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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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viel, viel reicher als ich!« rief sie in aufrichtiger Verwunderung.
    »Reicher als Du? Was denkst’! Hast’ net den groß’n Teichbauerhof?«
    »Der gehört doch net mein, sondern der Mutter; Du aber hast das Geld verdient mit saurer Arbeit, mit dem Hand’l, mit – – –«
    »Mit dem Vogelhand’l net; was der bringt, lass’ ich dem Vater. Was ich hab’, stammt von der Sängerfahrt; die bringt ‘was ein, wenn man zu spar’n versteht.«
    »Und da willst’ so viel riskir’n? das ist nix, Heiner, da kommst’ um Dein Geld!«
    »Meinst’ daß ich falsch spekulir’?«
    »Nein; Dein Buch wird gehn und seine Leser find’n, aber es muß in gute Hand gelegt werd’n, und die find’st net hier im Ort.«
    »Ich hab’ sie anderswo auch net gefund’n.«
    »Hast’s falsch angefangen, Heiner! Schick’ die Gedicht’ wohin Du willst, sie werd’n gar net geles’n, denn wer kennt den Heinrich Silbermann von hier? Empfehlung mußt’ hab’n, Konnexion, und die Vorred’ muß aan berühmter Dichter oder Professor schreib’n. Und wenn nachher aan bekannter Verleger das Buch kauft, so hast Honorar und Ehr’ dazu.«
    Heiner war ganz erstaunt über ihre Sachkenntniß.
    »Das hab’ ich schon gewußt; aber woher den Dichter oder Professor nehmen und dann den Verleger? Doch sag’, Du sprichst ja so klug wie aan Buch!«
    »Das ist net weit her. In Warschau, wo wir war’n, gab’s gar viel’ Künstler und Dichter, die bei uns verkehrt’n. Da hab’ ich viel von solchen Dingen sprechen hör’n. Hast’ das Manuskript fertig?«
    »Natürlich. Hier in der Tasch’ ist’s, damit ich’s dem Buchhändler zeig’n kann.«
    »Darf ich’s sehn Heiner?«
    »Ja.«
    Es war ihm anzusehen, wie schwer ihm diese Antwort wurde. Er brachte es auch nur höchst langsam hervor und schien große Lust zu haben, es wieder einzustecken. Schnell aber hatte sie es gefaßt und es ihm aus der Hand genommen.
    »Zeig her!«
    Ohne einen Blick hineinzuwerfen, steckte sie es in die Innentasche ihres Pelzes.
    »Warum steckst’ es ein?«
    »Weil Du Dein Geld behalt’n sollst, Heiner. Ich geb’s der Mutter, und dann wird’s gedruckt, darauf kannst’ Dich verlass’n.«
    »Nein, Alma, das darf ich net zugeb’n; ich muß die Gedicht’ wieder hab’n. Bitt’, gieb sie mir zurück!«
    »Willst’ schon wieder unfolgsam sein! Hier in der Tasch’ sind sie, und da bekommst sie net wieder heraus! Oder willst’ vielleicht mit mir ringen?«
    »Das kann mir net einfall’n; wenn ich Dich gar schön bitt’, so giebst’ sie mir gutwillig wieder.«
    »Nein, das ist nun abgemacht. Statt zum Buchhändler, gehst’ nun mit mir. Ich hab’ viel’ Einkäuf’ zu besorg’n, und da wirst’ mich führ’n!«
    Seine fortgesetzten Bitten blieben erfolglos; er mußte sich in den Willen des schönen Mädchens ergeben. Der Lohn blieb auch nicht aus: er durfte fast den ganzen Tag an ihrer Seite bleiben, und es war ihm, als sei Alles hinter ihm versunken und eine neue Welt vor ihm aufgegangen, die sein zaudernder Fuß kaum zu betreten wagte.
    Als sie den Schlitten wieder bestiegen, brach die Dämmerung bereits herein; aber der Schnee leuchtete und ließ die Straße gut erkennen. Die Pferde merkten, daß es heimwärts gehe, und es bedurfte weder der Zügel noch der Peitsche, um sie in schnellem Gang zu erhalten.
    »Die Luft geht scharf, Alma; frierst net vielleicht?«
    »Ein wenig ans Gesicht, sonst net.«
    »So komm!«
    Er schlang das Zügelende um den Arm, umfaßte sie und legte ihren Kopf an seine Schulter, wo sie der Zug nicht treffen konnte. Sie ließ es still geschehen und blieb regungslos in der Stellung, welche er ihr gegeben hatte. Die Straße ging heimwärts viel bergab, und da viel Schnittgerinne sie durchschnitten, so schlingerte der Schlitten oft in höchst bedrohlicher Weise.
    »Hast’ net Angst daß wir umschütt’n?« frug er sie.
    »Bei Dir bin ich sicher!« klang es leise, aber in einem Tone, der ihm bis ins tiefste Herz erklang.
    Das Händchen war ihr aus dem Muff entglitten; er ergriff sie und hielt sie fest.
    »Glaubst’ das wirklich?«
    »Ja.«
    Sie hob bei diesem Worte das Köpfchen zu ihm empor; er schob den Schleier ein wenig auf die Seite und neigte sich zu ihr nieder. Die Schnee-und Sternenhelle ließ ihr Gesicht in einem traumhaften Glanze erscheinen, zwischen welchem die großen, dunklen Augen wie aus unergründlichen Seelentiefen emporschauten. Dann ließ er den seidenen Flor wieder fallen und sprach kein Wort, bis der Schlitten

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