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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Menschenauflauf etwa hundert Schritt vor ihr
bannt ihre Aufmerksamkeit. In einem weiten Bogen steuert sie eilig darauf zu.
Lautes Klirren schnell aufeinander schlagenden Stahls zeugt von einem heftigen
Schwertkampf. Sie bahnt sich angestrengt einen Weg zwischen den dichtgedrängten
Gaffern hindurch und reißt die Augen auf, als sie Malcom gegen diesen Percy
fechten sieht. Seine Hiebe erfolgen unglaublich schnell und präzise. Schlag auf
Schlag vermag er Percy mehr zu bedrängen, fügt dessen Tunika einen weiteren
Schlitz zu, aus welchem Blut hervorquillt. Sie hält gespannt den Atem an. Noch
nie sah sie jemanden so vortrefflich fechten. Dabei scheint er kaum bei der
Sache, sieht gehetzt immer wieder in jene Richtung, in die sie verschleppt
wurde. Doch Percy weiß sich gut zu verteidigen. Ihr geht auf, dass er Zeit schinden
will, um seinem Kumpan Gelegenheit zu geben, sie zu töten. Stets, wenn Malcom
von ihm ablassen will, greift er ihn erneut an.
    Eine große Hand auf ihrer
Schulter lässt sie zusammenfahren. Sie gehört zu Phil.
    „Mal“, ruft dieser laut und hat
damit dessen Aufmerksamkeit. Malcom lässt überrascht von Percy ab. Sie bemerkt
noch, wie sich die Menge neben ihr teilt, um eine Gasse frei zu machen, als
Percy Malcom einen fürchterlichen Schwerthieb gegen den Bauch versetzt, so dass
dieser keuchend auf die Knie geht. Trüge er kein Kettenhemd, wäre es ein
Todesstoß gewesen.
    „Lauf, Joan“, raunt Phil. Er
stößt sie in die wundersame Gasse hinein und stellt sich Percy in den Weg. Sie
lässt es sich nicht zweimal sagen, da Percy sie bereits siegessicher ins Auge
gefasst hat und auf sie zu stürzt. Sie blickt wieder nach vorn. Im selben
Moment prallt sie schmerzhaft mit einem gepanzerten Soldaten zusammen und
schlägt hin. Ihr schmerzt der Schädel, als man sie am Schlafittchen packt und
auf die Beine zerrt. Benommen findet sie sich in genau jenem unbarmherzig
würgenden Griff wieder, in welchem sie sich vor kurzem noch bei Percy befand.
Nur steht dieser nun direkt VOR ihr, wie sie verschwommen wahrnimmt.
    „Was geht hier vor sich“, ruft
eine tragende Stimme hinter ihr. „Chardon, de Percy?“
    Ihr Blick nimmt allmählich
wieder die gewohnte Schärfe an. Malcom erhebt sich mit einer über den Bauch
gelegten Hand. Percy starrt auf einen Punkt hinter ihr. Beide verneigen sich
plötzlich.
    „Sirs, Ihr seid mir eine
Erklärung schuldig“, fordert die tragende Stimme in ihrem Rücken. „Ich ließ euch
hier zusammengekommen, um gegen die Schotten zu kämpfen. Nicht, um eure Fehden
auszutragen! Diese habt ihr hier zu vergessen!“
    Malcom räuspert sich und nickt
zu Percy hinüber. „Er hatte vor, meinen Knappen zu töten, mein König.“ Er zeigt
auf Joan. „Jenen Knaben dort in der Hand Eures Marschalls.“
    Man entlässt Joan aus dem
harten Griff und dreht sie an der Schulter herum. Sie blickt einem
hochgewachsenen Mann in leichter, schlichter Rüstung ins Gesicht, dessen Kopf
eine einfache Krone ziert. Er mag wie Malcom an die Dreißig sein und ist von
athletischer Gestalt. Auf seinem Wappenrock sind die drei goldenen Löwen auf
rotem Grund, das Wappen Englands, welches nur der König führt, abgebildet.
Verwundert verneigt sie sich vor ihm.
    „Wie ist dein Name?“
    Sie blickt ihn zögerlich an.
Soll sie den König belügen? „Jack, Eure Majestät“, erwidert sie mit unfester
Stimme und räuspert sich, um sie fester klingen zu lassen. „Sohn des ehemaligen
Earls of Thornsby.“
    Er nickt. „Diese Geschichte kam
mir zu Ohren. ... Ist es wahr, dass dir Roger de Percy nach dem Leben
trachtete?“
    Sie wendet sich nach Percy um
und zeigt mit dem Finger auf ihn. „Wenn jener Mann dort diesen Namen trägt,
dann ist es wahr.“
    Percy weicht unter Edwards durchdringendem
Blick einen Schritt zurück. Dann strafft sich seine Haltung und ein
selbstgefälliges Lächeln umspielt seinen Mund. „Er lügt. Ich wollte ihm
lediglich eine Abreibung verpassen, weil er mir tölpelhaft vor die Beine
rannte.“
    „Das ist nicht wahr“, erwidert
Joan seelenruhig.
    Edward nickt. „Wer kann
bezeugen, dass der Junge die Wahrheit spricht“, fragt er laut in die Runde der
zahlreichen Umstehenden hinein.
    Man tauscht verunsicherte
Blicke. Phil und Gerold treten hervor. Daraufhin wagen es noch fünf andere
Männer.
    „Er hatte ihm den Dolch an die
Kehle gesetzt und gab zu verstehen, dass er ihn nicht leben lassen könne“,
erklärt ein älterer Waffenknecht.
    Edward registriert es mit
ausdrucksloser Miene

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