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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Hier auf Guernsey hast Du Freunde. Hier hast Du mich!«

    Manchmal dachte Beatrice, daß es gerade Helene war, die sie fernhielt von Guernsey. Ihre Nähe ertrug sie nicht, ihr Gebaren von Familie und Zusammengehörigkeit. Sie selbst empfand Helene nicht im mindesten als die Ersatzmutter, als die diese sich so gern sah. Einmal hatte Mae sie in London besucht, und sie hatte mit ihr über das Problem Helene gesprochen. Mae war erstaunt gewesen.
    »Wir dachten alle, du hängst so sehr an ihr. Wenn das nicht so ist, warum wirfst du sie dann nicht hinaus? Welches Recht hat sie noch, sich in deinem Haus breitzumachen? «
    » Ich kann sie nicht wegjagen.«
    »Du bist nicht für sie verantwortlich.«
    Natürlich war sie das nicht. Aber da sie es im Moment wohl so oder so nicht auf Guernsey ausgehalten hätte, war es nur bequem, einen Menschen zu haben, der sich um das Haus kümmerte. In gewisser Weise bedeutete Helene auch einen Aufschub in der Frage, was aus dem Besitz ihrer Eltern werden sollte. Sie konnte noch ein wenig abwarten. Sich ihrer Depression hingeben und auf Lösungen hoffen, die von der Zeit gebracht würden.
    Beatrice ging praktisch nie aus, selten einmal in ein Pub, und das nur, wenn sie ein wenig Geld übrighatte, was kaum jemals vorkam. Sie zögerte, als sie Ende November von einer ihrer Schülerinnen zu einem Klavierabend eingeladen wurde.
    »Ich weiß nicht, ob ich zu Ihren Freunden richtig passe«, meinte sie vorsichtig, »vielleicht sollte ich lieber nicht kommen.«
    »Oh, natürlich passen Sie zu unseren Freunden!« rief Mrs. Chandler. »Beatrice, Sie sind eine so reizende Person, Sie müssen mir einfach die Freude machen!«
    Mrs. Chandler war eine äußerst exaltierte Dame, und Beatrice ahnte, daß sie es als sehr interessant und ausgefallen empfand, die Französischlehrerin zu einem geselligen Beisammensein aufzufordern. Die Chandlers wohnten in einem großen, schönen Haus in Windsor, und im Grunde ging Beatrice gern dorthin, auch wenn der Weg eine halbe Weltreise für sie darstellte. Der Gedanke, sich an einem dunklen, kalten Novemberabend auf den Weg dorthin zu machen und in tiefer Nacht zurückzukehren, war nicht verlockend, eher beängstigend, aber sie kam zu dem Schluß, daß
sie keine Wahl hatte. Mrs. Chandler bezahlte sie nicht nur großzügig, sie steckte ihr auch häufig Lebensmittel zu oder schenkte ihr abgelegte Kleider. Es wäre dumm von ihr gewesen, gerade diese Frau zu kränken.
    Sie fand den Abend zunächst ziemlich schrecklich. Es war ihr nichts übriggeblieben, als ein Kleid zu tragen, das Mrs. Chandler ihr gegeben hatte, denn sie fand unter ihren eigenen Sachen beim besten Willen nichts, was den Ansprüchen einer feinen Abendgesellschaft genügt hätte. Sie wußte, daß sie die ganze Zeit über unter der Vorstellung leiden würde, daß jeder der Gäste das schwarze Samtkostüm kannte, in dem sie selbst sich fremd und seltsam unecht vorkam. Es war nicht allzu schwierig, bis Windsor zu gelangen, aber es war ein ziemlich weiter Fußweg von der Busstation bis zum Haus der Chandlers. Für gewöhnlich lief sie ihn bei Tag, und er bereitete ihr nicht allzu viele Probleme, aber an diesem dunklen, kalten Winterabend dehnte sich die Zeit zu einer Ewigkeit aus. Der Nebel befeuchtete ihren Mantel, schien durch das fadenscheinige Gewebe bis zum Kostüm und von dort bis zur Haut vorzudringen. Sie hatte vergessen, einen Hut oder ein Kopftuch mitzunehmen, und wußte, daß ihre Haare naß am Kopf klebten. Als sie das Haus der Chandlers endlich erreichte, glühten ihre Wangen von der Kälte, und in einem Spiegel, der im Eingang hing, stellte sie fest, daß sie wie eine struppige Katze aussah. Sie war zu mager. Sie hatte das Kostüm enger genäht, aber es schlabberte immer noch an ihr.
    Ich bin ungefähr so attraktiv wie eine Vogelscheuche, dachte sie resigniert.
    Es waren an die sechzig Gäste versammelt. Alle schienen sie äußerst wohlhabend zu sein; ausnahmslos sah Beatrice gute Kleidung und wertvollen Schmuck.
    »Oh«, meinte eine Dame, die ein bodenlanges Spitzenkleid trug und sich zu stark parfümiert hatte, »wie apart! Das Kostüm sieht an Ihnen ganz anders aus als an Mrs. Chandler! Sie sind wesentlich schlanker, nicht?«
    Sie schien keine Antwort zu erwarten, drehte sich um und begrüßte eine Bekannte, indem sie einen Entzückensschrei ausstieß und ihr um den Hals fiel. Dieses Gebaren war, wie Beatrice feststellte, absolut üblich und schick in der guten Gesellschaft. Man
demonstrierte

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