Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Vaters immer nervös und unsicher. Der Earl hatte in seiner Kammer einen Kriegsrat einberufen, Robert of Leicester und alle älteren Ritter waren anwesend, um mitzuerleben, welche Demütigung Hugh Bigod seinem ältesten Sohn mit seiner scharfen Zunge zuteilwerden ließ.
»Es gibt immer eine Entschuldigung, nicht wahr?«, grollte Hugh. »Selbst wenn ich dir eine ganze Armee mitgeben würde, würde das nicht reichen. Ich wage ja kaum noch, dir irgendeine Aufgabe zu übertragen, weil du fast keiner gewachsen bist.«
Roger winkte ab. Bei der Bewegung schmerzte die Wunde an seiner Hand wie ein Wespenstich.
»Du stellst mir nicht die nötigen Mittel zur Verfügung. Wie soll ich dann das tun, was du von mir verlangst? Du vertraust mir nicht, du traust mir nichts zu, du …«
»Dir etwas zutrauen!« Norfolk entblößte eine Palisade von Zähnen, die nach über siebzig Jahren gelb geworden waren.
»O doch, ich traue dir etwas zu, Junge. Erfahrene Männer zu verlieren, die zu verlieren wir uns nicht leisten können, und dir ein saftiges Lösegeld entgehen zu lassen. Du hast uns wenigstens hundert Mark gekostet, und das ist mehr, als deine Haut wert ist. Was willst du eigentlich noch?«
Roger schluckte. Übelkeit stieg in ihm auf. Manchmal dachte er, nur sein eigener Tod würde seinen Vater zufrieden stellen. Was auch immer er tat, es würde stets das Falsche sein. Gestern
hatten sie die Burg Haughley eingenommen und zerstört. Die Ritter hatten ihnen Lösegeld zugesagt, und den Rest der Garnison hatten sie Leicesters blutdurstigen Flamen überlassen. Rogers Aufgabe hatte darin bestanden, den hinteren Teil des Bollwerks zu sichern, aber sein Vater hatte ihm zu wenig Männer mitgegeben, und so war einigen Verteidigern die Flucht gelungen, wobei sie ein paar von Rogers Soldaten getötet hatten.
»Die jungen Männer von heute sind nicht aus demselben Holz geschnitzt, wie wir es früher waren, Hugh«, meinte Robert of Leicester, der die Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn interessiert verfolgt hatte. »Lasst die Sache auf sich beruhen, es ist nichts mehr daran zu ändern. Wenigstens ist er nicht davongelaufen. Ich bin sicher, wir finden noch einen Platz für ihn, wo er uns nützlich sein kann.«
»Ja, hinter einem Mistkarren«, schnaubte Hugh. Er deutete auf eine Bank. »Halt den Mund, Junge, setz dich, hör zu und beweise, dass du nicht nur Stroh im Kopf hast.«
Mit seinen fünfundzwanzig Jahren hatte Roger seine Knabenzeit schon lange hinter sich gelassen – seit einem warmen Sommertag, als er sieben und im Studierzimmer seines Vaters eingeschlossen gewesen war und voller Qual vom Fenster aus zugesehen hatte, wie seine Mutter, nach der Annullierung der Ehe mit seinem Vater, in ein neues Leben mit einem neuen Mann aufgebrochen war. Innerhalb einer Woche hatte Gundreda ihren Platz in Framlingham eingenommen und neun Monate später Huon zur Welt gebracht. Sein Vater hatte ihn nicht ein einziges Mal liebevoll Junge genannt, es war immer beleidigend oder herabsetzend gemeint. Als Kind hatte er das nicht verstanden, später dafür umso besser. Es ging um Macht, es ging darum, den jungen Bullen nicht die Oberhand gewinnen zu lassen… und es ging um Rache. Seine Mutter war Hugh entkommen, Roger jedoch nicht, und er musste jetzt für sie den
Kopf hinhalten. Jeder sagte, er betrachte die Welt genauso wie sie, und nach der Ansicht seines Vaters war ein solcher Charakterzug unverzeihlich.
Mit gesenktem Blick trat Roger zu der Bank, setzte sich und verschränkte die Arme vor der Brust. Mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand berührte er den Griff seines Schwertes, um Kraft daraus zu ziehen.
»Haughley steht uns nicht mehr im Weg«, begann Leicester. »Aber der Bergfried von Walton steht noch, und dasselbe gilt für Eye.«
Hugh grunzte.
»Eye ist zerstört, und die Garnison wagt sich nicht hinaus, genau wie in Walton. Wir sollten in Mittelengland einfallen, während Henry in der Normandie kämpft und der Justiciar damit beschäftigt ist, die Schotten zu jagen. Sowie sich Leicester in Eurer Hand befindet, können wir uns Richtung Nordwesten wenden und uns Chester anschließen.«
Angesichts der unmissverständlichen Andeutung seines Vaters, dass Leicester seine Armee in seine eigenen Ländereien verlegen sollte, biss sich Roger in die Innenseite seiner Wange. Die Flamen vernichteten Norfolks Vorräte mit atemberaubender Geschwindigkeit und hatten bereits Raubzüge in das Hinterland unternommen.
»Ja, ja.« Ein hartes
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