Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
hineinzustellen.
Dann trat sie zu der Wiege und sang ihrer kleinen Schwester etwas vor.
Leise, damit Marie sie nicht hörte, sagte Ida:
»Ranulf FitzRobert macht einen sehr sympathischen Eindruck.« Sie hielt den Blick auf ihre Arbeit gerichtet, beschwor jedoch in Gedanken das Bild des jungen Mannes herauf, der Gundreda und ihren Sohn begleitet hatte. Er hatte ein angenehmes Auftreten, ruhig aber selbstsicher, und an seinen Manieren war nichts auszusetzen. In Maries Alter wäre Ida sehr von ihm angetan gewesen.
»Er hat mir auch gut gefallen«, stimmte Roger zu.
Ida sah auf und stellte fest, dass er sie mit einem belustigten Lächeln beobachtete.
»Eine Verbindung mit der Familie de Glanville wäre sehr nützlich«, fuhr sie fort. »Ungefähr so, als würde man einen losen Faden an einem Kleidungsstück vernähen, damit er nicht mehr stört. Dann wären wir gesetzlich mit dem Erzbischof von Canterbury verwandt, und uns bleiben ja noch zwei Töchter, die wir anderweitig verheiraten können.«
»Ich hatte für Marie entweder einen Marshal oder einen de Warenne in Betracht gezogen«, erwiderte Roger. »Aber Marshal wird danach trachten, seinen Erben mit Aumale zu vereinen, und er hat ja eine Tochter, sodass wir auch andersherum planen können. Ich stimme dir zu, dass der junge FitzRobert eine Überlegung wert ist. Er soll uns noch einmal besuchen. Lade ihn zur Hirschjagd ein. Er ist ungefähr so alt wie Hugh, ich denke, sie werden sich gut verstehen. Dann können wir weiter über die Sache nachdenken.«
Ida lächelte.
»Ich glaube nicht, dass man ihn zu einem Besuch drängen muss.«
»Du hast was getan?« Gundredas ältester Sohn schaute seine Mutter ungläubig an. »Mein Gott, Mutter, hast du den Verstand verloren? Ich werde nie auf das verzichten, was rechtmäßig mir gehört – nie. Hast du mich verstanden?« Tränen hilfloser Wut glänzten in Huons Augen.
Gundreda zuckte zusammen, als er einen Stuhl mit einem Tritt quer durch den Raum beförderte und dabei nur knapp einen der Hunde verfehlte.
»Ich war nie bei klarerem Verstand«, gab sie kühl zurück. »Ich mag nur nicht mehr kämpfen. Dein Stiefvater war derjenige, der in Gesetzesfragen beschlagen war. Er ist tot, und Longchamp ist tot. Was soll ich denn sonst tun? Wenn du den Kampf weiterführen willst, dann tue das, aber ich werde meine hundert Mark zahlen, damit ich Witwe bleibe und mich in ein Kloster zurückziehen kann.«
Huons Stimme brach.
»Dafür habe ich nicht die Hölle von Outremer erduldet!«
Gundreda schüttelte den Kopf.
»Das weiß ich, aber eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Dein Halbbruder ist zu Verhandlungen bereit, aber er verlangt, dass du dich mit ihm an einen Tisch setzt und von Angesicht zu Angesicht mit ihm sprichst. Ich habe ihm zugesagt, dass du dich in einer Woche in Thetford einfindest.«
Huon verzog seinen Mund zu einem bissigen Lächeln.
»Eher friert die Hölle zu, Mutter. Ich kann immer noch nicht fassen, dass du zu ihm gegangen bist. Du bist nicht besser als eine Hure!«
Gundreda erbleichte und bekreuzigte sich. Will erhob sich und schob sich beschützend vor sie.
»Du gehst zu weit, Bruder!«
»Ich gehe nicht weit genug!«, wütete Huon. »Sie will unser väterliches Erbteil für hundert Mark verkaufen. Wenn das
keine Hurerei ist, was dann? Und du nimmst sie auch noch in Schutz, du elender Wurm. Du bist nicht besser als sie!« Er machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus.
Ein betretenes Schweigen setzte ein, als er gegangen war, und Gundreda senkte den Kopf.
»Alles, was ich will, ist Frieden«, flüsterte sie. »Mein ganzes Leben lang habe ich für ihn gekämpft, und jetzt habe ich keine Kraft mehr. Wie kann er so etwas zu mir sagen?« Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass er zwar von ihrem Blut war, aber vom Charakter her seinem Vater glich, der auch alle Frauen als Huren bezeichnet hatte. Wie sein Vater verstand er es, anderen Menschen weh zu tun. Vielleicht war das die Strafe für das, was sie an diesem Nachmittag zu Ida gesagt hatte – ihre eigene Grausamkeit fiel auf sie zurück.
Will tätschelte ihr unbeholfen die Schulter, dann verließ auch er ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Gundreda barg das Gesicht in den Händen und fragte sich, wie es so weit hatte kommen können.
Huon ließ sich auf den Stuhl neben dem Bett fallen. Er hatte seinem Vater gehört, und er hatte ihn ein paar Tage, bevor sie Framlingham hatten verlassen müssen, heimlich fortgeschafft. Manchmal setzte er sich
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