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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Sandflöhe gruben sich in die Augen der Pferde und mussten herausgeschnitten werden, und einer der Männer drohte, das Gleiche könnte auch ihr passieren, wenn sie nicht achtgab.
    Valeria verging vor Angst, fuchtelte stets mit den Armen herum und konnte nachts nicht mehr schlafen. Doch als sie sich wieder einmal unruhig auf dem Lager wälzte, hockte sich plötzlich Valentín zu ihr und reichte ihr ein Fläschchen: »Reib dich damit ein, das hält das Ungeziefer fern.«
    »Was ist das?«
    »Eau de Cologne. Es hilft auch gegen die Rote Milbe, die in den Wiesen hinter dem Dschungel herumkriechen.«
    »Eau de Cologne?«, rief Valeria verblüfft. »Und so etwas schleppst du durch den Dschungel?«
    »Es hat meiner Mutter gehört. Mein Vater hat es ihr zu einem Hochzeitstag geschenkt. Es war sehr teuer, und man bekommt es nur in Asunción. Es heißt, dass es die Geliebte des Diktators auch verwendet …«
    Ihm musste etwas an ihr liegen, wenn er es ihr gab und zuließ, dass ihr Duft ihn an seine Mutter erinnerte. Heißes Glücksgefühl durchströmte sie, doch ehe sie ihm danken konnte, hatte er sich schon wieder abgewandt und war zu seiner eigenen Schlafstatt zurückgekehrt.
    Nach einigen Tagen war das Dickicht nicht mehr ganz so undurchdringlich, und wenig später endete der Dschungel. Valeria fühlte sich vom blauen Himmel und dem weiten Horizont fast erschlagen. Immer noch war es schwül, aber ihre Kleidung trocknete zum ersten Mal seit langem wieder.
    Von nun an ritten sie über Wiesen, kamen an Feldern mit grünen, rosageäderten Maniokblättern vorbei und an hübschen, strohgedeckten Häuschen, die oft am Ufer eines Flusses errichtet worden waren. Neben Maniok wurden auch Mais und Zuckerrohr angebaut, und an den Rändern der Äcker wuchsen Zitronenbäume.
    Es wirkte so friedlich, als hätte der Krieg hier nie gewütet, wie auch Valentín eines Tages feststellte. »Man könnte meinen, die Welt wäre noch in Ordnung«, murmelte er.
    »Das ist ein Zeichen, dass es weiterhin keine neuen Kampfhandlungen gibt«, sagte Valeria, »wer weiß – vielleicht haben die verfeindeten Länder schon endgültig Frieden geschlossen. Vielleicht könnt ihr auf die Plantage eurer Eltern zurückkehren und sie wieder aufbauen.«
    Valentín schwieg nachdenklich. »Ich fürchte, ich habe nie wirklich zum Bauern getaugt«, wiegelte er schließlich ab.
    »Nun, aber du könntest deinen Traum verwirklichen – nach Europa gehen und dort studieren!«, rief sie eifrig.
    »Dafür fehlt mir wiederum das Geld.«
    »Aber Pablo will mich doch freipressen. Die de la Vegas’ werden gewiss teuer für mich bezahlen – und falls keine Waffen mehr notwendig sind, habt ihr genug Geld, um euch eine neue Existenz aufzubauen.«
    Valentín musterte sie verblüfft: »Du klingst so begeistert, als würdest du es gutheißen, wenn wir deinem Großvater so viel Geld wie nur möglich aus der Tasche ziehen.«
    »Mein Großvater wird nicht so schnell bankrottgehen«, sagte sie leichtfertig. »Aber du hast so viel verloren, und wenn du nur ein wenig davon zurückbekommst, hast du es reichlich verdient.«
    Wieder schwieg er lange. »Die Vergangenheit ist unwiderruflich vorbei«, meinte er dann, »und wenn jemand etwas verdient, so du, dass du wieder heimkehren und dein behütetes Leben weiterführen kannst.«
    Sie wusste nicht recht, was in sie fuhr, aber plötzlich nahm sie seine Hand und drückte sie. »Ich weiß gar nicht mehr, ob ich das überhaupt noch will.«
    Rasch entzog er ihr seine Hand. »An unserer Seite musst du schreckliche Torturen und Ängste durchleiden!«
    »Das auch, aber …«
    Aber zugleich habe ich mich noch nie so lebendig gefühlt, dachte sie.
    Sie sagte es nicht laut, nicht nur weil seine Miene so nachdenklich wurde, sondern weil Pablo zu ihnen aufschloss und plötzlich spottete: »Ist das traute Paar am Schäkern?«
    Seine Stimme klang noch giftiger als sonst. Valentín erwiderte finster seinen Blick, sagte jedoch nichts, und auch die weitere Wegstrecke legten sie schweigend zurück.
     
    Das Land, durch das sie während der nächsten Tage kamen, war sumpfig, flach und vom kräftigen Fuchsschwanzgras übersät, das zurzeit blühte. Die Straßen wurden breiter, standen aber unter Wasser.
    Valentín schwieg weiterhin, und Valeria entging es nicht, dass nicht nur sie ihn stets beobachtete und sich fragte, was wohl hinter der gerunzelten Stirn vorging, sondern auch sein Bruder. Offenbar witterte er dessen wachsenden Widerstand. Gegen Abend hin

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