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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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mir gut zu“, fährt er mit
ernster Miene fort, wobei er flüchtig in Richtung des anschwellenden
Hundegekläffs sieht. „Du versuchst jetzt, zu fliehen. Ich unternehme alles, um
sie aufzuhalten.“
    „Niemals“, empört sie sich
lauthals, verstummt jedoch, da er ihr schmerzhaft die Schulter drückt.
    „Schweig, verdammt. Sie kriegen
mich auf jeden Fall. Ich kann ihnen nur schlecht weglaufen. Und zusammen sind
wir zu schwer für Brix. Wir wären zu langsam.“
    Sie öffnet ihren Mund für einen
Einwand, doch er schneidet ihr mit einer unbeherrschten Geste das Wort ab.
    „Du versuchst, dir Brix zu
schnappen und schlägst dich nach Northumberland durch, wie ich dich bereits auf
dem Schlachtfeld hieß. Dort begibst du dich nach Farwick, meiner Baronie. Brix
wird den Weg finden. Frag’ nach Noseless John, meinem Steward. Du kannst ihm
vertrauen. Sage ihm, wer du bist und verharre auf der Burg, bis die
Lösegeldforderung eintrifft. Schätze, sie wird nicht lange auf sich warten
lassen.“ Er atmet durch. „Falls etwas fehlschlägt, ... du musst versuchen,
deinen Vater ausfindig zu machen. Er sitzt gottverlassen in irgendeinem
verdammten schottischen Kerker und wartet auf seine Auslösung. Er hat weder
eine Ahnung von seiner Verurteilung wegen Hochverrates, noch, dass nur noch du
von seinen Kindern übriggeblieben bist. Percy hat ganze Arbeit geleistet.“ Er
blickt auf und pfeift nach Brix, der bereits zwischen den Bäumen zu erkennen
ist. Dann sieht er wieder auf Joan hinab, die ihn mit aufgerissenen Augen
anstarrt. „Ich habe bisher vergeblich nach ihm gesucht. Nimm von meinem Geld,
was du dafür benötigst. Sag’ Noseless John, du wärst meine Braut, was ja nicht
ganz gelogen ist. Er wird noch wissen, dass wir uns einst als Kinder
versprochen waren und nicht viel fragen.“ Er dreht sich nach Brix um, dessen
Hufdonnern jetzt ganz nah ist. Hinter ihm hetzen dunkle, zerzauste Hunde her,
bei deren bedrohlichem Anblick Malcom geräuschvoll das Schwert zieht und sich
nun etwas von Joan entfernt. „Durch Schottland reite nur des nachts“, ruft er
ihr zu. „Sei immer und vor jedem auf der Hut.“ Er empfängt Brix und dreht sich
nach Joan um. Sie ist in Fassungslosigkeit erstarrt.
    „Du musst leben,
Joan.“ Er weicht ihrem verwirrten Blick aus, während sie unsicher auf
ihn zu kommt, rammt sein Schwert in den weichen Waldboden, packt sie unter den
Armen und befördert sie etwas unsanft auf Brix hinauf. Im letzten Moment, bevor
die Wolfshunde bei ihm ankommen, zieht er das Schwert aus dem Boden. Den ersten
von ihnen streckt er mit einem gnadenlosen Hieb über den großen Schädel nieder.
Die anderen halten daraufhin verunsichert kläffend mit gefletschten Zähnen
Abstand. Malcom blickt aufgebracht zu Joan hinauf. „Worauf wartest du,
verschwinde!“
    Eilig nimmt sie das Amulett von
ihrem Hals ab, küsst es, während sie sich zu ihm herab beugt, und streift es
ihm über den Kopf. „Dem zum Schutze, wem du anvertraut“, murmelt sie, wobei sie
Malcom die Stirn küsst. „Gott sei mit dir“, flüstert sie aufgewühlt. Dumpfes
Pferdegetrappel lässt sie erstarren.
    Malcom indes schlägt Brix mit
voller Wucht gegen den Hinterschenkel. „Lauf nach Hause Brix!“ Das Pferd geht
hoch und macht einen Satz nach vorn. Joan kann sich nur krampfhaft halten, als
sie von dem Tier auch schon davongetragen wird.
    Brix läuft schnell. Zuverlässig
sucht er sich seinen Weg zwischen den Bäumen hindurch. Joan lässt ihm freien
Lauf. Ihr schwirrt der Kopf. Das alles geschieht nicht wirklich. Es kann nicht
sein, dass sie Malcom im Stich lässt. Den Mann, welchen sie liebt. Was ist ihr
Leben schon noch ohne ihn wert? Just in diesem Augenblick werden sie ihn
stellen. ... Wie kann er ihr nur so etwas zumuten! Ihr trübt sich der Blick.
Schniefend fährt sie sich eilig über die Augen. ... Nein, er hat Recht. Sie
muss ihn auslösen, vielleicht gar ihren Vater. Beim Gedanken an diesen schießen
ihr die Tränen nur so in die Augen, so dass sie sich halb blind an Brix’ Hals
schmiegt. Ihr Vater lebt! Doch warum musste er ausgerechnet in diesem Moment
wieder auferstehen? Sie hätte sonst nichts dazu bewogen, Malcom zu verlassen.
Er muss es gewusst haben! ... Es hat dennoch etwas beunruhigend Endgültiges,
dass er sie im Angesicht der erneuten Gefahr so eilig einweihte. Glaubte er,
sie sähen sich nicht wieder? ... Erneut versucht sie, sich die Tränen wegzuwischen.
Doch es kommen immer wieder neue nach. Sie darf Malcom nicht

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