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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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noch
nicht daran denken mag, wieder aufzubrechen. Denn es ist der Tag, an dem sie
Abschied von den Kindern nehmen. Sie werden sie viele Wochen lang nicht sehen.
Gestern traf Gerold ein. Morgen brechen sie nach London auf.
    Ulmans Flötenspiel verstummt.
Sie spürt ihn an ihrer Seite und lächelt. Als er ihre Hand ergreift und sie auf
die Innenfläche küsst, blinzelt sie. Er schenkt ihr ein Lächeln, blickt
daraufhin versonnen nach vorn in den Wald hinein und dann zu Leander.
    „Ich werde ihn vermissen. ...
Es ist, als wäre es ein Abschied für immer.“
    Joan seufzt schwermütig. „Was
soll ICH sagen. Du wirst ihn mir einfach nehmen, wenn wir zurück sind“,
entgegnet sie leise. Sie spürt seinen Blick, erwidert ihn jedoch nicht.
    Er kommt ganz nah an ihr
Gesicht, drückt es am Kinn nach oben und küsst ihren Mund. „Wirst du es mir je
verzeihen?“ Sein unschuldiges Lächeln entwaffnet sie.
    „Nein“, beharrt sie lautstark,
muss jedoch grinsen, als er den Betretenen mimt. Sie atmet durch und betrachtet
ihn versonnen. „Ach Ulman, wie könnte ich dir je etwas verübeln. Ihr werdet mir
BEIDE schrecklich fehlen.“
    Er setzt sich zurück und
betrachtet die Flöte in seinen Händen. „Ich mag noch nicht daran denken, wie es
sich anfühlen wird, wieder getrennt von dir zu sein.“
    Leander krabbelt an ihn heran
und beißt ihm mit zahnlosen Kiefern in die Hand. Es heitert sie beide etwas
auf. Ulman nimmt ihn auf den Schoß, streicht ihm über die bereits beachtlich
gewachsenen blonden Locken. „Er wird mir ein Trost sein.“
    Joan betrachtet beide
verstohlen. Sie gleichen sich erstaunlich, bilden eine harmonische Einheit, als
könne nichts auf der Welt sie trennen. Wie vermessen von ihr, sich zwischen sie
drängen zu wollen. Sie räuspert sich. „Wir können uns doch ab und zu besuchen“,
schlägt sie vor.
    Er schnieft nachdenklich.
„Würde beträchtlich eng für eure zehn Ritter in einem einfachen Stadthaus
werden.“
    „Du hast nicht vor, auf Malcoms
Angebot einzugehen“, fragt sie überrascht, worauf er entschieden den Kopf
schüttelt.
    „Du wirst es vielleicht nicht
verstehen, doch ich will der Waffengewalt den Rücken kehren“, erwidert er,
wobei er sie fest ins Auge fasst. „Ich habe genügend Menschenleben auf dem
Gewissen. Mich interessieren vielmehr diese wundervollen, friedlichen Kräfte,
die sich mir durch Fiona offenbarten. Ich will mehr über sie wissen.“
    Sie schweigen nachdenklich.
    Joan nickt plötzlich. „Ich
verstehe dich besser, als du womöglich glaubst. Leider wurde mir dieser Weg
bisher verwehrt. Als ich Rian, den Heiler, darum bat, mich zu unterrichten,
lehnte er es schlichtweg ab. Und dabei wollte ich lediglich mit diesem Wissen
heilen, hatte also die besten Absichten. Er hielt mich für nicht reif,
fürchtete, ich könne diese Kräfte missbrauchen. Und so argwöhne ich ständig,
diese Mächte könnten sich gegen mich wenden, wenn ich so unerfahren von ihnen
Gebrauch mache.“
    „Jener Heiler, der an Leander
interessiert ist“, fragt er aufmerksam. Auf ihr Nicken hin runzelt er die
Stirn. „Nun, das verstehe ich nicht. ... Ich meine, es ist mir noch nicht
widerfahren, dass mir diese Gabe schadete, und ich sehe sehr oft mit dem
zweiten Blick. ... Du musst doch lediglich wissen, wie man sich dem Zugriff
durch andere verschließen kann.“
    Sie betrachtet ihn verblüfft.
„Das ist möglich?“
    Er mustert sie betroffen. „Das
weißt du nicht?“
    Sie schüttelt den Kopf. „Fiona
konnte mir nichts mehr erklären, dir jedoch schon.“
    Er atmet aufgewühlt durch. „Du
musst deinen Geist verschließen, ZU machen, wenn du nicht mehr mit dem zweiten
Blick siehst. Sonst bist du für jedermann, der etwas davon versteht,
zugänglich. Selbst Menschen, die nichts darüber wissen, können unbewusst Kraft
von dir ziehen, falls du dich nicht verschließt. Wenn du beispielsweise Mitleid
für einen Kranken empfindest, öffnest du dich ihm bereits und er kann sich auf
deine Kosten kräftigen.“
    Joan schluckt. „Gut, ich werde
es beherzigen.“
    Er nickt. „Alles Weitere
erfährt man, indem man einfach SIEHT. Zumindest halte ich es so.“
    „Fürchtest du nicht, du
könntest, wie ich eben, anderen grundlegenden Dingen gegenüber ahnungslos sein?
Man könnte versehentlich Steine ins Rollen bringen, die nicht mehr aufzuhalten
sind.“
    Er betrachtet sie nachdenklich.
„Vielleicht. Doch ich muss zugeben, zu versessen darauf zu sein, um mir solche
Gedanken zu machen.“
    Es kann Joan

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