Die roten Blüten der Sehnsucht
dass sie genesen wird«, sagte die Köchin, während sie über den Hof zum Haupthaus zurückgingen. » Wenn sie gestorben wäre, hätte sich das Problem von selbst erledigt. Ich hoffe nur, die Kerle kriegen keinen Wind von der Sache, bevor Master Ian wieder zurück ist! Wenn Sie meinen Rat hören wollen, Ma’am: Sagen Sie Lady Chatwick und diesem komischen Kauz besser nichts davon. Und der Zierpuppe lieber auch nicht.«
» Wären Sie sehr überrascht, wenn ich Ihnen sagte, dass meine Cousine mit Pistolen besser umgehen kann als ich?«, gab Dorothea leicht pikiert zurück. Mrs. Perkins wurde allmählich wirklich etwas zu selbstherrlich. Von Catriona als Zierpuppe zu sprechen, stand ihr nicht zu. » Sie ist gerade mit Robert bei Schießübungen.– Da, das dürften sie sein.« Aus einiger Entfernung war ein bellender Schuss zu hören gewesen.
» Tatsächlich?« Die Köchin wirkte nicht übermäßig beeindruckt. » Na, ich hoffe nur, dass sie sich im Ernstfall rasch genug entscheiden kann, welches Kleid dazu passt.«
Tatsächlich war Catrionas umfangreiche Garderobe schon Gegenstand einiger spöttischer Kommentare in Küche und Wäschekammer gewesen. Einige davon hatte Dorothea mitbekommen, wenn sie Trixie dabei half, die zahllosen Falbeln und Rüschen zu bügeln. Einmal, ganz zu Anfang, hatte sie ihre Cousine im Scherz gefragt, ob sie immer mit ihrem gesamten Kleiderschrank verreiste.
» Das ist doch nur ein kleiner Teil meiner Garderobe. Gerade einmal das Nötigste«, hatte Catriona in aller Harmlosigkeit erklärt. » Die Abendroben und die meisten Nachmittagskleider habe ich gar nicht einpacken lassen. Nur die Reisekleider und ein paar schlichte Besuchskleider.« Mit einem leisen Seufzer hatte sie die üppige Pracht gemustert. » Wahrscheinlich ist alles hoffnungslos aus der Mode, wenn ich zurückkomme.– Gibt es in Adelaide eigentlich eine gute Modistin?«
Dorothea hatte gezögert, ihre Mutter zu nennen. Zwar waren ihre Entwürfe ausgesprochen begehrt, aber würde sie Catrionas Ansprüchen genügen können? Zudem unterschieden sich die Anforderungen der hiesigen Garderobe beträchtlich von denen Englands! Hier in Südaustralien trug man lieber leichte, bequeme Modelle und nahm dafür gerne Abstriche am Erscheinungsbild in Kauf. Wer wie Catriona selbst im australischen Sommer darauf bestand, das volle Dutzend Unterröcke zu tragen, der würde über solche Gesichtspunkte wie Bequemlichkeit verächtlich die Nase rümpfen.
Catriona hatte ihr Zögern falsch interpretiert. » Entschuldige, ich wollte mich wirklich nicht über eure Provinzialität lustig machen«, hatte sie gesagt und schleunigst das Thema gewechselt.
Beim Lunch erwies es sich als nicht gerade leichte Aufgabe, Roberts Begeisterung über die Kunstfertigkeit seiner Tante mit den Pistolen zu zügeln. » Sie hat auf zwanzig Schritte direkt den Pfosten getroffen«, berichtete er bewundernd. » Und nicht nur ein Mal, sondern fast jedes Mal!«
» Eine richtige Amazone!«, bemerkte Lady Chatwick erstaunt. » Dann brauchen wir die Männer ja gar nicht mehr zu unserem Schutz. Miss Grenfell, wo haben Sie denn so vortrefflich zielen gelernt?«
» Ach, so hier und da habe ich mir ein paar Kniffe beibringen lassen«, gab die Angesprochene leichthin zurück. » Es ist wirklich nicht schwer. Wenn Sie möchten, bringe ich es Ihnen bei.«
» Um Gottes willen, nein!« Lady Chatwick erschauerte sichtlich. » Ein solches Teufelszeug rühre ich um nichts in der Welt an. Nachher explodiert es mir noch in der Hand!«
» Nur, wenn man sich sträflich dumm anstellt.« Catriona lachte. » Mit den neuen Perkussionswaffen ist es ein Kinderspiel: Das Pulver misst man im Deckel ab, und die Zündhütchen aufzusetzen, ist ebenfalls keine Zauberei. Robert hat es sofort begriffen.«
» Du hast ihn mit der Waffe hantieren lassen?«, fragte Dorothea entsetzt.
» Nur beim Laden.« Catriona sah zu Robert hinüber und schenkte ihm ein komplizenhaftes Lächeln. » Nicht wahr, Robert, es ist wirklich ganz einfach, oder?«
» Ja, das ist es«, stimmte er ihr eifrig zu. » Mama, sie hat versprochen, mir das Schießen damit beizubringen!«
» Nur, wenn deine Mutter es erlaubt«, warf Catriona ein. Sie sah Dorothea fragend an: » Ich hoffe doch, du hast keine Einwände, Cousine?
Dorothea öffnete schon den Mund, um zu erklären, dass sie sehr wohl Einwände dagegen hätte, einen Achtjährigen im Pistolenschießen zu unterrichten, als Robert ungestüm aufsprang und zu ihr lief.
»
Weitere Kostenlose Bücher