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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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sie eine dünne Decke über ihren Körper zog und sich an ihn schmiegte, schloss er sie stumm in die Arme und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Ihr Po ruhte an seinem Bauch, und in dieser Haltung schliefen sie erschöpft ein.
    Als Eirik einige Stunden später aufwachte, war sie fort. Neben ihm lag auf der Matratze ein kleiner Geldbeutel, aus geschmeidigem Leder gefertigt. Darin klimperten schwer die Goldmünzen, die Irene ihm versprochen hatte.
    Plötzlich kam er sich schäbig vor. Es war, als hätte sie ihn für seine Liebesdienste bezahlt. Als gäbe es kein Zurück mehr – als wäre mit diesem Nachmittag ihre Beziehung vorbei.
    Rasch zog er sich an und verließ die Räumlichkeiten. In diesem Augenblick wusste er nicht, ob er je wieder zurückkehren konnte.
    Johanna krümmte sich auf ihrem Lager. Seit Ise fort war, fiel ihr alles schwer: Das Gehen, das Sprechen, sogar das Atmen fiel ihr schwer. Es gelang ihr kaum, morgens und abends die Schale mit Essen herunterzuwürgen, das Kallistos den Mädchen bringen ließ.
    Dabei hatte sich nach Ises Verkauf die Situation für die meisten anderen Mädchen verbessert. Drei Tage durften sie im schattigen Innenhof von Kallistos’ Haus bleiben, so viel Wasser trinken, wie es ihnen beliebte, und jederzeit von den süßen Früchten kosten, die der Sklavenhändler ihnen körbeweise brachte. Sie profitierten von seiner guten Laune. Die schlanke Nubierin kniff er grinsend in die Wange und strahlte das Haselmädchen so gewinnend an, dass sie leicht errötete. Nur für Johanna hatte er weder Blick noch gute Worte, sie starrte er nur finster an, als hätte sie den Moment seines größten Triumphs vergällt.
    Andere Mädchen kamen in den Hof. Blond, dunkelhaarig, mit der hellen Haut der Nordmannfrauen, der dunklen Haut der Wüstentöchter, zahlreichen Schattierungen dazwischen. Sie alle kaufte Kallistos offenbar auf den Märkten auf, und er schien wie ein guter Pferdehändler zu sein, der die Juwelen unter Schmutz und Verwahrlosung zu erkennen vermochte. Jedes der Mädchen war auf eine bestimmte Art besonders schön – die Linie der Brüste, die sich unter der Tunika abzeichneten, die Wellen im Haar, die Form der Augen, der zarte Mund. Wiegende Hüften, festes Fleisch. Keines der Mädchen war über zwanzig Sommer alt.
    Zunehmend kam Johanna sich vor wie eine alte Gans, die ihre Federn verlor und in einem Hof mit einer Schar prächtiger Hühnchen ihrem Ende entgegenfieberte. Und zumindest für sie schien dies kein gutes Ende zu nehmen.
    Dann kam das Fieber.
    Sie wusste später nicht, wie lange sie im Delirium auf ihrer Matte lag, um sich schlug und selbst das Haselmädchen, das ihr stumm und unnachgiebig einen Kräutersud einflößte, wüst beschimpfte. In ihren Träumen lebten sie wieder. Ihre Eltern, ihr Bräutigam – wie hieß er bloß? – und auch Ise war da. Doch sie waren verfault, als hätte die Verwesung eingesetzt, und als Johanna die Hand nach Ise ausstreckte, zerbröckelte deren Haut unter ihren Fingern zu Staub.
    Da wachte sie schreiend auf.
    Nach einer Zeit, die ihr unendlich schien, schwand das Fieber und ließ sie vollkommen ausgelaugt und erschöpft zurück. Sie erwachte eines Morgens davon, dass Kallistos vor ihr hockte und ihre Wange befühlte. Sie setzte sich abrupt auf und zog sich so weit es ging vor ihm zurück.
    Er lachte gutmütig. „Scheint dir wieder besser zu gehen, Feuerhexe. Hast du endlich den schweren Verlust deiner Freundin überwunden?“ Den Spott, der in seiner Stimme mitschwang, konnte sie nicht überhören.
    „Ich hab Durst“, flüsterte sie. Die Wut, die sie bisher so offen gezeigt hatte, war verstummt. Ein Feuer, das zu weißer Glut herabgebrannt war.
    Wenn er sie verspotten wollte, konnte er das tun. Das würde nur ihren weißen Zorn wachsen lassen. Einen Zorn, der sich auf jeden erstreckte, der sie in diese Situation gebracht hatte. Der Kaiserbruder. Kallistos. Der Waräger. Jeder einzelne Mann auf der Straße. Erst recht jeder auf dem Sklavenmarkt.
    Kallistos überraschte sie. Er stand mit einer flinken Bewegung auf und kehrte nach wenigen Augenblicken mit einem Becher Wasser zurück.
    „Geht es dir heute gut?“, fragte er, und neben der Besorgnis, die tiefe Falten in sein hässliches Gesicht grub, las sie auch Berechnung in seinem Blick.
    „Das Fieber ist weg.“ Durstig trank sie den Becher bis zur Neige, und sie hätte ihn gern um mehr gebeten.
    „Gut. Wäre zu schade, wenn du heute Nacht im Delirium aufs Podest hättest steigen

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