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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zu entgehen.
    »Nun, was bringst’ für Botschaft?«
    »Daß ich den Dienst hab.«
    »Wo?«
    »Beim Wirth.«
    »Beim Wirth? Wozu hat dieser Dich denn nöthig? Er ist ja hinreichend mit Dienstleut’n versehn.«
    »Ich geh’ für ihn spazier’n. Adjes, Vorsteher!«
    Schnell war er zur Thür hinaus, wie vor acht Tagen der Vorsteher auch, und ging nach dem Wirthshause.
    »Nun, was hat er gesagt?« frug ihn sein neuer Dienstherr.
    »Nix hat er gesagt der Hoffahrtspinsel. Ich hab ihm die Meldung gemacht und ihn dann sitzen lass’n.«
    »Recht so! Nun bist’ bei mir, Balzer, hast den Unterschlupf hier und ich denk’, daß wir mit ‘nander zufrieden sein werd’n. Du kannst gehn und kommen wie Dir’s paßt, aber Alles, was Du schießest, das ist mein, und die Preis’ hab ich Dir gesagt.«
    »Schon gut; ‘s ist All’s in Ordnung, Wirth!«
    Er stieg empor in die Kammer, die ihm eingeräumt worden war und sah sich in derselben um. Es sah ärmlich genug darin aus. Er warf sich auf einen Stuhl und knirschte mit den Zähnen.
    »So also ist’s gekommen, ganz anders, als ich’s gemeint hab! Der Wirth ist aan Fuchs, der ganz wohl waaß, weshalb er mich zu sich genommen hat. Er giebt mir dies Loch, und dafür schieß ich ihm das Wild für aan Lumpengeld. Und wer ist Schuld daran? Wer anders als der Giftheiner, dem ich All’s zu danken hab’, die Armuth, das Elend, Hunger und Kält’ und die Verachtung allorts, hier im Dorf und auch anderswo.«
    Er stand wieder auf und ging, um sich zu erwärmen, in dem kahlen Raume auf und ab.
    »Was hatt’ er auf dem Teichhof zu such’n, daß er da stand und mich niederschlug grad in dem Augenblick, wo meine Sach’ am Best’n stand? Geht er etwa der Alma nach, grad wie er’s mit der Alwin’ gemacht hat? Das mag er nur fein bleiben lass’n, denn« – – er öffnete einen alten Koffer und nahm zwischen zerfetztem Lumpenkram einen Gegenstand hervor, den er emporhielt – –»denn hier ist noch die Flasch’ von damals, und die Hälft’, die große Hälft’ ist noch drin. Ich hab mir’s aufgehob’n, und nun mag ich sein Gesicht net länger mehr sehn. Er soll noch heut den Zahlaus hab’n. Er muß auf den Abend in den Gesangverein, und wenn er nach Haus’ geht, so schlag’ ich ihm die Flasch’ grad auf den Kopf. Ja, so wird’s gemacht, und – – –«
    Er hielt inne. Ein neuer Gedanke war ihm gekommen.
    »Aber dann bin ich doch immer der Lump, der nix hat! Geld muß ich bekommen, und weil er mich im Teichhof gestört hat, so soll er dafür das Seinig’ hergeb’n. Er hat genug; er hat gespart und zusammengescharrt, der Geizhammel, und es liegt in der Truh, die in der Niederstub’ steht, und dem Alt’n seines mit, das wiss’n die Leut’ all und ich auch. Ich geh von hint’n in das Haus, nehm’ das Geld, und wart’ bis er kommt; dann geb’ ich ihm die Flasch’ und spring von dannen. Hier aber geh’ ich bei Zeit’n schlaf’n, damit ich net in Verdacht gerath.«
    Der Plan war seines Meisters werth. Dieser legte sich die Werkzeuge zurecht, deren er vielleicht bedurfte, und begab sich dann in die Gaststube zurück, wo er einige verwandte Seelen fand, mit denen er sich zur Karte setzte. Als die Zeit gekommen war, schützte er große Müdigkeit vor, erhob sich und ging nach oben; heimlich aber schlich er sich dann fort.
    Zunächst überzeugte er sich, daß Heiner wirklich bei den Sängern sei; dann begab er sich nach dessen Wohnung. Er wußte, daß der alte Silbermann gewohnt sei, zeitig schlafen zu gehen und ihm also nicht im Wege stehen werde. Dieser aber war so munter wie noch nie. Er hatte ganz ungewöhnlichen Besuch bekommen, einen Besuch, der ihn schon nach wenigen Minuten so vollständig für sich eingenommen hatte, daß er mit Fragen und Erzählen kaum fertig werden konnte.
    Noch hatte nämlich Heiner sich nicht längst entfernt, so ging die Hausthür draußen und es klopfte. Auf das »Herein!« des Vogelhändlers trat eine so wunderliebliche Mädchengestalt ein, daß er sie, als sie sich aus dem Pelze geschält hatte, mit großen, verwunderten Augen anblickte, als sei eine Fee in sein kleines Heim herabgestiegen.
    »Gut’n Abend, Papa Silbermann!«
    »Gut’n Abend! Hm, wer ist denn das?«
    »Ich bin die Alma vom Teichhof.«
    »Die Alma? Ja, ja; ich hab’ Dich noch gar net so recht gesehn, und darum kannt’ ich Dich auch net. Willkommen! Sag, was bringst?«
    »Der Mutter ihr Geburtstag ist gar bald, und da sie so Freundin ist vom Vogelgesang, so

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