Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zerspring’n; ich hab’ ja net vergebens an Deine Lieb’ geglaubt, wie ich noch dacht’, als ich Dich dort in Deiner Stub’ überraschte, und der Teufelsbauer – dem ist nun Alles gleich, was die Leut’ von ihm sag’n; er hat die Martha wieder und auch das Glück, das Du mit von ihm nahmst.«
    Der starke Mann schluchzte vor tiefer Seligkeit. Sie lag in seinen Armen und das thränennasse, blatternarbige Gesicht an seiner Brust, die keinen Schmerz mehr fühlte, und auch der Wiesenbauer fuhr sich mit der Hand über die Augen. Es waren seit langer Zeit die ersten Tropfen, welche seinem vorher so harten Herzen entstiegen; seine zusammengezogenen Züge verschönten sich unter dem Ausdrucke der freudigen Theilnahme, welcher auf ihnen lag, und mild und dringlich klang seine Bitte:
    »Friedemann, ich bitt’ Dich noch ‘mal um Verzeihung! Erst jetzt erkenn’ ich, wie bös’ ich war und wie gut Du gewes’n bist; was ich sühnen kann, das werd’ ich sühnen, und das Uebrige, das streich’ aus dem Gedächtnisse fort. Die Leut’ soll’n all’ erfahren, ob bei Dir der Drach’ zu find’n ist und das siebente Buch Mosis, und den Teufel, den ich Dir an die Wand gemalt hab’, den werd’ ich selbst fortwisch’n, sobald ich wieder auf die Beine kann!«
    Als nach einiger Zeit die Wirthschafterin die Ruine verließ und das Wohngebäude betrat, stieg sie die Treppe empor und öffnete leise eine Thür. Auch hier gab es ein Krankenzimmer. Gustav ruhte auf dem Lager, und Katharina war eben beschäftigt, ihm die Medicin zu reichen.
    »Wie bist Du doch so gut, Kathrin’! Gestern hast’ in der Klaus’ gewacht, und heut’ willst’ net schlaf’n, sondern bleibst bei mir. Geh’ doch nun auch zur Ruh’; ich kann Dir gar net vergelt’n, was Du an mir und dem Oheim thust!«
    »Sprich nimmer vom Vergelt’n! Wir sind so sehr in Eurer Schuld, daß ich fast Angst darüber bekomm’. Wenn das doch auch der Vater einseh’n möcht’!«
    Da bog sich ein freundliches Gesicht über die Beiden, und eine beruhigende Stimme versicherte:
    »Er hat es eingeseh’n und Frieden geschloss’n mit dem Oheim!«
    »Ist’s wahr, Marie?«
    »Ja. Ich war mit dabei. Sie hab’n sich versöhnt, und Ihr dürft Euch nun ohne Sorg’ lieb behalt’n.«
    »Hat es der Vater so gesagt?«
    »Ja. Der Oheim war lange Zeit in seiner Stub’, und als dieser ihn verlass’n hatte, rief er mich zu sich und sagt’: Wenn Du den Gustav und die Kathrin’ beisammen siehst und sie Dich etwa nach meiner Meinung frag’n, so erinnere sie an die Wort’, die ich im Saal gesproch’n hab’: ›Du darfst nur dann an sie denk’n, wenn ich auch im Fels’nbruch lieg’!‹ Der Haß hat mich hineingeschleudert, und die Lieb’ hat mich daraus erlöst. Das Wort ist eingetroff’n, und wenn sie sich gern hab’n, so ist aan Theil von meiner Schuld bezahlt!«

Der Herrgottsengel
Erzählung von Emma Pollmer
I.
Beim Schmuggelbalzer
    Der Abend begann zu dämmern. Das Mädchen, welches dem auf halber Bergeshöhe liegenden Kirchhofe zuschritt, sputete sich; der Ort, nach dem es seine Schritte lenkte, gehörte zu denen, welche man nicht gern in der Dunkelheit aufzusuchen pflegt. Noch glänzte der Himmel im Lichte des scheidenden Tages; aber das Thal hüllte sich bereits in tiefe Schatten, und die alten rissigen Mauern des Gottesackers blickten beinahe gespenstig aus dem sich schwärzenden Grün der hoch emporsteigenden Halde hernieder.
    Das breite, rostige Gitterthor knarrte in den Angeln. Der Mann, welcher hervortrat, hatte Hacke und Spaten über die Schulter gelegt und schickte sich eben an, den Eingang wieder zu verschließen, als er die Nahende bemerkte.
    »Wünsch’ guten Abend, Jungfer Selma!« grüßte er. »Kommst heute ja recht spät! Soll ich vielleicht warten und nachher Dich bis ins Dorf geleiten? Die Nacht ist da, und der Fußsteig geht schlimm abschüssig.«
    »Ich danke, Hans,« beantwortete sie die vertraulich höfliche Rede. »Geh’ nur immer heim; der Weg ist mir gewohnt, und ich werd’ ihn schon gut finden. Hast wohl Arbeit hier da drin gehabt?«
    »Ja, ein Grab.«
    »Ein Grab? Ist denn Jemand gestorben? Da müßt’ ich doch auch etwas davon gehört haben!«
    »Gestorben ist Niemand; aber der Klapperbein kam letzte Mitternacht an mein Fenster und hat mir die Arbeit anbefohlen. Du weißt ja, daß er die Leich’ immer schon im Vorher kennt. Ich bin neugierig, für wen ich die Grube bereitet habe. Schlaf’ wohl und komm gut nach Haus’!«
    Er stieg

Weitere Kostenlose Bücher