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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Er wird meine Einladung annehmen – und er wird für meine Sicherheit bürgen, dafür sorgt seine Ehre als Soldat.«
    Da war immer noch etwas, das sie ihm nicht sagte. Sie folgten der Menschenmenge zu einem kleinen Platz. Angharas Aufmerksamkeit galt einer schwarzweiß gestreiften Markise, unter der ein junger Mann in rein weißer Kleidung und mit einem weißen Turban saß. Wachstäfelchen, Stahlstichel, Tintenfläschchen, Pergament und andere Utensilien seines Gewerbes waren fein säuberlich hinter ihm auf dem Boden ausgelegt.
    Die Sprache Taths war nur ein Dialekt des Roisinanischen, ein anderer Akzent, ein paar abweichende Wörter. Doch Anghara bediente sich nicht der Sprache Taths. Wenn der junge Schreiber überrascht war, hier im Herzen von Taths Macht in der Hofsprache Roisinans angesprochen zu werden, war er zu gut erzogen, um das zu zeigen – und er antwortete in derselben Sprache. Anghara war von der Selbstbeherrschung des jungen Mannes beeindruckt – und fast gegen seinen Willen auch Kieran.
    »Ich brauche einen Brief, der Können und Diskretion erfordert«, sagte Anghara.
    »Wir dürfen nicht enthüllen, was wir für einen anderen schreiben. So lautet das Gesetz der Zunft überall«, erklärte der junge Schreiber ernst und ließ damit anklingen, dass ihm bewusst war, dass Anghara in seiner Stadt eine Fremde war. »Eure Münzen kaufen mein Schweigen über alles, was Ihr mir anvertraut.«
    »Wie hoch ist deine Gebühr?«
    »Sechs sessi . Bei wichtigen Angelegenheiten ...« Er hüstelte diskret und verbarg den Mund hinter der Hand, doch seine Augen darüber waren beredt. »Bei wichtigen Angelegenheiten – ist der Preis Verhandlungssache.«
    »Zehn«, sagte Anghara. »Wenn du auch dafür sorgst, dass er zugestellt wird.«
    »An welche Adresse?«
    »In den Weißen Palast.«
    Der junge Mann hustete wieder in seine Handfläche. »Das ist in der Tat eine äußerst wichtige Angelegenheit. Dafür ... fünfzehn sessi .«
    »Elf«, antwortete Anghara.
    Die Augen des jungen Schreibers funkelten. »Dreizehn, Mylady.«
    »Zwölfeinhalb«, sagte Anghara.
    Er dachte kurz darüber nach, dann verneigte er sich vor ihr von der Körpermitte ab, ohne aufzustehen. »Zwölfeinhalb«, willigte er ein. »In meinem Zelt können wir ungestört sprechen, falls Ihr das wünscht.«
    »Das wäre wohl am besten«, pflichtete ihm Anghara bei.
    »Wo hast du gelernt zu feilschen, dass Borre aus Shaymir vor Neid gelb geworden wäre?«, zischte Kieran Anghara zu, als sie dem Schreiber in das schwarzweiß gestreifte Zelt hinter der Markise folgten. »Und woher willst du die zwölfeinhalb sessi nehmen, oder wie immer das heißt?«
    »Kheldrin hat mir viele Geschenke gemacht«, antwortete Anghara und lächelte ihn an.
    »Khelsies feilschen?«, murmelte Kieran. »Bei Keruns Hörnern, jedes Mal, wenn ich hinschaue, werden sie menschlicher. Darf ich erfahren, was in diesem Brief stehen soll?«
    Ihre Augen funkelten vor Freude über dieses Spiel. »Komm herein und hör zu.«
    Es war Kierans Aufgabe, sich um die Sicherheit der jungen Königin zu kümmern, die selbst keinerlei Anstalten machte, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden. Er aber hatte als Anführer seiner Männer gelernt, Risiken überlegt abzuwägen. Doch war er jung und waghalsig genug, um bei Angharas Plan mit Freuden mitzumachen. Die von dem jungen Mann geschriebene Botschaft – der mit bewundernswerter Selbstbeherrschung keinerlei Reaktion auf das zeigte, was er niederschreiben sollte – war mit dem königlichen Siegel von al’Tamars say’yin versiegelt worden und dann mit sorgfältigen Anweisungen einem Boten übergeben worden, den der Schreiber gerufen hatte. Kieran hatte natürlich Recht gehabt – Anghara besaß keine Münzen, um für die erhaltenen Dienste zu bezahlen. Dafür hatte sie kheldrinisches Silber. Das war keine offizielle Währung, es musste also eingetauscht werden. Ohne große Worte holte der Schreiber eine keine Waage hervor, wog das Silber ab, und gab ihr den Gegenwert in algiranischen sessi . Eine eigenartige Erregung machte Anghara großzügig, sodass sie dem Schreiber fünfzehn sessi statt der vereinbarten Summe gab. Wenn der Mann es bemerkte, so zeigte er es nicht, verbeugte sich nur mit Anmut und Höflichkeit, als das Geld in den Falten seines Gewandes verschwand. Sie verließen ihn, um sich auf dem vollen Marktplatz etwas zu essen zu besorgen und auf die Stunde zu warten, die in Angharas Brief geschrieben stand.
    Eine runzlige Greisin, die eine

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