Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Brise zerrte heftig daran. Roger hielt seinen neuen Hut mit grimmiger Entschlossenheit fest, ein Anblick, der sie zum Lachen reizte, aber es gelang ihr, sich zu beherrschen. Hugh hatte ebenfalls einen neuen Hut mit juwelenbesetztem Band bekommen, ihn aber in der Kirche abgenommen und nicht wieder aufgesetzt. Der Wind fuhr durch sein goldenes Haar. Ida entging nicht, dass ihm viele bewundernde weibliche Blicke zugeworfen wurden. Marie, die seinen Arm genommen hatte, sah sich nach allen Seiten um und vergewisserte sich, dass auch sie das Objekt männlicher Bewunderung war. Ida nahm sich vor, ein Auge auf sie zu haben, obwohl sie wusste, dass ihre älteste Tochter diese neue Kunst nur erprobte, weil sie sich im Kreis ihrer Familie sicher fühlte.
Ida war selten in Salisbury gewesen. Ursprünglich war es als Palast für einen der früheren Bischöfe der Diözese erbaut worden, der hier wie ein Prinz geherrscht hatte. Später hatte dieser Palast Königin Eleanor während ihrer langen Gefangenschaft beherbergt, und obwohl er befestigt war, glich er mehr einer luxuriösen Residenz als einer Verteidigungsanlage. Die Räume waren prunkvoll ausgestattet. Ida bewunderte die kostbaren Wandbehänge, die üppig bestickten Kissen und die Gläser, in denen der Wein rubinrot schimmerte.
Ihr Sohn rückte seiner Kindfrau den Stuhl an seiner Seite zurecht und achtete peinlich darauf, dass sie wie eine Königin bedient und behandelt wurde.
Das Hochzeitsfest verlief ruhig und würdevoll. Die Männer
durften sich nicht betrinken, und es war von vorneherein klargestellt worden, dass die zotigen Scherze, die sonst bei solchen Anlässen an der Tagesordnung waren, nicht geduldet werden würden. Dennoch fehlte es nicht an Unterhaltung, zu diesem Zweck hatte man eine Gauklertruppe und die besten Musikanten der Grafschaft angeheuert. Die Speisen waren köstlich, die Weine entweder trocken und klar oder süß und süffig – und keiner davon so ungenießbar wie die, die am Hof von Longespees erlauchtem Vater serviert worden waren. In der Halle und auf dem Hof fanden Tänze und Spiele für Kinder und Erwachsene statt. Alles war hervorragend organisiert.
Roger, der sich mit Ida ein mit Rosenwasser bestrichenes Törtchen teilte, seufzte teils belustigt, teils wehmütig.
»Ich wünschte, ich hätte unsere eigene Hochzeit nur halb so gut vorbereitet«, meinte er. »Weißt du noch, wie betrunken der Bischof war?«
Ida lächelte.
»Es war trotzdem ein schönes Fest.« Sie presste ihr Bein gegen das seine. »Und erst die Hochzeitsnacht …«
»O ja.« Er erwiderte den Druck und schüttelte den Kopf, als Longespee den Gästen an seiner Tafel feierlich aus dem Hochzeitsbecher zutrank. »Weißt du«, raunte er Ida zu, während er seinen eigenen Becher zum Gruß hob, »er erinnert mich nicht an einen Höfling, sondern eher an einen König, der Hof hält.«
Ida versetzte ihm einen tadelnden Rippenstoß.
»Er ist stolz auf seine Grafschaft und seinen Titel, das ist alles. Sieh nur, wie höflich er mit Ela umgeht. Und wie viel Mühe er sich mit der Ausrichtung des Festes gegeben hat.«
»Das gebe ich zu, aber ich vermute, das geschah genauso sehr um seinet-wie um ihretwillen. Er liebt Prunk und große Gesten, es ist ein Teil seines Naturells – oder vielleicht eine Folge seiner Erziehung.«
»Gegen gute Manieren ist nichts einzuwenden«, erwiderte Ida scharf. »Und ich finde es eher lobenswert, wenn sich jemand bemüht, ein solches Fest so schön wie möglich zu gestalten.«
»Das leugne ich ja gar nicht. Seine Manieren sind ausgezeichnet«, gab Roger zurück. »Aber ein Mann muss wissen, wie weit er gehen darf. Er hat dies alles ganz ausgezeichnet arrangiert, schön und gut, solange er nicht vergisst, dass er eben kein Prinz ist, auch wenn er einen König zum Vater hat.« Er musterte sie lange und schlug dann einen versöhnlichen Ton an. »Das ist nur meine persönliche Meinung. Du bist zu Recht stolz auf ihn, und heute ist ein glücklicher Tag.«
»Ich möchte, dass er seinen Platz im Leben findet«, sagte Ida. »Und dass er es zu etwas bringt, mehr nicht.«
»Das wird er, an Ausstrahlung mangelt es ihm ja nicht.« Roger verschwieg, dass er nichtsdestotrotz immer im Schatten seiner königlichen Verwandtschaft stehen würde, er wollte ihr nicht unnötig Kummer bereiten. Die Blicke, die Longespee und Hugh gewechselt hatten, waren ihm nicht entgangen, und er wusste, dass es Zündstoff für Probleme gab. Mit den Mädchen und den kleineren Jungen
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