Die Rose von Asturien
einer mit sich überschlagender Stimme. Es war Asier, der das Aufgebot ihres Stammes anführte. Voller Kampfgier stürmte er an der Spitze der Männer in die Richtung, in der dem Lärm nach zu urteilen Roland mit seinen Bretonen heftigen Widerstand leistete.
Maite ging unwillkürlich in die andere Richtung. Als sie einigen blutüberströmten Toten auswich, stolperte sie über zwei regungslos daliegende Männer und starrte sie erschrocken an. Beide waren Krieger, aber nur einer von ihnen trug volle Rüstung und Waffen. Diesen hatten mehrere Pfeile gefällt. Der andere, der unter ihm lag, blickte mit stierem Blick gen Himmel. Doch Maite war sicher, dass er sich eben bewegt hatte. Sie zog ihren Dolch, zögerte aber, dem Mann den Garaus zu machen, denn er kam ihr bekannt vor. Beim zweiten Hinsehen erkannte sie Philibert und erinnerte sich daran, dass dieser unter einer nicht heilen wollenden Verletzung litt. Sein Begleiter hatte ihn anscheinend stützen wollen und war dabei von Mauren erschossen worden.
Mit zusammengebissenen Zähnen kniete Maite neben Philibert nieder und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Bleib liegen wie ein Toter! Dieser Rat ist das Einzige, mit dem ich dir helfen kann. Vielleicht ist der Heiland mit dir, und du bleibst am Leben!«
Philibert drehte den Kopf und sah sie an. In seinen Augen glühte das Wundfieber, dennoch war er so weit bei Sinnen, dass er sie erkannte. »Maite, was ist geschehen?«
Er schien nicht zu begreifen, dass sie zu den Angreifern zählte, denn er fasste nach ihrer Hand und versuchte sich aufzurichten. »Kümmere dich um Ermengilda! Diese Hunde dürfen sie nicht in die Finger bekommen!«
»Bleib liegen! Sie müssen dich für tot halten, sonst stechen sie dich ab!« Maite legte den Toten so, dass sein Blut über Philibert floss, und zerrte an dessen Kleidung, damit es so aussah, als wäre er bereits einem Plünderer in die Hände gefallen. Zuletzt langte sie selbst mit der Hand in das Blut und strich es dem Verletzten über Stirn und Gesicht. Jeder, der ihn jetzt so still daliegen sah, musste ihn für tot halten.
»Möge der Heiland dir beistehen, Franke. Meine Schuld dir gegenüber habe ich damit beglichen.« Maite stand auf und schritt weiter. Die Lust am Kampf war ihr vergangen. Sie hielt zwar noch ihre Schleuder in der Hand, setzte sie aber nicht mehr ein.
Inzwischen war die Schlacht heftiger geworden. Nachdem die Franken ihren ersten Schrecken überwunden hatten, wehrten sie sich wie die Löwen. Etliche von ihnen drangen in den Wald ein, um die Angreifer zu stellen, andere verschanzten sich hinter einer Mauer aus Schilden und warteten, bis ihnen jemand vor die Schwerter und Speere kam. In Maites Augen war es noch zu früh für ihre Landsleute, den Nahkampf zu wagen. Nach Lupus’ Plan hätten Fadls Bogenschützen und etliche Schleuderer den hinteren Teil des Heerzugs beschäftigen sollen, während das Gros der Krieger über die Spitze des Zuges herfallen sollte.
Doch der junge Eneko hatte nicht hinter dem Gascogner zurückstehen wollen und die Männer seines Vaters bereits gegen Rolands Kernschar geführt. Als Maite auf eine Felsnase kletterte und sich umsah, sah sie erschrocken, dass Krieger aus allen Tälern und Landschaften Nafarroas wild brüllend die Hänge herabstürmten und sich auf die Franken stürzten. Vielevon ihnen würden schon bald das Los ihrer Feinde teilen und als Tote die Erde bedecken.
Sie empfand jedoch wenig Bedauern, denn die Männer folgten blindlings dem Anführer, den sie sich erwählt hatten. Es tat ihr nur leid, dass Okin nicht unter ihnen war. Ihm hätte sie es vergönnt, durch eine scharfe Frankenklinge zu enden.
Auch dieser Gedanke verwehte, als sie sich der Stelle näherte, wo Konrad und eine Gruppe überlebender Franken sich gegen ihre Angreifer zur Wehr setzten. Ein Trupp Gascogner hatte sie umzingelt, und einige Mauren standen an erhöhten Stellen und schossen unentwegt Pfeile ab. Konrads Schild glich bereits einem Igel, doch er schien ebenso wie Ermengilda unverletzt zu sein.
Als Maite schon glaubte, Konrad im nächsten Augenblick fallen zu sehen, stürmte Fadl Ibn al Nafzi herbei und brüllte seine Männer an. »Ihr Narren! Auf diese Weise tötet ihr die Frau, die für den Harem des Emirs bestimmt ist! Stirbt sie, ist euer Leben keinen blutigen Dirhem mehr wert.«
Ermengilda sollte also die Beute Abd ar-Rahmans werden. In gewisser Weise erleichterte das Maite, denn sie wollte nicht, dass die Asturierin starb. Den Franken
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