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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Rhododendren, die alles überwucherten, auch das Geröll, was das Gehen sehr erschwerte.
    Kathryn machte keinen Hehl aus ihrer Enttäuschung. »All dieser Aufwand für solch langweilige Bodendecker?«
    Sie wusste selbst nicht, was sie erwartet hatte. Irgendetwas Großes, Buntes, Überwältigendes, auf jeden Fall eher Baum als Strauch, aber ganz gewiss nichts solchermaßen Gewürmartiges.
    Doch Carl begeisterten die blühenden Teppiche. »Der Rhododendron nivale! Garantiert winterhart!«, jubelte er und nahm Proben von rot und weiß blühenden und von welchen mit silbrigem Flaum auf der Blattunterseite. Zwei Stellen markierte er mit einem robusten, wetterfesten gelben Band.
    Er traf eine Vereinbarung mit Sonam, der einen zuverlässigen Eindruck machte. Er sollte gegen Bezahlung im Herbst, wenn die Samenkapseln reif waren, an diesen Stellen einige davon einsammeln, sie in Gangtok zur Post bringen und Carl nach Deutschland schicken.
    »Vielleicht klappt es mit den Reisern, die ich nehme«, erklärte Carl Kathryn. »Vielleicht klappt es mit den Pollenproben, die ich jetzt abstreifen kann. Aber Samenkapseln, zur richtigen Zeit geerntet, versprechen den größten Erfolg. Sicher ist sicher.«
    Carl musste lachen über Kathryns offensichtliche Enttäuschung. »Ich werde damit etwas Neues züchten. Vielleicht nicht nur aus zwei Arten, Vater und Mutter, sondern indem ich jeweils einen Abkömmling von zwei komplett unterschiedlichen Eltern miteinander kreuze. Das geht dann über zwei Generationen. Manchmal lösen erst die Enkel ein, wovon man geträumt hat.« Mit Gesten unterstrich Carl seine Ausführungen. Kathryn schaute ihn zweifelnd an. Sie hatte die Vererbungslehre mit den Mendel’schen Regeln nie richtig begriffen, doch Carl war sich sicher. »Das Ergebnis wird dir gefallen. Vertrau mir!«
    Wie er da vor ihr stand am Gletscher, strahlend und selbstsicher, hätte sie ihm wahrscheinlich alles geglaubt. Seine Überzeugungskraft wirkte auf Kathryn ebenso anbetungswürdig wie erotisch. Und sie wären sich wohl in die Arme gesunken, wenn nicht zwangsläufig alle Männer der Expedition Zeugen geworden wären. Auch Gustav suchte Kathryns Nähe. Er jagte Kathryn ab und zu mit einem feurigen Blick eine Gänsehaut über den Körper, aber es war klar, dass alle drei eine Eskalation der Situation vermeiden wollten.
    Unterschwellig bewirkte die Dreieckskonstellation jedoch genau das Gegenteil – angestachelt durch den Konkurrenten begehrten Carl und Gustav Kathryn nun noch mehr.
    Und sie? Kathryn spürte die Schwingungen natürlich, genoss sie wohl auch halb bewusst. Manchmal, wenn Carl und sie sich heimlich anschauten, blieben ihre Blicke lange miteinander verschmolzen. All das verwirrte sie derartig, dass sie beschloss, sich nur noch auf die bergsteigerischen Herausforderungen zu konzentrieren. Kathryn lauschte den Erzählungen der Träger über einstürzende Schneebrücken und den riesigen zotteligen Yeti, der Schneemensch war angeblich zuletzt fünf Jahre zuvor hier am Zemu-Gletscher gesichtet worden.
    Gustav verlor sich in seinen Gedanken. Er malte sich seine und Kathryns Zukunft in Ostfriesland aus. Es passte doch hervorragend – die Teepflanzertochter und der Teehändler. Sicher würde sein Schwiegervater ihm Rabatte gewähren und die besten Ernten verkaufen. Kathryn war gebildet und würde sich auch in den besseren Kreisen mühelos bewegen können. Mit ihr könnte er das Haus ter Fehn wunderbar repräsentieren, und es war zu erwarten, dass sie hübsche, gesunde Kinder zur Welt bringen würde. Sie würden ein gastfreundliches Haus führen und häufig Geschäftsfreunde aus aller Welt empfangen. Kathryn könnte für ihre einflussreichen Gäste auf der Harfe spielen. Man würde ihn beglückwünschen und beneiden um seine schöne, kultivierte Frau. Und er würde sie lieben und ehren auf ewig. Wenn nicht Carl seine Pläne vereitelte. Wie sollte er sich dann verhalten?
    Carl dagegen träumte, wie er auf einem mit weißem Leinen bedeckten großen Lager hinter rosenumrankten Fenstern inmitten einer lieblichen Parklandschaft prall vor Begierde sein sturmgeladenes Herz öffnen und Kathryn küssen würde, aus vollem Ernst küssen, wie ein altes Liebesgedicht sagte. Wenn das Warten endlich ein Ende hätte, würde sie ihre taufrischen Blütenarme um ihn schlingen, ihn mit tiefgründigen Augen anschauen, ihren Rosenschoß öffnen und sich ihm entrückt hingeben. Sie würden ihre geheimsten Sehnsüchte teilen.
    Nicht eine Sekunde zweifelte

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