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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Beweismaterial versteckt hast«, forderte der Anführer ihn auf.
    »Was für Beweismaterial?« Schon einmal hatte ihn der nach Schweiß und Tabak stinkende Mann danach gefragt. »Ich versteh nicht, was Sie meinen, verdammt!« Max versuchte, sich zu beherrschen. Man hatte ihm schon früh beigebracht, dass er im Falle eines Falles Kidnapper nicht provozieren sollte. Deshalb fragte er noch einmal ruhiger: »Was genau wollen Sie?«
    »Das, was in der Plastiktüte war, die du neulich mitgenommen hast. Stell dich nicht dumm, Kerl. Wir wissen alles. Wir haben dich beobachtet. Du schnüffelst seit Wochen die Rhodomärkte ab, um uns ins Geschäft zu pfuschen.« Der Mann lachte laut. »Aber so einfach geht das nicht!«
    Die anderen beiden Männer fielen in das hämische Lachen ein.
    »Sie täuschen sich«, beteuerte Max. »Da muss eine Verwechslung vorliegen.«
    Der Deutsche sagte etwas in der fremden Sprache, und einer der Männer hielt Max drohend seine Pistole unters Kinn. Der Metalllauf fühlte sich eiskalt an. Max schluckte ganz vorsichtig.
    Julia wagte kaum zu atmen. Ihre Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit. Sie befanden sich in einer Bucht. Der kleine helle Sandstrand ging in dunkles, feuchtglänzendes Watt über. Hinter dem flaschengrünen Wasser erkannte sie in der Ferne rot blinkende Lichter – das mochte der Industriehafen von Wilhelmshaven sein. Sie ließ den Blick aus halb geschlossenen Augen schweifen, fokussierte Vorder- und Mittelgrund. Im Watt vor ihnen hoben sich mit einigem Abstand voneinander drei Skulpturen gegen den bewölkten grauschwarzen Nachthimmel ab, rechts die überlebensgroße Frauenfigur »Jade«, vor ihnen ein überdimensional großer Stuhl und links von ihnen an der Grenze zwischen Meer und Land ein Riesenpenis aus Stein. Jetzt wusste sie sicher, dass sie sich in Dangast befanden.
    Julia liebte den vergessenen Künstlerort am Jadebusen. Wenn man von Bad Zwischenahn aus schnurgerade gen Norden fuhr, kam man zu diesem Nordseestrand. Julia fuhr gern im Sommer zum Baden her, im Herbst und Winter zum Spazierengehen. Sie fand es romantisch hier, überall hatten Künstler wie die Brücke-Maler, wie Radziwill oder der Beuys-Schüler Anatol und seine Jünger ihre Spuren hinterlassen. Wie diesen Riesenpenis, der bei jeder Flut vom Meer umspült wurde und der die Bevölkerung lange Zeit empört hatte. Nirgendwo sonst an der deutschen Nordseeküste reichte ein Geestrücken mit hohen alten Bäumen wie hier direkt bis ans Meer. Und nirgendwo sonst gab es so leckeren Rhabarberkuchen wie bei Tapkens, die in fünfter Generation das Alte Kurhaus führten. Es lag schätzungsweise hundert Meter entfernt, hinter ihnen, auf dem Geestrücken. Julia wusste, dass dieses kultige, zweihundert Jahre alte »Conversationshaus«, einst als Sommersitz des Grafen Bentinck im ersten Seebad an der Nordsee erbaut, nur noch an Wochenenden geöffnet war. Von dort konnte sie kaum Hilfe erwarten. Ansonsten gab es kein Haus in Rufweite.
    Der Fremde entsicherte seine Pistole. Seine Kleidung stank nach gekochter und wieder erkalteter Sellerie.
    »Fällt es dir jetzt wieder ein?«, höhnte er.
    »Ja!«, beeilte sich Max zu sagen. »Ich hab neulich mal eine Tüte vertauscht, aus Versehen. Aber die enthielt nur abgeschnittene Äste und irgendwelches Altpapier, unverständliche Computerausdrucke, nur Müll …«
    Plötzlich ging ihm auf, dass die Gangster vielleicht hinter diesen Papieren her waren. Und dass es sich bei den Zweigen vermutlich um gestohlene Reiser gehandelt hatte.
    »Müll?«, brüllte der Anführer. »Du Schlaumeier!«
    Er fegte Max mit einem Schlag die Brille aus dem Gesicht. Süffisant grinsend erteilte er darauf den beiden Männern Anweisungen. Die griffen Julia unter die Achseln und zogen sie hoch.
    »Aua! Pfoten weg!« Vergeblich versuchte sie, sich zu wehren.
    »Lassen Sie die Frau!«, rief Max. »Sie hat damit nichts zu tun!«
    Die Männer schleppten Julia durch den schweren Schlick weit ins Watt. Max konnte kaum etwas erkennen ohne seine Brille. Schemenhaft sah er eine nackte Frau mit unnatürlichen Proportionen, die sich allerdings nicht regte, und einen übergroßen Stuhl und einen Riesenpenis. Er zweifelte an seinem Verstand. Hatten die Kerle ihm eine Droge verabreicht?
    »Los, los, los!«
    Die beiden Handlanger hoben Julia auf einen Sockel und fesselten sie mit Stricken an die ausladenden Schenkel der Skulptur. Der Wind peitschte ihr ins Gesicht. Wellen schlugen gegen ihre Füße. Julia schrie,

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