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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Frau auszuweisen. Jetzt galt es nur noch, sich aus Jorges Griff zu befreien. Er stand direkt hinter ihr und hielt sie um die Taille fest.
    Valeria wartete, bis der Schusswechsel etwas abflaute; dann hob sie abrupt den Kopf und traf mit ganzer Wucht sein Kinn. Er heulte auf, als er sich schmerzhaft auf die Zunge biss, und prompt lockerte sich sein Griff.
    Hastig löste sich Valeria von ihm und rannte los.
    »Claire! Claire! Ich bin es doch, bitte nicht schießen! Claire!«
    Sie kam ganze zehn Schritte weit.
    Mochte auch noch so ein heftiger Schmerz in seinem Mund toben – Jorge wusste, dass sie die Einzige war, die ihn retten konnte, und hatte sie rasch eingeholt. Für seine bisherigen Gefährten war er ein Verräter, für die Soldaten ein Feind. Nur mit ihr als Geisel hatte er eine Chance, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
    Valeria wehrte sich verbittert, ging aus dem Gerangel jedoch als Verliererin hervor. Jorge hielt sie an den Handgelenken gepackt, so dass sie ihn nicht schlagen konnte, und wollte sie zurück in den Schatten der Bäume zerren. Plötzlich erstarrte er.
    Valeria war nicht sicher, ob die Kugel, die ihn getroffen hatte, von seinen Leuten oder den Soldaten abgefeuert worden war. Sie sah nur, wie er ächzend Luft holte, Blut aus dem Mund sprudelte, als er ausatmete, und er im nächsten Augenblick auf sie fiel und sie unter sich begrub.
    Vergebens kämpfte sie darum, den schweren Körper von sich zu wälzen, und währenddessen bemerkte sie mit wachsendem Entsetzen, dass wohl auch Claires Pferd von einer Kugel getroffen worden war. Zumindest bäumte es sich auf und warf wiehernd den Kopf zurück. Sie war sich nicht sicher, ob Claire sich auf dem Sattel halten konnte, denn unter Jorges Leib wurde ihr das Atmen immer schwerer. Die Furcht, zu ersticken, nahm sie ganz und gar gefangen.
     
    Claire konnte sich nicht daran erinnern, ab welchem Zeitpunkt alles schiefgelaufen war.
    Zunächst war sie noch guten Mutes, dass Valerias Entführer überwältigt und ihre Cousine befreit werden konnte. Sie hatte zwar keine Ahnung, wie genau die Soldaten das anstellen würden, aber sie vertraute ihnen und war bereit, mit Luis im Hintergrund zu warten.
    Was genau sie auch immer alarmiert hatte – plötzlich erwachte Unrast in ihr … und ein tiefes Unbehagen. Sie konnte es weder sich selbst noch Luis erklären, schlug jedoch dessen Warnungen aus und ritt den Soldaten nach.
    Luis folgte ihr fluchend und kam – genauso wie sie selbst – gerade noch rechtzeitig, um zu beobachten, wie das Unglück seinen Lauf nahm.
    Der Plan der Soldaten sah vor, das Waldstück zu umrunden, alle Fluchtwege abzuschneiden und Valerias Entführer im Schlaf zu überwältigen, doch ehe sie zur Tat schritten, waren zwei der Paraguayer – ob nun aus Zufall oder weil sie gewarnt worden waren – aus dem Wald gekommen.
    Noch war nichts verloren. Doch einer der jungen Soldaten behielt seine Nerven nicht, wertete die abrupte Bewegung von einem der Männer als Angriff und eröffnete das Feuer.
    »Sind Sie wahnsinnig geworden!«, schrie Luis.
    Es war zu spät. Die zwei Männer aus dem Wald leisteten keine Gegenwehr, aber die Truppe, zu der sie gehörten, fing an, auf die Soldaten zu schießen, und da sie sich hinter den Bäumen verstecken konnte, waren sie klar im Vorteil.
    Gleich zwei Soldaten wurden dicht neben Claire getroffen, und als sie verzweifelt schrie, man möge doch ihre Cousine nicht in Gefahr bringen, hörte niemand auf sie.
    »Du musst fort von hier!«, brüllte Luis. »Die Lage ist außer Kontrolle!«
    Er hatte die Zügel ihres Pferds ergriffen, um sie wegzulotsen, und kurz war sie bereit, ihn gewähren zu lassen, aber als sie einen letzten Blick auf den Wald warf, tauchte plötzlich Valeria auf – oder nein: nicht plötzlich. Sie war die ganze Zeit da gewesen. Viel zu spät begriff Claire, dass sie einer der beiden vermeintlichen Männer gewesen war.
    Nichts konnte sie nun mehr halten. Sie riss Luis die Zügel aus der Hand, gab dem Pferd die Sporen und wollte auf Valeria zureiten. Ehe sie ihr auch nur annähernd nahe kam, sah sie, wie der Mann neben ihr getroffen wurde – womöglich auch ihre Cousine selbst – und die beiden, leblos wie zwei Säcke Mehl, zu Boden gingen.
    Sie schrie, hörte ihre Stimme jedoch nicht. Eine Kugel sauste an ihrem Kopf vorbei, sie achtete nicht darauf.
    Valeria … Sie wollte zu Valeria … Valeria, die unter dem Mann begraben lag.
    Doch das Pferd machte nicht länger, was es sollte. Ob es

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