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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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kurzem hatten Franken mehrere Hirten seines Stammes erschlagen, und die von diesen gehüteten Tiere waren zum großen Teil in den Herden anderer Stämme verschwunden. Da sich jedoch Unai und einige andere junge Männer vor Monaten an dem Überfall auf den Franken Gospert beteiligt hatten und Graf Roderichs Tochter zuletzt noch zu ihren Schafweiden verschleppt worden war, nahm er an, dass die Franken nun kamen, um Rache zu üben.
    Unsicher wandte er sich seinen Männern zu. »Die Frankensind mehr als wir und gut gepanzert. Sollen wir trotzdem kämpfen?«
    Die Haltung der Krieger war zwiespältig. Einige Jüngere drängten zum Kampf. Die älteren, erfahrenen Männer zählten die Franken, musterten deren Waffen und dachten an die vielen Weiber, die hinterher um ihre Männer, Brüder und Söhne weinen würden.
    »Rede mit ihnen!«, forderte einer den Häuptling auf.
    Der Mann trat bis zu dem aus gekreuzten Stangen bestehenden Tor und musterte den Anführer der Franken. Dieser war noch recht jung, und das stimmte ihn bedenklich. Bei solchen Jünglingen war die Kampfeslust zumeist stärker als der Verstand.
    »Wer seid ihr und was wollt ihr?«, fragte der Waskone mit kratzender Stimme.
    »Wir verlangen Korn, Fleisch und was ihr sonst noch an Lebens mitteln habt. Entweder ihr gebt es freiwillig heraus, oder …« Konrad brach mitten im Satz ab, doch sein Griff zum Schwert sagte mehr als alle Worte.
    Der Dorfhäuptling biss sich leicht auf die Zunge, um den Speichelfluss anzuregen, denn sein Mund war so trocken wie die Erde nach monatelanger Dürre.
    »Sie wollen plündern!«, raunte er seinem Stellvertreter zu, der ihm bis zum Tor gefolgt war.
    »Dann müssen wir kämpfen«, antwortete dieser.
    Doch da mischte sich der alte Krieger wieder ein. »Das ist alles nur Unais Schuld! Er und die anderen jungen Krieger hätten sich niemals Maite anschließen und den Brautzug überfallen dürfen. Noch schlimmer war es, dass Unai sich hat überreden lassen, Roderichs Tochter für Maite zu bewachen. Dafür wollen die Franken uns bestrafen. Seht sie euch doch an! Sie lauern nur darauf, dass wir die Schwerter ziehen. Wenn es zum Kampf kommt, werden sie uns Männer erschlagen, unserenWeibern und Töchtern Gewalt antun und sie dann samt den Kindern als Sklaven verkaufen.«
    Dieses Schreckensgemälde gab den Ausschlag. Der Anführer schüttelte sich und wandte sich dann an Konrad. »Lasst ihr die Weiber in Frieden, wenn wir das Tor öffnen?«
    Zu Konrads Erleichterung verwendete er die asturische Sprache, auch wenn sie aus seinem Mund etwas fremdartig klang, und so benötigte er Just nicht als Übersetzer. Die anderen Reiter wollten allerdings auch wissen, was der Waskone gesagt hatte, und lachten auf, als Just es ihnen erklärte.
    »He, Konrad!«, rief einer. »Sag dem Kerl, seine Weiber kann er behalten. Die stinken ja noch schlimmer als ihre Ziegen.« Rado stöhnte theatralisch auf und sah Just augenzwinkernd an. »Ich hätte nichts dagegen, wieder einmal ein Weib auf den Rücken zu legen. Aber in diesem Land scheint es nicht einmal Huren zu geben. Da werde ich wohl einiges nachholen müssen, wenn wir in Saragossa sind.«
    »Was nachholen?«, fragte der Junge verwundert.
    »Nichts, was dich jetzt schon zu interessieren hat. Dafür bist du noch zu jung.« Rado zerzauste Justs Haar und sah dann Konrad zu, der dicht vor das Tor ritt und von der Höhe des Pferdes auf den Waskonen hinabschaute. »Sei unbesorgt! Dir und deinen Leuten wird nichts geschehen, wenn ihr uns eure Vorräte und das Schlachtvieh übergebt.«
    »Und wovon sollen wir dann leben?«, fragte der Häuptling verbittert.
    »Graf Roderich hat genügend Vorräte in seinen Scheuern und Kammern gehortet. Er wird euch gewiss nicht verhungern lassen.«
    Konrad hatte es nicht spöttisch gemeint, doch der Waskone fasste die Worte als Verhöhnung auf und erwog für einige Augen blicke, doch zu kämpfen. Dann aber begriff er, was geschehen war. Die Franken waren zu Roderichs Burg gerittenund dort harsch abgewiesen worden. Das hatte sie zornig gemacht und bereit, sich an dem Nächsten, der sich ihnen in den Weg stellte, schadlos zu halten. Er aber wollte nicht die Männer seines Stammes sterben und die Frauen versklavt sehen, nur weil Graf Roderichs Gattin ein paar Franken beleidigt hatte.
    »Öffnet das Tor und lasst die Waffen unten!« Die Entscheidung tat ihm in der Seele weh, doch ihre Vorräte konnten sie wenigstens teilweise ersetzen. Aber wenn man sie umbrachte, vermochte niemand

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