoiselle Marie. Im Gegenteil: Ich bin aus langer Erfahrung der Meinung, dass es längst an der Zeit ist für den Adel, sich in

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