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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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färbt
sich in beängstigender Schnelle zusehends rot. Gleich eines unheilverkündenden
Schleiers legt sie sich auf ihren bleichen Leib und führt in aller Deutlichkeit
vor Augen, was Joan nicht auszusprechen wagte. Es bewirkt, dass Amál
verzweifelt in sich zusammensinkt. Bebend tastet er über das Rot der Decke.
    Joan beruhigt seinen kleinen
Sohn, indem sie ihn wiegt.
    „Miriam. Ich liebe dich.“ Amál krallt
die Finger schluchzend in die Decke. „Lass mich nicht allein mit unseren
Kindern. Du musst doch sehen, wie sie groß werden.“
    Miriam seufzt plötzlich und
wendet ihm das Gesicht zu. Mit geschlossenen Augen haucht sie ihren letzten
Atemzug aus.
    Amál fließen stille Tränen
übers Gesicht. Dann wirft er sich schluchzend über sie und schreit seinen
Schmerz hinaus.
    Joan schluckt erschüttert. Sie
streicht ihm mitfühlend über den bebenden Rücken und bleibt noch etwas, um ihm
Trost zu spenden. Sein Sohn auf ihrem Arm ist eingeschlafen, so dass sie den
Kleinen aufs Bett neben seinen Vater legt. Schwerfällig erhebt sie sich
schließlich, um zum gegenüberliegenden Fenster zu gehen. Sie öffnet es nach
gebotenem Ritus. Miriams Seele soll ungehindert weichen können. Joan wendet
sich wieder Amál zu, dessen untröstliches Schluchzen ihr das Herz noch schwerer
macht.
    „Amál.“ Sich wieder neben ihn
setzend fasst sie ihn eindringlich bei der Schulter, so dass er die geröteten
Augen auf sie richtet. „Lass sie in Frieden ziehen.“ Als er daraufhin ihre Hand
umklammert und das Gesicht gegen ihren Schoß drückt, richtet sie den Blick
hilflos gegen den Baldachin. Erneute Tränen erzwingen sich ihren Weg.
Beschwichtigend streicht sie Amál durchs Haar. „Du wirst Trost in euren Kindern
finden“, versucht sie, ihn mit belegter Stimme zu besänftigen. „Sie brauchen
dich jetzt. Sieh sie dir an. Sie sind wunderschön. Für sie gab Miriam ihr
Leben.“
    Amál jedoch schüttelt den Kopf.
„Ich hasse sie dafür. Sie sind Schuld an ihrem Tod.“
    Joan starrt ungläubig auf ihn
herab und findet keine Worte.
    „Nimm sie weg, sonst tue ich
ihnen noch etwas an“, ruft er außer sich, wobei er den Kleinen mit einer
fahrigen Bewegung von sich stößt, ohne ihn überhaupt eines Blickes gewürdigt zu
haben. Sein Sohn beginnt, aus dem Schlaf gerissen jämmerlich zu weinen,
woraufhin dessen Schwester einstimmt. Amál indes beugt sich wieder über Miriam
und überlässt sich seinem untröstlichen Schmerz.
    Joan erhebt sich wie im Traum
und nimmt beide Kinder an sich. Als sie sich mit ihnen zur Tür wendet, blickt
sie in Awins tränenüberströmtes Gesicht.
    Diese nimmt ihr ein Kind ab.
„Lassen wir ihm Zeit, zu sich zu finden“, murmelt sie mit mühsam beherrschter
Stimme.
    Sie verlassen das Gemach und
stoßen auf John. Er streift die Säuglinge mit flüchtigem Blick und sieht ihnen
bestürzt in die verquollenen Gesichter. „Ist sie ...“
    Als sie bedrückt nicken,
taumelt er zurück gegen die Wand, an die er angelehnt einen ersten Halt findet.
Joan ergreift seine Hand und drückt sie mitfühlend. Schlaff entgleitet sie ihr.
    Er betrachtet sie mit
schmerzerfüllter Miene. „Das ist nicht gerecht“, entgegnet er mit tonloser
Stimme.
    Sie nickt und gibt ihm seine
Enkeltochter in die Arme. Er nimmt sie ihr verwirrt ab, betrachtet das kleine
Gesicht.
    Awin fasst ihn beim Arm. „Komm.
Wir müssen ihnen Namen geben und eine Amme für sie finden.“
    Joan blickt ihnen aufgelöst
hinterher, wobei sie sich das Gesicht trocken wischt. Sie muss plötzlich an
Malcoms Worte denken und lächelt verbittert. Er hat Recht behalten. Sie kann im
Angesicht dieses Schicksalsschlages keinen Neid mehr über die Zwillinge
empfinden.
    Scheinbar ohne ihr Zutun setzt
sie einen Fuß vor den anderen und schreitet die Treppe zur Halle hinab.
Fröhliche Stimmen und Gesang schlagen ihr wie aus einer anderen Wirklichkeit
entgegen. Sie bleibt im Türrahmen stehen und sucht Malcoms hochgewachsene
Gestalt. Er lehnt in Gesellschaft einiger seiner Männer neben dem Kamin an der
erwärmten Wand. Bei Joans Anblick stößt er sich beunruhigt von dieser ab.
Langsamen Schrittes zwängt er sich an den anderen vorbei und steuert auf Joan
zu. Sie senkt den Blick, da ihr wieder Tränen in die Augen schießen. Er steht
schließlich vor ihr und drückt ihren Kopf behutsam am Kinn nach oben, so dass
sie ihm ins fragende Gesicht blickt.
    Durchatmend wischt sie sich mit
dem Ärmel ihres Kleides übers feuchte Gesicht. „Miriam starb vor

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