Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
einer heiseren Lachsalve.
»Wie kommst du denn darauf, Sohn?«
»Weil sie sich so um mich kümmert.« William schob das Kinn vor. Er hasste es, ausgelacht zu werden. »Weil die anderen Kinder Mütter haben oder zumindest wissen, wer ihre Mütter sind. Ich dachte, sie könnte meine sein und will nicht, dass das bekannt wird.«
Sein Vater musterte ihn mit milder Belustigung. Dann zog er William an sich und fuhr ihm mit der Hand durch das Haar.
»Ich denke, wir können ausschließen, dass Jueta deine Mutter ist, und sie hatte auch nie Aussichten, es zu werden.« Henry lehnte sich zurück. »Deine Mutter hieß Ida«, sagte er nach einem Moment. »Und sie war sehr schön.«
William blinzelte angesichts dieser so mühelos erlangten Information. Er kam sich vor, als hätte er die Stufen einer Treppe falsch gezählt und sei von der fehlenden letzten abgerutscht. Er kannte am Hof keine Frauen namens Ida – oder zumindest keine, die einen hohen Rang bekleidete. Außerdem hatte sein Vater »hieß« und »war« gesagt. Bedeutete das, dass sie tot war?
»Dir muss natürlich klar sein, dass ich nicht mit ihr verheiratet war«, fügte sein Vater hinzu. »Was in gewisser Hinsicht besser so ist, denn du wurdest aus Freude und nicht aus
Pflichterfüllung gezeugt, und du bedeutest mir nicht weniger als meine ehelichen Söhne.«
William schluckte. Panik stieg in ihm auf. Er wusste alles über die käuflichen Frauen am Hof, er hatte sie in ihren bunten Kleidern und mit den langen, mit Seidenbändern durchflochtenen, nicht von einem sittsamen Schleier bedeckten Zöpfen durch die Räume huschen sehen. Sie gestatteten Männern, alle möglichen unaussprechlichen Dinge mit ihnen anzustellen, wenn sie gut genug dafür bezahlt wurden. Er konnte doch unmöglich einer solchen Verbindung entsprungen sein! Die Vorstellung war unerträglich.
»Dann war sie also eine Hure?«, fragte er leise. Das Wort verursachte ihm Übelkeit.
Sein Vater beugte sich augenblicklich vor, schüttelte den Kopf und umfasste seine Ellbogen.
»Nein, mein Sohn, nein«, widersprach er mit Nachdruck. »Denk das niemals. Sie war eine gute, ehrbare Frau. Du darfst nie abfällig über sie sprechen.«
Die Worte »gut« und »ehrbar« beruhigten William ein wenig, trotzdem fühlte er sich immer noch elend.
»Warum ist sie dann nicht hier?«, erkundigte er sich.
Henry lachte und zerzauste ihm erneut das Haar.
»Weil du mein Sohn bist, der Sohn des Königs. Sie hatte andere Träume und musste andere Kinder bekommen. Sie… sie musste einen anderen Weg im Leben einschlagen.«
William fühlte sich erneut, als habe ihn ein glühender Pfeil getroffen. Die Erwähnung anderer Kinder bewirkte, dass er sich verlassen und zurückgesetzt fühlte. Warum hatte seine Mutter ihn im Stich gelassen und andere Kinder bekommen? Das konnte doch nur heißen, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Warum war er nicht ihr Traum?
Sein Vater bedachte ihn mit einem nachsichtigen Lächeln,
als wäre die Angelegenheit gänzlich unbedeutend. »Du kannst dich glücklich schätzen«, meinte er. »Viele Frauen wären gern deine Mutter gewesen, glaub mir.«
Aber eindeutig nur die nicht, die ihn geboren hatte. Sie konnte weder gut noch ehrbar sein, wenn sie fortgegangen war und ihn einfach zurückgelassen hatte. Tief in seinem Inneren wallte Zorn auf, und er blieb stocksteif stehen, als sein Vater sacht seinen Arm schüttelte. »Wir Männer müssen zusammenhalten, nicht wahr? Du bist mein Sohn, das ist das Einzige, was zählt, und ich habe dich von Anfang an als mein Kind anerkannt.«
Hubert Walter, der Dekan von York, trat ein, um mit seinem Vater zu sprechen, und Henry gab William nach einem Kuss auf beide Wangen frei. »Geh jetzt«, sagte er. »Höchste Zeit, dass du ins Bett kommst, wenn du morgen bei Tagesanbruch aufbrechen willst.«
William verneigte sich formell vor seinem Vater, wie man es ihn gelehrt hatte. Er war froh, dass er jetzt zu alt für Juetas Fürsorge war und seine Ausbildung in den Händen von Rittern und Geistlichen lag. Er wollte ihr nicht ins Gesicht sehen – weder ihr noch einer der anderen Frauen, ihren Komplizinnen bei dieser Verschwörung. Warum hatten alle so beharrlich geschwiegen? Er wusste immer noch nicht, wer seine Mutter war, kannte nur ihren Namen, der für ihn klang, als stamme er aus einer fremden Sprache. Wie mochte sie sein? Was hatte er von ihr geerbt? Sie lebte in ihm, aber wie konnte er in ihr leben, wenn sie ihn kalten Herzens verlassen hatte? Er legte sich
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