Die Rückkehr der Königin - Roman
meiner Seele.« Ein Schauder überlief sie. »Dieser Ort ist ... da ist etwas auf diesem Hügel. Obwohl ich blind bin, berührt es mich. Es ist ein dunkles Gefühl ... als sei etwas ... gestorben ... aber ich begrüße es. Trotzdem. Es heilt mich, während es mich gleichzeitig verwundet.« Ihre Augen glitzerten eigenartig, als sie zu den umgestürzten Steinen hinaufschaute. »Ich habe mit den Alten Göttern gesprochen, Kieran. In Kheldrin ist wahre Macht.«
»Ich kann dich nicht verstehen, wenn du über diese Dinge sprichst«, sagte Kieran. Er brauchte all seine Selbstbeherrschung, um bei der Erwähnung dieses fremden Landes nicht loszubrüllen.
»Nein«, sagte sie, schaute ihn nicht an, sondern lächelte nur. »Du bist menschlich.«
»Du ebenfalls, verdammt!«, sagte er. Langsam wurde er wütend.
»Nein«, widersprach Anghara leise, aber bestimmt. Sie erinnerte sich an das Echo der Stimme eines Gottes – al’Khur hatte sie so genannt ... was war es gewesen? Ein Name voller Kraft. Unmenschliche Kraft, stark genug, um den Willen eines Gottes zu beugen. Und er hatte gesagt ... er hatte gesagt, sie würde ihn erringen. »Vielleicht war ich das einst. Jetzt nicht mehr. Selbst blind nicht mehr.«
Schweigend nahmen sie die letzten Schritte zum Gipfel. Schnee lag noch in den Ritzen der riesigen Steine. Anghara sank knöcheltief in einen Haufen, der unter einem Stein im kühlen Schatten lag. Sie kletterte mühsam auf einen der niedrigsten Steine, setzte sich in der Hocke hin und suchte mit der Hand über den Augen als Schutz gegen das grelle Sonnenlicht langsam den Horizont ab. Plötzlich sank ihre Hand vom Gesicht und wurde in einer anmutigen Bewegung zu einem Pfeil, der in die Ferne zeigte.
»Dort. Schau«, sagte sie und dämpfte die Stimme, obwohl außer Kieran niemand hier war, der sie hören konnte. »Sie sind zu weit weg, um die Standarte zu erkennen. Aber es ist Sif. Nur er kann so viele so schnell aufbieten und führen. Sie haben eine Armee ausgeschickt, Kieran. Wenn wir ihnen nicht davonlaufen können, sind wir verloren.«
Kieran ließ seinen Blick über die Kohorten der Männer in der Ferne schweifen, die ihn verfolgten, dann starrte er beinahe verzweifelt auf die leeren wintergrauen Moore. »Zurück«, sagte er schließlich, aber seine Stimme war tonlos, hoffnungslos. »Zurück zu den Pferden. Ich weiß nicht, wohin wir fliehen können, wohin er uns nicht folgen kann, aber ich werde nicht darauf warten, dass Sif mich einfach wie einen gefangenen Fasan rupft. Ich werde ihm so viel Ärger machen wie möglich.«
Aber Anghara ging in die Hocke und richtete ihre grauen Augen fest auf Kieran. »Nimm die anderen und reite in den Wald«, sagte sie sehr leise.
Er drehte den Kopf zu ihr und wusste nicht, ob er wütend oder nur erstaunt sein sollte. »Und du? Was ist mit dir? Du glaubst doch nicht, dass ich dich einfach für ihn zurücklasse, oder? Ich habe dich nicht aus Sifs Kerker geholt, um dich ihm auf einem Silbertablett zurückzugeben.«
»Ich schlage mich zur Küste durch«, erklärte Anghara mit kaum wahrnehmbarem Zaudern. »In Calabra gibt es gewiss ein Schiff, das mich mitnimmt.«
»Das schaffst du nie«, erklärte Kieran, dann traf ihn die Wucht ihrer Worte. »Calabra? Wohin willst du? Kheldrin?«
»Würdest du mich an Sifs Stelle auf den Thron setzen, Kieran?«
»Ich wollte dich finden und mich überzeugen, dass du in Sicherheit bist«, sagte Kieran. »Weiter habe ich nicht gedacht, nicht in Einzelheiten. Aber, ja, das würde ich tun.« Seine Augen blitzten vor Liebe und Loyalität. Angharas Name war für die Männer, die er anführte, ein Symbol gewesen, ein Wort, das Licht heraufbeschwor, wenn Sifs Dunkelheit zu tief wurde, um sie zu ertragen. Für Kieran würde ein Teil von ihr immer die kleine Ziehschwester bleiben, der er einst im Regen seinen Umhang gegeben hatte. Wenn sie Königin würde, wäre das größer und wichtiger – aber als Kieran kreuz und quer durch Roisinan geritten war, um Angharas Namen am Leben zu erhalten, hatte er nicht Anghara Kir Hama gesucht. Er hatte nach dem kleinen Mädchen gesucht, das er einst geliebt hatte.
»Ich bin zurückgekommen, um den Thron in Miranei zu beanspruchen«, erklärte Anghara mit brüchigem Lachen. »Es sei an der Zeit, haben mir die Götter gesagt. Aber es ist nicht an der Zeit, Kieran. Noch nicht, nicht jetzt. Würdest du einen Krüppel über Roisinan herrschen lassen, Kieran?« Für einen Moment wirbelte etwas in ihren Augen – Schmerz, Wut,
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