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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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nicht mit dir um sie kämpfen.«
    Pablo wirkte ehrlich verblüfft, wollte es jedoch ganz offensichtlich nicht eingestehen. »Dann ist es ja gut«, knurrte er knapp. Er wandte sich ab, und erst als er fast die Herberge erreicht hatte, ließ er kaum merklich seine Schultern hängen.
    »Willst du dich nicht von mir verabschieden?«, rief Valentín ihm nach und fühlte trotz aller Entschlossenheit den Schmerz darüber, auch noch den letzten Verwandten zu verlieren. Er ahnte: Wenn sie jetzt voneinander schieden, würden sie sich vielleicht niemals wiedersehen.
    »Nein«, sagte Pablo unerwartet hart. Er betrat das Haus, verharrte zwar kurz auf der Schwelle, drehte sich aber nicht mehr nach Valentín um.
    Der dachte schon, dass er sich nun endgültig Pablos Hass und Verachtung zugezogen hätte, doch was sein Bruder dann sagte, war ihm ein Zeichen, dass nicht alles in Pablo verroht und erkaltet war. »Wenn du dich wirklich nach einem besseren Leben sehnst«, sagte er heiser, »wenn du Frieden suchst und Schönheit, Zärtlichkeit und Liebe – dann dreh dich besser nicht nach mir um, wenn du gehst.«
     
    Nach dem Streit der Brüder schlich Valeria zurück zu ihrer Pritsche und lag dort bis zum Morgengrauen wach. Sie hatte fast jedes Wort gehört, konnte jedoch nicht glauben, dass Valentín tatsächlich einfach fortgegangen war und sie im Stich gelassen hatte. Sie musste etwas falsch verstanden haben, gewiss würde sie morgen früh als Erstes in sein Gesicht sehen. Trotz ihrer Beschwörungsversuche, dass alles gut werden würde, wuchs das Unbehagen. Es raubte ihr den Schlaf, und als sie schließlich doch noch einnickte, wurde sie von einem dunklen Traum gepeinigt. Mit einem Schrei auf den Lippen fuhr sie hoch, um festzustellen, dass die Wirklichkeit noch bedrohlicher als der Traum war. Sie rieb sich eben schlaftrunken und mit vagen Kopfschmerzen die Augen, als sich die Tür öffnete und Pablo im Rahmen erschien. Sonst sah er sie immer höhnisch und herausfordernd an, diesmal konnte sie seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. In jedem Fall wirkte er müde, mitgenommen und gerade deswegen so … gefährlich. Quälte es ihn, dass sein Bruder sich von ihm losgesagt hatte?
    Valeria wollte es immer noch nicht glauben. Sie erhob sich hastig, ging wortlos an Pablo vorbei und blickte sich suchend nach Valentín um. Doch er saß nicht am Tisch, wo eben etwas Maisbrei als Frühstück aufgetischt wurde. Vielleicht war er draußen bei den Pferden, vielleicht war er nur …
    »Er ist fort«, erklärte Pablo plötzlich scharf.
    Valeria unterdrückte die Panik, senkte den Kopf, um zu verbergen, wie sehr ihr seine Worte zusetzten, und nahm schnell am Tisch Platz. Sie versuchte, etwas zu essen, denn sie musste bei Kräften bleiben, und sie gab auch weiterhin vor, dass ihr Valentíns Verschwinden nichts ausmachte, aber während der ganzen Entführung hatte sie sich nie so elend gefühlt wie in diesen Augenblicken. Es war nicht einfach nur die Furcht vor Pablo, die ihr zu schaffen machte, oder das Gefühl, von Gott und der Welt verlassen worden zu sein, sondern die Kränkung über einen Verrat, den sie nicht hatte kommen sehen, und die Enttäuschung, auf den Falschen gesetzt zu haben.
    Sie war sich sicher gewesen, irgendetwas in Valentín tief zu berühren, so wie die Begegnung mit ihm sie unweigerlich verändert hatte, doch in Wahrheit konnte sie ihm nicht viel wert gewesen sein, sonst hätte er sie niemals seinem Bruder und dessen Männern ausgeliefert. Am liebsten hätte sie geweint, stundenlang, tagelang, bis sie keine Kraft und Tränen mehr hatte – aber sie wusste: Sie durfte sich keine Blöße geben und Pablo gar nicht erst auf den Gedanken bringen, sie zu verhöhnen und seine schlechte Laune an ihr auszulassen. Also verhielt sie sich so unauffällig wie möglich und hob ihren Blick erst, als sie fortritten.
    Bis jetzt hatte sie vor Valentín im Sattel gesessen, doch der hatte schließlich sein Pferd mitgenommen, und sie hoffte darum, dass sie fortan mit Tshepo oder Pinon reiten würde. Nicht dass sie ihnen vertraute. Aber von allen Blicken waren ihre die dumpfsten, folglich am wenigsten anzüglich. Doch zu ihrem Schrecken nahm ausgerechnet Pablo sie vor sich aufs Pferd.
    Sie machte sich so steif wie möglich, konnte aber dennoch die Berührung seines Körpers nicht vermeiden. Seinerseits schien ihm diese gar nicht so unangenehm zu sein. Anfangs geschah es eher zufällig, dann wurde es immer augenscheinlicher, dass er mit voller

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