Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Bauch.
Roger überflog das Schreiben und reichte es mit hochgezogenen Brauen an sie weiter. Ida las die in der säuberlichen Handschrift eines Schreibers verfassten Worte, hörte aber im Geist die Stimme ihres Sohnes, und was er sagte, entlockte ihr einen kleinen Schreckenslaut.
»Der König überträgt ihm also eine Grafschaft«, stellte Roger fest. »Und alles, was er dafür tun muss, ist, ein neunjähriges Mädchen zu heiraten.« Er sah zu Hugh hinüber, der eine Pastete aß, jetzt aber mit dem Kauen innegehalten hatte. »Richard hat seinem Halbbruder Ela of Salisbury zur Frau gegeben«, erklärte er ihm. »Ich gebe zu, dass ich gehofft hatte, sie mit einem von euch verheiraten zu können, aber ich nehme an, aus Richards Sicht eignet sie sich perfekt für Longespee. Durch diese Verbindung erhöht sich sein Rang, aber nicht so sehr, dass er zu einer Bedrohung wird. Salisbury ist nicht groß, aber das Mädchen ist mit William Marshal verwandt.«
Ralph, der auf seinem Steckenpferd vorbeigaloppierte, hatte den letzten Teil des Gesprächs mitbekommen.
»Ich will nicht heiraten.« Er verzog das Gesicht. »Mädchen sind langweilig.«
Rogers Lippen zuckten.
»Das ändert sich, wenn du älter wirst. Aber jetzt musst du dir deswegen noch keine Gedanken machen.«
Ida hegte gemischte Gefühle. Es bedrückte sie, dass ihr ältester, gerade den Kinderschuhen entwachsener Sohn bereits verheiratet werden sollte. Sechzehn Jahre alt und mit einer Neunjährigen verlobt! Andererseits war sie selbst mit sechzehn schon die Mätresse seines Vaters gewesen. Mit einem Anflug von Eifersucht erkannte sie, dass dieses Mädchen das Recht haben würde, sein Leben zu teilen, was ihr selbst verwehrt geblieben war, und unterdrückte die Regung sofort.
»Es ist ein Schritt vorwärts«, meinte sie. »Und der Beweis dafür, dass der König für ihn sorgt.«
»Natürlich gehört ihm die Grafschaft im Moment nur dem Namen nach«, sagte Roger. »Aber sie wird ihm Einkünfte eintragen, und er lernt, mit Macht umzugehen … das Mädchen hat das Recht, die Ehe auflösen zu lassen, wenn es zwölf wird
und mit der Verbindung nicht einverstanden sein sollte – aber ich bezweifle, dass man es dazu ermutigen wird.«
»Hast du für mich auch schon jemanden im Sinn?«, erkundigte sich Hugh mutwillig.
Roger grinste.
»In dieser Frage wird deine Mutter ein Mitspracherecht verlangen.« Er stützte das Kinn auf eine Hand. »Hast du nicht selbst schon ein Auge auf irgendein Mädchen geworfen? Ich habe gesehen, wie du letzte Woche in York Thomas de Bohuns Tochter angeschaut hast – und ich glaube nicht, dass du Ralphs Meinung geteilt hast.«
Hugh errötete leicht, lächelte aber.
»Ich fand sie hübsch«, erwiderte er achselzuckend.
»Gute Mitgift«, meinte Roger nachdenklich.
»Er ist noch zu jung«, fauchte Ida, wohl wissend, dass das Ganze nur eine Spielerei war, aber sie konnte nicht an sich halten. »Er ist dein Erbe. Ich kann verstehen, dass mein ältester Sohn die Gelegenheit beim Schopf ergreift, denn sie bietet sich einem jungen Mann nicht oft, aber bei Hugh haben wir Zeit, um jedes Für und Wider gründlich abzuwägen.«
Sie sah, wie Vater und Sohn einen belustigten Blick wechselten, und fühlte sich ausgeschlossen.
»Allerdings, Liebes«, sagte Roger. »Wir werden lange und sorgfältig nach einer passenden Braut für ihn suchen – und nach einer Schwiegertochter, die deinen Vorstellungen entspricht. Und in der Zwischenzeit müssen wir uns für eine Hochzeit vorbereiten.«
Roger saß mit ausgestreckten, übereinandergeschlagenen Beinen vor dem Feuer und trank vor dem Zubettgehen noch genüsslich einen Becher Wein.
»Die Karren und Packponys stehen beim ersten Tageslicht
bereit«, sagte er zu Ida, wobei er die Ledersäcke, Reisetruhen und Lastkörbe kopfschüttelnd betrachtete. »Wie ich sehe, reisen wir mit leichtem Gepäck.«
Ida setzte sich neben ihn, neigte den Kopf zur Seite und begann ihr Haar zu flechten. Sie hatte die Rosenwasserlotion hineingekämmt, und jetzt verströmte es einen leichten, blumigen Duft. Die Grübchen erschienen in ihren Wangen.
»Ich hätte mehr Platz gehabt, wenn ich die hierlassen würde.« Sie nickte zu der Truhe hinüber, die seine Hüte enthielt.
Roger sah sie gespielt gekränkt an.
»Das ist die Einzige, die wirklich gebraucht wird.« Er rückte ein Stück näher an sie heran und wechselte das Thema. »Also wird dein Sohn der Earl of Salisbury.«
»Eine großartige Nachricht für ihn, obwohl ich
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