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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vor dem Eingange des Teichhofes hielt. Der nach Hause geschickte Knecht ergriff die Pferde; die beiden Insassen stiegen aus.
    »Hab Dank, Heiner, für den Schutz. Ich werd’s der Mutter erzähl’n!« sprach Alma, ihm die Hand reichend.
    »Ich hab’ zu dank’n, net Du. Sag der Mutter den schönst’n Empfehl’, da ich net selber zu ihr darf!«
    »Wirst schon auch noch dürf’n, wenn sie wieder wohler ist!«
    Das schwere Kleid, in welchem sie heut ging, rauschte durch den helle erleuchteten Flur. Heiner trat in die dämmerige Nacht zurück und ging nach Hause. Wortkarg aß er sein Abendbrod, und ebenso wortkarg war er auch im Gesangverein, der heut seinen Versammlungsabend hatte. Die Erlebnisse des Tages beschäftigten ihn so, daß die Erinnerung daran ihn vollständig in Anspruch nahm, und als die Sänger sich zerstreuten, spürte er noch nicht das geringste Bedürfniß nach Schlaf und Ruhe, und unwillkürlich wandten sich seine Schritte dem Teichhofe zu.
    Noch immer beschäftigte ihn die Frage, woher Alma Daten aus seiner Vergangenheit kannte, von denen nur er und Alwine wissen konnte; er fand jedoch keinerlei zureichende Antwort darauf. Eine Komtesse war sie, eine Gräfin; welch ein Unterschied zwischen ihr und ihm! Er mochte gar nicht daran denken, denn dieser Gedanke wirkte erkältend auf die wunderbar selige Stimmung, in welcher er sich befand. Er gab sich derselben vollständig hin und fühlte nicht das mindeste von der Kälte, welche hier außen im Freien herrschte.
    So war er an den mit dichtem Gebüsch bestandenen Rand des Teiches gekommen, der an der hinteren Seite des Hofes lag und ihm den Namen gegeben hatte. Er beschloß, die Gebäude zu umschreiten, war aber noch gar nicht weit am Wasser hingekommen, als es ihm war, als knirsche jenseits der vor ihm liegenden Ecke der Schnee unter vorsichtigen, mit Fleiß gedämpften Schritten. Er fühlte keine Lust, sich hier bemerken zu lassen und trat daher so tief wie möglich zwischen die Sträucher hinein.
    Ein Mann kam um die erwähnte Ecke und blieb unweit seines Versteckes stehen. Er hatte sich das Gesicht geschwärzt, dennoch aber und trotz der ihn jedenfalls unkenntlich machenden sonderbaren Kleidung erkannte Heiner, daß es Balzer sei. Dieser warf einen beobachtenden Blick um sich, stieg dann über den Gartenzaun und glitt über den freien Raum des Gartens nach der Scheune hin, welche einen der Hintertheile des Hofes bildete. Was hatte der Mensch vor? Etwas Gutes sicherlich nicht, das zeigte die Schwärzung des Gesichtes. Aber ihm sofort zu folgen war nicht räthlich, weil dies wegen der Lichte des Gartens von ihm bemerkt worden wäre.
    Heiner wartete daher einige Minuten, ehe er den Zaun übersprang und den im Schnee eingedrückten Fußspuren nachging. Sie führten auf eine Spalte, welche sich mit der Zeit zwischen der ausgefaulten Diele und dem abgeschliffenen Thore gebildet hatte und hinlänglich war, einen nicht zu starken Mann durchkriechen zu lassen. Nachdem er sich durch angestrengtes Horchen überzeugt hatte, daß der Verfolgte die Scheune bereits verlassen haben müsse, drängte er sich hindurch und gelangte so auf die Tenne. Eine Untersuchung derselben zeigte, daß eine vordere Pforte derselben geöffnet und unverschlossen sei. Er trat von hier auf den inneren Hof. Wohin hatte Balzer hier seinen Weg genommen?
    Nach langem Suchen gewahrte Heiner ein geöffnetes Fenster, welches zur Erleuchtung des Treppenaufganges bestimmt war. Es hatte eine zerbrochene Scheibe gehabt und war also leicht aufzustoßen gewesen. Er stieg hinein. Lärm zu machen hielt er nicht für gut, da Balzer dadurch zur vorzeitigen Flucht veranlaßt werden konnte; er beschloß vielmehr, sich so leise wie möglich zwei Treppen hoch zu begeben, wo, wie er wußte, die Knechte schliefen. Diese vorsichtig zu wecken, war jedenfalls das Beste; dann konnte der Eindringling auf frischer That ertappt und festgenommen werden.
    Mit der Oertlichkeit nicht bekannt, nahm er, auf dem Korridor angekommen, zu einem Zündhölzchen seine Zuflucht, dessen Aufleuchten ihm zwei Reihen Thüren und die obere Treppe zeigte. Schon hatte er den Fuß auf die untere Stufe gesetzt, als es ihm war, als seien in dem hinteren Zimmer Stimmen erklungen. Er glitt bis an die Thür; er hatte sich nicht getäuscht, aber sie war verschlossen.
    »Heraus mit dem Schlüssel!« hörte er jetzt vernehmlich die verstellte Stimme Balzers.
    Hier war Gefahr im Verzuge. Rasch glitt er noch zur Nebenthür, um diese zu

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