Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
mich mit ihnen um das, was mir gehört.« Roger lachte leise. »Ha, jetzt habe ich mich in meinem eigenen Netz verstrickt, aber ich meine, was ich sage. Henrys Erbe ist ein eitles, verzogenes Kind, das die Welt auf einem goldenen
Tablett serviert bekommen möchte und glaubt, sein Äußeres und sein Lächeln wären Grund genug, ihm alle seine Wünsche zu erfüllen. Richards Leben spiegelt sich in der Klinge eines Schwertes wider, Geoffrey ist eine hinterhältige Schlange und John ein ekelhaftes Balg, dem es Spaß macht, einer Katze den Schwanz anzuzünden und sich an ihren Qualen zu weiden. In meinen Adern fließt kein königliches Blut, aber meine Kinder werden zehn Mal besser geraten als seine.«
Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen lag Roger auf dem schmalen Klappbett, das sein Kammerherr auf dem Podest in der großen Halle aufgestellt hatte. Vorhänge schützten ihn und Ida vor den Blicken der anderen Männer im Raum. Seinem Onkel stand als hochrangigem Gast das Privileg zu, in der Kammer über ihnen in ihrem großen Bett zu schlafen.
Ida legte ihm eine Hand auf die Brust und fuhr über das Hautdreieck, das sein aufgeschnürtes Hemd freigab.
»Du warst heute sehr still«, bemerkte sie.
Er grunzte leise und strich ihr über das Haar.
»Ich verarbeite nur die Neuigkeiten, die mein Onkel mir überbracht hat.«
»Der König wird nichts gegen dich … gegen uns unternehmen.«
Der Unterton von Furcht in ihrer Stimme entging ihm nicht.
»Wer kann schon vorhersehen, was der König tun wird und was nicht?«, fragte er säuerlich. »Ich werde geschätzt, gelte aber nicht als vertrauenswürdig, so viel steht fest.« Er stieß einen ungeduldigen Laut aus. »Aber ich denke, im Moment sind wir sicher. Mein Onkel hat Recht, Henry hätte mich zusammen mit Gloucester und Leicester verhaften lassen können, wenn er gewollt hätte, und de Glanville hätte die Chance sofort beim Schopf ergriffen.«
Ida zupfte sacht an seinem Brusthaar.
»Ich habe Mitleid mit dem König, aber auch mit seinen Söhnen. Ich …« Er hörte den Schmerz, der ihr die Kehle zuschnürte, und erstarrte, weil er wusste, was kommen würde. »Als du vorhin gesagt hast, Gott möge verhindern, dass du deine Söhne so erziehst wie er seine, da konnte ich nicht anders, ich musste an … an sie alle denken.«
Roger seufzte tief.
»Ida, du kannst es nicht ändern. Es war die Entscheidung des Königs, den Jungen zu behalten, und sie ist und bleibt endgültig, so ungerecht das auch sein mag.«
»Ja, ich weiß, ich weiß.« Sie drehte sich in seinen Armen und presste das Gesicht gegen seinen Hals. »Aber es tut weh … jeden Tag, obwohl ich mir geschworen habe, nicht daran zu denken.«
»Dann konzentriere dich auf den prächtigen Sohn, den du von mir hast und der dir nie weggenommen werden wird.« Sein Ton war brüsk, weil tief in seinem Inneren Zweifel an ihm nagten. Er würde nie zugeben, eifersüchtig zu sein, weil das unmännlich war, aber es versetzte ihm jedes Mal einen Stich, wenn er daran dachte, was Ida für Henry gewesen war.
»Das tue ich«, erwiderte sie mit zitternder Stimme. »Ich danke Gott jeden Tag für ihn. Du und er, ihr seid meine Welt und mein Trost.«
Er hatte dieses Wort an dem Tag im Obstgarten gebraucht, als sie beschlossen hatten zu heiraten, und wünschte jetzt, er hätte es nie getan, denn inzwischen hatte Ida es sich angeeignet. Trost konnte entweder Schmerz lindern oder als Ersatz für etwas dienen, das man nicht haben konnte.
Er rollte sich auf die Seite, küsste sie lange, schnürte ihr Hemd auf, zog es ihr über den Kopf, streifte sein eigenes ab und liebte sie mit einer alles verzehrenden Mischung aus Leidenschaft
und Zärtlichkeit. Ida flüsterte erst leise Worte, dann rief sie seinen Namen und klammerte sich an ihn. Und während sich Roger in ihr bewegte, schwor er sich, Henry aus ihren Gedanken zu tilgen, jegliche Erinnerung auszulöschen, die ihr Körper an die Berührungen eines anderen hegen mochte. Für sie würde es nur noch ihn geben.
22
Greenwich, London,
Ende Juni 1183
Eine warme Brise kräuselte das Wasser der Themse und ließ die an der Anlegestelle festgemachte überdachte Barke leise schwanken. Weiter draußen auf dem Fluss glitten Galeeren, Koggen und Barken verschiedener Größe auf die Londoner Kais zu oder steuerten die Flussmündung und das offene Meer an. Ida befestigte die Brosche ihres leichten Sommerumhangs und beobachtete eine schlanke weiße Galeere mit rotem Plankengang, die direkt auf
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