Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
sinken.
»Und was für eine Angelegenheit wäre das?« Er schielte zu seinem Halbbruder hinüber, aber Will schwieg wie üblich; er stand völlig im Schatten der dominanten Persönlichkeit seiner Mutter.
Die Furchen um Gundredas Mund vertieften sich.
»Ihr überprüft für den König, wie viel Geld er von Witwen und Mündeln verlangen kann, nicht wahr?«
»Mein Auftrag lautet, ihren Status zu überprüfen«, stimmte Roger vorsichtig zu.
Gundreda holte tief Atem.
»Dann werdet Ihr wissen, dass ich meinen zweiten Mann verloren habe … und ich gedenke nicht wieder zu heiraten – nie wieder, weshalb ich eine Abstandssumme von hundert Mark biete, um den Rest meines Lebens als ehrbare Witwe zu fristen.«
Roger hob verwundert die Brauen.
»Aber das ist eine Angelegenheit für den Hof, Madam. Warum kommt Ihr damit zu mir? Ich glaube nicht, dass sich jemand gegen Eure Entscheidung aussprechen wird.«
»Ha, da bin ich mir nicht so sicher«, versetzte sie bitter. »Ich möchte nicht, dass mein Hab und Gut von den ›Beamten‹ des
Königs beschlagnahmt oder mir eine dritte Ehe aufgezwungen wird, nur weil ich mich irgendeines Versäumnisses schuldig gemacht habe.«
Roger überging die Anspielung.
»Ich bin sicher, dass die Schatzmeister mit dieser Summe einverstanden sind«, entgegnete er eisig.
Gundreda bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick, der besagte, dass sie ihm kein Wort glaubte.
»Ich möchte mein Leben in Ordnung bringen, und zu diesem Zweck muss ich zusehen, dass meine Söhne versorgt sind. Wir müssen bezüglich der Landsitze Eures Vaters zu einer Einigung kommen. Der König hört auf Euch, und wie es aussieht, wird das so bleiben. Ich kann gegen Euch nicht gewinnen, aber ich kann Euch ein Dorn im Auge sein, das verspreche ich Euch.« Sie stand auf. »Ich bin gekommen, um über eine Beilegung des Streits zu verhandeln. Meine Söhne brauchen Einkünfte – Einkünfte aus ihrem Erbe.«
Roger widerstand dem Drang, sie zu fragen, ob ihre Söhne eigentlich nicht alt genug waren, dass sie ihre Anliegen selbst vortragen konnten. Huon war nicht anwesend, und Will würde von jedem für taubstumm gehalten werden.
»Dann schlage ich vor, dass ihr doch zum Essen bleibt«, sagte er. »Das werden langwierige Verhandlungen.«
Ida saß, über ihre Näharbeit gebeugt, in der oberen Kammer der alten Halle. Vogelgezwitscher drang durch die offenen Läden, und spätnachmittägliches Sonnenlicht ergoss sich über den sauber gefegten Boden. Draußen konnte sie die Kinder im Hof toben hören. Ralph war wie üblich der Lauteste.
»Ich wusste ja immer, dass Gundreda eine zänkische Hexe ist«, bemerkte Roger trocken. »Aber ich habe nicht geahnt, wie zäh sie sein kann.«
Ida nähte weiter, während sie sich zur Ruhe zwang. Sie hatte Roger nichts von dem hitzigen Wortwechsel zwischen ihr und Gundreda erzählt. Sie zog es vor, ihre Wunden im Stillen zu lecken. Außerdem hatte Gundredas Bemerkung über ihren seit Jahren währenden Kampf ihr schlechtes Gewissen geweckt.
»Schade, dass ihr zu keiner Übereinkunft gelangt seid«, meinte sie nach einem Moment.
Roger knurrte.
»Ich werde keine Ländereien aufgeben, für die ich tausend Mark bezahlt habe, und schon gar nicht, um meinen Halbbrüdern zu einer gesellschaftlichen Stellung zu verhelfen, wenn ich an die Zukunft unserer Söhne und Töchter denken muss.« Er verzog die Lippen. »Vermutlich hofft sie, dass mir eine weitere Geldbuße auferlegt wird und mich das zum Einlenken bewegt. Deswegen hat sie auch erzählt, dass sie hundert Mark zahlt, damit sie nicht wieder verheiratet wird. Dadurch ist sie beim neuen Kanzler gleich gut angeschrieben.«
Ida ließ die Nadel sinken.
»Dieser Streit dauert jetzt über zwanzig Jahre. Vielleicht ist es ein kleines Opfer wert, ihn beizulegen.«
Roger kratzte sich sein stoppeliges Kinn.
»Ich bin ja bereit, ihr ein wenig entgegenzukommen, aber nicht jetzt. Das ist wie beim Kauf oder Verkauf eines Pferdes. Man handelt. Sie will Frieden, ich will nicht länger für Land zahlen müssen, das rechtmäßig mir gehört.« Er winkte ab. »Wir kommen ohnehin nicht weiter, wenn sie Huon nicht in die Diskussion mit einbezieht, und ich glaube, der würde sich eher ein Messer in die Brust stoßen, als mit mir zu verhandeln. Aber wir werden ja sehen.«
Ida nahm ihre Näharbeit wieder auf. Marie kam verträumt vor sich hinsummend mit einem Strauß Schlüsselblumen in das Zimmer und griff nach einem irdenen Becher, um sie
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