Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Richard ihm eigenhändig um die Taille geschlungen hatte.
»Countess.« Er küsste ihr Ohr.
Ida lehnte sich gegen ihn.
»Der Titel klingt noch ganz fremd.«
Sie spürte, wie er an ihrem Hals lächelte.
»Du wirst dich daran gewöhnen.«
»So wie du dich auch.«
»Ich fürchte, ich werde nicht widerstehen können, mich einige Zeit in seinem Glanz zu sonnen«, bekannte er. »Obwohl ich weiß, dass der Preis dafür bald eingetrieben werden wird.«
Trotz der düsteren Worte hörte sie den Stolz und die Befriedigung aus seiner Stimme heraus. Wie weit hatten sie es beide gebracht! Wenn sie über ihre Schulter spähte, schien das unschuldige, von Träumen und Hoffnungen erfüllte Mädchen nur noch ein ferner Fleck am Horizont zu sein. Die Frau, die sie heute war, hatte andere Ambitionen, wohingegen Roger, wie sie vermutete, während seiner gesamten Jugend und seines frühen Erwachsenenlebens stets ein und dasselbe Ziel verfolgt hatte.
Sie hatte gehofft, ihr Erstgeborener würde bei der Zeremonie anwesend sein, aber er hielt sich nicht am Hof auf, sondern setzte seine Ausbildung in der Burg von Dover fort. Ida hatte ihre Enttäuschung verdrängt und sich auf Rogers Triumph konzentriert, aber ein Hauch von Traurigkeit war geblieben.
Roger gab sie frei, legte sich auf das Bett und schob die Hände unter den Kopf. »Während wir in London sind, werde ich nach Steinmetzen und Zimmermännern suchen, die im Frühjahr mit dem Wiederaufbau von Framlingham beginnen können. Und dann muss ich noch einen fähigen Baumeister anheuern. Er soll mir so schnell wie möglich einige Entwürfe vorlegen.«
Ida trat zu ihm, und er zog sie in die Arme. Erwartungsvolle Freude schwang in seiner Stimme mit.
»Framlingham wird die bedeutendste Burg in ganz East Anglia werden – weit beeindruckender als Orford oder Acre. Und diesmal wird sie für die kommenden Generationen errichtet. Wir treten nicht mehr auf der Stelle, sondern bauen eine Zukunft für unsere Söhne und deren Söhne und die Söhne nach ihnen.«
In der Prioratskirche St. Mary in Thetford erhob sich Gundreda von den Knien. Ihre Gelenke waren steif, ihr ganzer Körper schmerzte, und das nicht nur aufgrund der Last der Jahre.
Sie fühlte sich geschlagen, vom Leben besiegt. Sie stand im Begriff, alles zu verlieren, und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte.
Ihr ältester Sohn, der neben ihr am Grab seines Vaters stand, bekreuzigte sich. Er hatte die Unterlippe vorgeschoben und nach unten gezogen, und die Furche zwischen seinen Augen wirkte jetzt wie in Stein gemeißelt.
»Mein Vater hat nie gewollt, dass Roger die Grafschaft bekommt.« Er stieß beim Sprechen so heftig den Atem aus, dass sich das Eichhörnchenfell sträubte, mit dem sein Umhang gesäumt war.
»Ich weiß«, seufzte Gundreda. »Ich weiß.«
Huon presste die Lippen zusammen, bis sie einem umgedrehten Bogen glichen. Gundreda meinte, den Geist seines Vaters vor sich zu sehen.
»Er hat ihn nie gemocht. Ich war derjenige, der bei ihm geblieben ist. Ich lasse mir mein Erbe nicht von diesem dahergelaufenen Bastard abspenstig machen!« Er funkelte das Grab seines Vaters finster an. »Wenn mein Vater seine Frau verstoßen hat, um Gottes Wohlwollen zu erringen, warum um alles in der Welt hat er dann Roger nicht gleich mit davongejagt?«
»Weil er töricht war«, zischte Gundreda. »Weil er einen Fehler gemacht hat.« Auch sie musterte das Grab voller Verachtung. »Und wir bezahlen jetzt dafür.«
»Der Kampf ist noch nicht vorbei«, grollte Huon. »Immerhin werde ich im Heiligen Land an der Seite des Königs kämpfen und mein Halbbruder nicht.«
Gundredas Lippen kräuselten sich.
»Nein, er wird seine große Burg bauen, um seinen Triumph in die Welt hinauszukrähen.« Sie hatte gehört, dass Framlingham von einer massiven, in regelmäßigen Abständen mit Türmen besetzten Mauer umschlossen werden sollte. Die Gerüchte,
die über Rogers Pläne und Absichten im Umlauf waren, machten sie krank vor Bitterkeit. Auf der Straße hatte sie sogar schon mit Steinen und Holz beladene Karren aus Ipswich gesehen und sie aus tiefstem Herzen verflucht, als sie an ihr vorübergerumpelt waren.
»Soll er!«, fauchte Huon. »Der König hört auf mich, das ist zehn Mal mehr wert als ein Haufen Steine. Framlingham wurde schon einmal dem Erdboden gleichgemacht. Warum soll das nicht erneut geschehen?« Er steuerte auf die Tür zu und drängte sich grob an dem Mönch vorbei, der die Schreinlampe neu füllen wollte. Gundreda
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