Die Rückkehr der Königin - Roman
konnte. Sif war zwar stur, aber klug genug, um zu wissen, wann er die Linie ziehen und eine Beute aufgeben musste, um sie an einem anderen Tag zu erlegen. Der Anblick seiner leidenden und entmutigten Armee reichte, um ihm zu sagen, dass er das Ende dieses Weges erreicht hatte. Nur wenige Tage nach seinem ersten und letzten Kampf in Kheldrin erklärte Sif, dass sie nach Roisinan zurückkehrten.
»Wir kommen wieder«, rief er grimmig. Der Sommerfeldzug war ein Fehler gewesen, auch wenn er aus frustrierter Wut geboren war im Licht der Tradition, dass Kir Hama Könige im Sommer unbesiegbar waren. Dennoch fiel es ihm schwer, sich den Fehlschlag einzugestehen; und noch schwieriger war die eiskalte Gewissheit tief in Sifs Herzen, dass sie, die er suchte, Kheldrin längst verlassen hatte und irgendwo hinter ihm war und den Platz eingenommen hatte, den er leer zurückließ. Bei seiner Rückkehr nach Roisinan hatte er die Nachricht von Angharas Einzug in Miranei mit müder Resignation aufgenommen, was den unglücklichen Hauptmann, der sie ihm überbrachte, völlig überraschte. Sif tat, was er noch tun konnte. Er sammelte die Reste seiner Armee und führte sie zurück, um das zurückzuerobern, was er aufgrund seiner maßlosen Wut und seiner Angreifbarkeit durch Angharas berechtigte Ansprüche verloren hatte.
Jetzt, im Schatten der Festung, die für beide Kinder des Roten Dynan ein Heim gewesen war, erinnerte sich Sif daran, wie er Anghara zum letzten Mal gesehen hatte – sicher verwahrt im tiefen Kerker Miraneis. Dünn, abgehärmt – und wenn sie sich nicht lethargisch zusammengerollt hatte, starrte sie halb schlafend, halb wachend mit leeren Augen in die mit Schatten gefüllte Dunkelheit, wahnsinnig wegen des Verlustes von irgendetwas. Sif hatte sie nie verstehen können. Wenn jemand ihm gesagt hätte, dass dieses Geschöpf vor ihm kein Jahr später über sein eigenes Schicksal entscheiden würde, hätte er gelacht. Aber es war die Wahrheit. Sie hatte immer sein Schicksal in der Hand gehalten. Und erst jetzt – am Ende – fand er genügend Kraft – oder war verzweifelt genug – um es zu beenden. So oder so!
Er erinnerte sich an das vernichtende Dokument über ihre Krönung und verdrängte diese Erinnerung mit seiner eigenen – die Nacht, als der Rote Dynan am Ronval gestorben war, das Gesicht des Zweiten Generals Fodrun, wie er zu seinen Füßen gekniet war und ihm die Krone angeboten hatte. Es war so herrlich gewesen, sie anzunehmen, nicht länger in die Festung seines Vaters als der uneheliche Sohn sondern als ihr Lord, ihr gekrönter König, zu kommen. Doch ein Schatten lag auf dieser wunderschönen Erinnerung, den Sif stur zu sehen sich weigerte – eine düstere Vorahnung, dass die Zeit verstrich und der Preis für den Biss vom Apfel der Versuchung, den er getan hatte, jetzt von ihm verlangt würde. Er spürte den eiskalten Atem von etwas, das hinter ihm ritt und – vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben – hatte er Angst.
17
Die Belagerung Miraneis dauerte schließlich nicht lange, und zwar aus genau dem Grund, den Anghara vorausgesehen hatte. Sie war in dem Augenblick vorbei, als eine Schar von Sifs Männern sich Zugang zur Stadt unterhalb der Burg verschaffte. Sie überfielen die schreckensstarre Stadt und versuchten, sich einen Weg zu den Seitentoren der Festung zu bahnen. Die Mauern von Miranei waren dick, aber Anghara musste die Schreie derer nicht hören, die Sifs Schwertträgern in den Weg kamen und sofort niedergemäht wurden. Als Kieran und Charo ihr die Nachricht brachten, hob sie die brennenden Augen und gebot ihnen mit einem einzigen Blick auf der Schwelle zu ihren Gemächern stehen zu bleiben.
»Geht!«, sagte sie, bevor die Männer zu Wort kamen. »Jetzt liegt es in der Hand Gottes. Geht, denn das Schicksal wird seinen Lauf nehmen, und das, was auf uns wartet, wird uns finden – in der Festung oder außerhalb der Mauern. Geht ihm entgegen!«
Nach kurzem Schweigen nickte Charo nur und ging fort. Kieran blieb noch einen Herzschlag länger und tauschte mit der Frau, die in dieser Stunde ganz Königin war, einen langen Blick aus. Danach ging auch er wortlos. Zu viel musste gesagt werden, und das reichte nicht einmal; es war eine einfache Wahl – schweigend sich zurückziehen oder ein Leben lang bleiben und von all dem sprechen, was so lange unausgesprochen war.
Dann waren alle von Angharas Rittern fort; selbst Rochen, dessen Schulter verbunden war. Zwischen seinem Körper und der Schlinge
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