Die Rose von Asturien
nicht gedacht, dass es so schlimm steht.«
»Nun, jetzt weißt du es. Die Mädchen müssen so schnell wie möglich gefunden werden, damit Ermengilda Eneko übergeben werden kann. Hast du eine Ahnung, wohin Maite sich gewandt haben könnte?«
Asier hob ratlos die Hände. »Wer vermag schon hinter Maites Stirn zu schauen? Sie kann überall sein.«
»Dann suche sie und bring sie samt Ermengilda zurück. Oder willst du zusehen, wie die Franken und Asturier hier in Askaiz mit blutigen Schwertern wüten? Bei Gott, ich werde Maite gewiss nicht bestrafen. Graf Eneko will sie sogar großzügig für die Gefangene entschädigen.«
Asier nickte erleichtert, denn er wollte nicht, dass Maite das Nachsehen hatte. Graf Eneko würde sein Wort halten, dessen war er sicher. Schließlich war er der mächtigste Anführer unter den Waskonen und hatte es vor einigen Jahren sogar fertiggebracht, seine Stadt Iruñea dem dortigen maurischen Statthalter abzunehmen. Einige Missgünstige behaupteten zwar, er hätte dies im Auftrag und als Vasall eines anderen maurischen Würdenträgers getan. Aber allen war bewusst, dass es sich bei Pamplona, wie die Asturier den Ort nannten, um die größte und bevölkerungsreichste Stadt in Nafarroa handelte. Asiergefiel es daher, dass Eneko die letzten Bindungen an die Mauren abschütteln und sich mit einem christlichen Herrscher wie Karl verständigen wollte. Doch als Preis für den Frieden benötigte er Ermengilda.
»Also gut, ich werde ein paar Männer mitnehmen und Maite zurückholen!« Damit hatte Asier sich entschieden, in Zukunft auf Okin zu hören anstatt auf das junge Mädchen, das mit seinem Eigensinn die Existenz des ganzen Stammes aufs Spiel setzte.
Okin klopfte ihm anerkennend auf die Schulter, während er sich insgeheim über den leicht zu beeinflussenden Burschen amüsierte. Mit Asier und seinen Freunden hatte Maite ihre wichtigsten Anhänger im Stamm verloren und würde ihm daher nicht mehr gefährlich werden können.
»Nimm genügend Krieger mit!«, mahnte er ihn. »In den Bergen hausen Wölfe und Bären, denen zwei junge Mädchen gut schmecken würden. Auch dürften sich Männer aus anderen Stämmen in der Gegend herumtreiben, und wenn diese die beiden fangen, bekommen sie die Belohnung, die Eneko von Iruñea uns für Ermengilda zahlen will. Wir müssten dann zu allem Überfluss noch etliche Schafe als Lösegeld für Maite hergeben.«
Asier klopfte gegen den Griff seines Schwerts und mühte sich um einen grimmigen Blick. »Es soll nur jemand wagen, sich uns in den Weg zu stellen. Wir bringen Maite und ihre Sklavin zurück, Okin! Darauf kannst du dich verlassen.«
Draußen rief er Danel und einige weitere Freunde zu sich und verließ mit ihnen das Dorf. Kaum waren sie außer Hörweite, versammelte Okin seine engsten Getreuen um sich. Graf Enekos Bote trat ebenfalls hinzu. Seinem Gesichtsausdruck zufolge hatte er bereits von Maites und Ermengildas Verschwinden gehört, doch als er etwas sagen wollte, bedeutete Okin ihm, zuerst ihn sprechen zu lassen.
»Ich brauche zuverlässige und schnelle Boten, die meine Nachricht zu den anderen Dörfern unseres Stammes bringen. Wenn der morgige Tag sich neigt, will ich deren Anführer hier in Askaiz versammelt sehen. Es gibt höchst wichtige Dinge zu besprechen.«
»Sollten wir nicht lieber Maite verfolgen und zurückholen?«, fragte einer.
Okin schüttelte den Kopf. »Asier und Danel sind bereits hinter ihr her und haben ein gutes Dutzend Krieger bei sich. Die werden wohl mit diesem närrischen Mädchen fertig werden! Für euch gibt es anderes zu tun.«
Einer seiner Unteranführer schob trotzig die Unterlippe vor. »Nach Guizora gehe ich nicht. Die Leute haben mich letztens übel beschimpft! Sollten sie es wieder tun, müsste ich einige Löcher in ihre Wänste schneiden.«
»Dann wird eben ein anderer nach Guizora gehen, und du suchst Zagorri auf. Berichtet den Bewohnern von Maites unbesonnener Tat und fordert sie auf, uns zu melden, wenn jemand das Mädchen sieht.«
»Die werden ihr eher noch helfen oder sogar eine Belohnung dafür verlangen«, stieß der Unteranführer aus.
Okin biss die Zähne zusammen, um seine angestaute Wut nicht laut hinauszubrüllen. Wen glaubte dieser Kerl vor sich zu haben? Immerhin war er das – wenn auch von den anderen Dorfhäuptlingen nur zähneknirschend anerkannte – Oberhaupt des Stammes.
»Es wird Zeit, dass sich hier einiges ändert«, brummte er in seinen Bart. Zu seinem Glück verstand ihn nur
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