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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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Atem strich über ihren Hals. Sie fröstelte. Wie gerne hätte sie sich umarmt, hätte Schutz gesucht. Doch sie wagte nicht, irgendwas zu tun, das ihn verärgern könnte. Plötzlich wirkte er fremd, herrisch. Befehlsgewohnt.
    „Armes Mädchen.“ Sanft. Jetzt war die Stimme wieder ein zartes Flüstern, und seine Finger strichen über ihre Wange. Nahmen eine Träne auf, die ungehindert herabrann. Sie unterdrückte ein Schluchzen.
    Das also war ich für ihn. Ein kleines Abenteuer, ein lässliches Vergnügen. Was hätte er mit mir getan, wenn nicht Andronikos gekommen und mich ersteigert hätte?
    Sie wollte es gar nicht wissen.
    „Er hätte dich wohl ein paar Tage lang benutzt“, erzählte Andronikos, als erriete er ihre Gedanken. „Es hätte ihm gefallen, aber dann wäre er zu meiner Schwester zurückgekehrt und hätte dich an das nächstbeste Hurenhaus verkauft.“
    Sie zitterte. Fast konnte sie spüren, wie die fremden Männer nach ihr griffen, sie auf ein modriges Strohlager zwangen und sich nacheinander an ihr befriedigten, während sie dem allzu kurzen Vergnügen mit einem Nordmann nachtrauerte, für den sie nichts außer wertloses Spielzeug war.
    „Und ich rette dich vor ihm. Bewahre dich vor einem Leben, in dem du allen Männern dienen musst, die grade mal eine Drachme erübrigen können – und glaub mir, das können sie alle, wenn es darum geht, ihre Lust zu befriedigen, und jeder würde dich gerne haben. Du bist etwas Besonderes. Das hätten sie gesehen und sich dieses Besondere für eine Drachme gekauft, und nach einem Tag, an dem du einem Dutzend Männern die Gunst erweisen musstest, weil du sonst nicht das Geld für einen Krug Wein zusammenbekommst, um deinen Schmerz zu betäuben, hättest du nachts wach gelegen, hättest deinen wunden Schoß gespürt und Eirik Hallgrimsson verflucht, weil er dir dieses Leben im Elend beschert hat, obwohl er dir zuvor den Himmel versprach.“
    Atemlos lauschte sie ihm. Ja, seine Worte fanden bei ihr fruchtbaren Boden; plötzlich schämte sie sich, dass sie den anderen Frauen nur einen Moment lang Glauben geschenkt hatte. Schlimmer: Sie hatte ihrem Herz erlaubt, Hoffnung aus den Worten zu schöpfen, die Andronikos am Vorabend Theodora zugeflüstert hatte, dass Eirik sich wie ein kleiner verliebter Junge verhielte.
    Andronikos war vielleicht doch kein schlechter Mann. Zumindest in diesem Moment war er gut zu ihr, öffnete ihr die Augen und war da, sie zu trösten.
    Sie wollte schon den Mund aufmachen, wollte ihm danken, doch er war schneller. Seine Hand drückte sich auf ihre Lippen. Fest. So fest, dass sich die Handkante in ihre Nase bohrte, dass ihr die Luft wegblieb.
    „Dann komme ich her, nachdem ich dich vor diesem Schwein bewahrt habe, und muss herausfinden, dass du schon am ersten Morgen mit meiner dreckigsten Kurtisane ins Bett gehst und dir von ihr Lust schenken lässt! Was soll ich denn da von dir glauben? Muss ich dann nicht denken, dass der Waräger recht hätte, wenn er dich in ein Hafenbordell verscherbelt, weil du’s nicht mal einen Tag lang aushältst, ohne die Beine breitzumachen?“
    Johanna wünschte, sie könnte im Boden versinken vor Scham. Jetzt wusste sie, warum Theodora sich flehend an Andronikos’ Stiefel geklammert hatte. Sie schluchzte auf.
    Plötzlich stieß Andronikos sie von sich. So kraftvoll, dass sie nach hinten stolperte und gestürzt wäre, doch das Bett bremste sie, und sie fiel auf die weiche Matratze. Dennoch schrie Johanna vor Schreck, und sie krümmte sich zusammen, weil sie fürchtete, er würde ihr im nächsten Moment etwas antun. Sie hatte Angst, er könnte auch sie mit siedend heißem Öl übergießen oder ihr Bein schlagen, bis es verkrüppelt und krumm war wie das von Livia. Sie barg ihren Kopf in den Händen, krallte die Finger in ihr weiches Haar, um das sie seit letzter Nacht am meisten fürchtete.
    „Hure!“, rief Andronikos. Mit zwei Schritten war er am Bett, riss sie am Arm herum. Seine Hand schwebte über ihr, sie erstarrte, kniff die Augen zu und wartete auf den brennenden Schmerz, sobald er nach ihr schlug.
    Der Schlag blieb aus. Sie atmete schwer, hörte auch Andronikos’ Atem, der in heftigen Stößen ging.
    Ich will mich nicht ergeben. Lieber sterbe ich, statt mich ihm zu ergeben!
    Doch in diesem Moment, da sie den ersten Schmerz von seiner Hand erwartete und sich schwor, ihn weder um Gnade anzuflehen noch sich von seinen Worten blenden zu lassen, regierte nur der Überlebenswille.
    Wenn nur Eirik käme, um

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