Die Rückkehr der Königin - Roman
wurde, kämpfte er wie ein Besessener, als Angharas Männer herauskamen und auf seine Armee trafen. Sein Schwert schien ein Eigenleben zu haben, es tanzte und sauste durch die Luft und säte Tod, wo immer es niederkam. Schon bald war es bis zum Heft rot verfärbt vom Blut anderer Männer. Obwohl Sif ohne Rücksicht auf eigene Verletzungen kämpfte, blieb er unversehrt. Es war, als ritte der Tod selbst mit ihm, er verlieh seinem Arm Stärke und hielt andere davon ab, ihm bedrohlich nahe zu kommen. Er suchte nach den Anführern, den besten in der Armee, die ihn bekämpfte; aber die Umstände hatten Kieran und die Zwillinge in die andere Richtung geschickt. Sif trug in einer Schlacht nie Rangabzeichen, sondern die gleiche verschrammte Rüstung wie die meisten seiner Männer. Daher war es schwierig, den König in seiner Armee zu erkennen. Er musste sich mit geringeren Soldaten zufrieden geben.
Bis Kerun ein bekanntes Gesicht in seinen Weg schickte.
Der andere hatte seinen Helm verloren und an seiner rechten Schläfe klaffte bereits eine lange Wunde, aus der Blut quoll. Doch schienen ihn der Verlust und die Wunde kaum zu behindern; seine Waffe war ebenso blutig wie Sifs, als die Wogen der Schlacht beide Männer aufeinander zu trieben. Sif hatte die außergewöhnliche Begabung bei seinen Männern jedes Gesicht und jeden Namen zu kennen. Jetzt tauchte beides aus der Erinnerung auf.
»Melsyr.«
Die Augen des Gegners verengten sich, als er die Stimme hörte. Er fasste sein Schwert fester, das unterhalb seines Panzerhandschuhs glitschig vor Blut war. Impulsiv löste Sif die Riemen, die seinen Helm hielten und schleuderte ihn beiseite. Damit gab er seine Haarfülle frei, die Angharas so ähnelte.
»Du hast die Seiten gewechselt, wie ich sehe«, sagte Sif ruhig. Im Kampfeslärm waren seine Wort eigentlich unhörbar für jeden außer ihm selbst, aber Melsyr hatte sie verstanden und seine Wangen erröteten unter den blutigen Striemen über sein Gesicht.
»Ich war stets ein getreuer Untertan.«
Sif lachte verbittert. »Kalas’ Sohn. Ich hätte es wissen müssen. Ich erinnere mich nur allzu gut an Kalas. Ich hätte dieses starre Rückgrat des Idealismus in dem Moment erkennen müssen, in dem ich dich zum ersten Mal sah. Ich nehme an, du hast die Flucht organisiert, die meine Königin getötet hat?«
Melsyr zuckte zusammen, hielt aber dem Blick stand. »Ich würde niemals einer Frau ein Leid wünschen, besonders nicht einer in Königin Senenas Zustand – nicht als Preis für Dinge, die ich ihrem Gemahl vorhalten sollte. Sie war für Eure Taten nicht verantwortlich. Nein, Ihr irrt Euch. Ich habe die Flucht nicht geplant. Ich habe lediglich Hilfestellung gegeben, als sie gekommen sind, um die junge Königin aus Eurem Kerker zu holen.«
»Du wusstest die ganze Zeit über, wo sie war, oder?«, sagte Sif wütend. »Auch später, als ich das ganze Land nach ihr abgesucht habe – hast du es die ganze Zeit über gewusst ...«
Melsyr lächelte; seine Zähne waren überraschend weiß in dem schmutzigen blutigen Gesicht. »Glaubt mir oder nicht, König unter dem Berge, ich habe es nicht gewusst. Meine Rolle endete, als er sie aus Miranei fortbrachte. Wohin, habe ich nicht gefragt. Das Letzte, was ich tun wollte, war zu riskieren, ihr Geheimnis zu verraten. Aber selbst wenn ich es gewusst hätte ... eher wäre ich gestorben, als es Euch zu sagen.«
»Das wärst du auch«, sagte Sif. »Du bist einer von diesen Fanatikern und du hast dieselbe verdrehte Auffassung von Ehre wie Kalas, verdammt sei er. Von seinem Sohn habe ich nichts anderes erwartet.« Er legte eine kurze Pause ein, dann lächelte er. »Und du kannst aufhören, Kieran Cullen zu beschützen. Ich weiß genau, dass nur er den Mut hat, ein solches Risiko einzugehen.«
»Verdreht!«, wiederholte Melsyr und überging Sifs letzte Worte. Die Verunglimpfung seines Vaters war ihm wichtiger. Immer noch lag das grimmige Lächeln auf seinem Gesicht. »Lieber so als einige der Wege, auf die Eure Ehre Euch geführt hat.«
Sif hob das Schwert. »Wir alle tun das, was wir müssen«, sagte er ruhig und schlug ohne weitere Warnung zu.
Melsyrs Lächeln verschwand in dem Moment, als er die Klinge hob, um den Hieb zu parieren. Zwei weitere Male gelang ihm das. Sif legte seine gesamte Wut in die Schläge und auch die Trauer – denn unerwarteterweise und überraschend hatte er bitterlich getrauert, als er vom Tod der kleinen Königin erfahren hatte, die er für so selbstverständlich
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