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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Carl daran, dass Kathryn ihn wollte.
    Im Laufe dieses Tages wurden sie mehrfach Zeugen von Lawinenabgängen. Es begann mit einem Rauschen und Zischen, wenn sich die Schneemassen lösten und hinabstürzten, und endete mit einem Donnern, wenn sie endlich auf dem Gletscher in blendend weißen Wolken zerstoben. Atemlos verfolgte Kathryn jedes Mal dieses Schauspiel. Je nach Lichteinfall schillerten die Schneenebel in allen Regenbogenfarben, während das Echo gewaltig von den Bergen widerhallte.
    Sie machten Feuer mit getrocknetem Yakmist und aßen geröstete Schafsleber. Ihr Lager schlugen sie im Bergschatten auf dem Gletscher auf. Von hier aus konnten sie weit hinein in das Königreich Sikkim schauen.
    »Hast du denn nun, was du wolltest?«, fragte Gustav Carl.
    »Wie meinst du das?«
    »Hast du deine Rhododendren?«
    »Im Grunde ja«, antwortete Carl, aber er wirkte nicht ganz zufrieden. »Für die Robustheit ist jetzt gesorgt, doch für die Schönheit noch nicht … Da bin ich noch auf der Suche.«
    »Dann können wir morgen in Richtung Yumthang-Tal marschieren?«
    »Genau.« Carl seufzte wohlig. »Dort soll es auch heiße Quellen geben. Ach, das könnte mir jetzt gefallen, ein schönes heißes Bad!«
    Als sie sich in ihren Zelten schlafen legten, herrschte noch schönstes Wetter, doch mitten in der Nacht schlug es um. Heftiger Schneefall setzte ein. Und dann begann ein Schneesturm.
    Kathryn erwachte vom Zusammenbruch ihres Zeltes. In Panik kroch sie mit dem Oberkörper unter das Klapptischchen neben ihrem Bett, halb lagen ihre Beine unter dem Bettgestell. Beides ließ ihr Luft und Raum, schützte sie vor dem erstickenden Gewicht des Schnees.
    Kathryn schrie, sie schrie aus Leibeskräften.
    Die Schlammlawine! Sie schlug um sich, schmeckte Nasses, Kaltes, versuchte, mit den Händen zu graben, es gelang nicht. Ihr Albtraum war mit einem Mal real, die mit Geröll durchsetzte Lawine rollte über sie hinweg, wollte sie erdrücken, ihr den Atem abschnüren.
    »Mama!«
    Ihr Herz raste. Und dann hörte sie nichts mehr um sich herum: kein Echo, keinen Laut. Spürte nur dumpfe Isolation.
    »Mama! Wo bist du? Mama, Aldou! Hilfe … Hilfe!«
    Ihr blankes Entsetzen stieß allein auf Eiseskälte und Dunkelheit.
    Kathryn erwachte in seinen Armen. Um sie herum war immer noch alles schwarz und frostig.
    Wie er es zu ihr geschafft hatte, wusste er selbst nicht mehr. Als er, von Kathryns Schrei wach geworden, begonnen hatte, sich zu ihr vorzuarbeiten, hatte es einen weiteren Schneerutsch gegeben. Vermutlich war Neuschnee abgegangen und hatte sie beide ein Stück mitgerissen. Er konnte nicht einschätzen, an welcher Stelle des Gletschers sie sich nun befanden. Unverantwortlich, jetzt weiterzugraben – die Gefahr, in eine der zahlreichen Gletscherspalten zu rutschen, war zu groß.
    Kathryn schrie wieder. Panisch bäumte sie sich auf, stieß sich den Kopf an etwas Hartem. Ihr Überlebensraum schien sich vergrößert zu haben. Zwei Menschen fanden Platz darin, zum Atmen, Liegen, Sitzen.
    »Psscht!« Die Männerstimme beruhigte sie. »Gustav wird uns retten, die Männer werden uns finden.« Starke Arme hielten sie fest. »Wir müssen Ruhe bewahren und warten.«
    »Aber, die Lawine, Papa! Der Schlamm, er bringt uns um!«
    Kathryns Geist bewegte sich zwischen Albtraum, Vergangenheit und Gegenwart. »Mama! Wo bist du? Aldou?«
    »Ruhig, ganz ruhig! Alles wird gut.«
    Diese Stimme …
    Plötzlich sank Kathryn mit einem leisen, verzweifelten Wimmern in sich zusammen.
    »Carl?«
    Endlich begriff Kathryn. Die Schlammlawine, das war vor langer Zeit gewesen. Ihre Mutter und ihr Bruder lebten schon seit Jahren nicht mehr. Das jetzt war ein Schneerutsch am Zemu-Gletscher. Und der Mann, der sie in den Armen hielt, war nicht ihr Vater, sondern Carl.
    »O Gott!« Kathryn schluchzte. »Sie sind ja schon tot, schon lange …« Dieses Mal würde es auch sie treffen. Vielleicht war ihr Papa dann mit ihr zufrieden. Wenn sie auch starb. »Jetzt weiß ich es wieder«, flüsterte sie schockiert.
    Carl hielt sie fest in seinen Armen. Kathryns Entsetzen übertrug sich auch körperlich auf ihn. Jeder Zentimeter ihres Körpers verkrampfte sich in Todesangst. Und dann ihre Erkenntnis. Sie traf ihn ebenso blitzartig. Wie Frosthauch über einem gehäuteten Herzen spürte er ihren Schmerz.
    Carl glaubte, nicht mehr atmen zu können. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter und gefroren sogleich in seinem Bart. Das also war ihr Geheimnis, das quälte sie so … Sie hatte

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