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Die Rückkehr der Königin - Roman

Die Rückkehr der Königin - Roman

Titel: Die Rückkehr der Königin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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aalglatt weg. Er nickte als Antwort auf Angharas Zustimmung und machte sich daran, ihr Glas zu füllen. Kieran beobachtete ihn durch zusammengekniffene Augen genau. Falls Vergiften geplant war, war jetzt der Zeitpunkt gekommen, es auszuführen. Doch Favrin schenkte aus derselben Karaffe Angharas und sein eigenes Glas voll. Sofern er keinen Selbstmord beabsichtigte, war kein Gift im Spiel.
    Der Prinz von Algira sah sehr gut aus; Favrin Rashin ging durch den Raum und brachte mit der Eleganz eines Höflings, aber auch eines Fechters, beide Gläser voll dunkelrotem Wein zu Anghara. Sein Vater, Duerin, war ein klassischer Südländer – klein, untersetzt, mit schwarzen Augen und olivfarbener Haut und dunklem krausem Haar. Favrin war anders – so anders, dass man ihn fast für ein Wechselbalg halten könnte. Favrins Mutter war eine Frau aus dem Norden, und er kam nach ihr – hochgewachsen, mit goldenen Haaren und Augen so blau wie das Meer. Kieran sah, wie er Anghara betrachtete, als sie den Kopf hob, um ihm in die Augen zu schauen. Sie wirkten wie ein wunderschönes Paar auf einem Gobelin, ein stolzer König und eine schöne Königin aus einer uralten Legende. Favrin wusste selbstverständlich, dass er Eindruck machte. Aber ein gewisses Maß an Arroganz stand einem Mann zu, der beinahe im Alleingang die Kriegsführung in Roisinan von Grund auf verändert hatte.
    »Es gab selbstverständlich Gerüchte, dass Ihr quicklebendig wärt und irgendwo verborgen darauf wartet, Euer Erbe wieder zu beanspruchen«, fuhr Favrin fort und nahm locker den Faden des Gesprächs wieder auf. »Aber es war ein Kinderspiel, diese von der Hand zu weisen, zumal wir viele selbst in Umlauf gebracht hatten. Schließlich arbeiteten sie in unserem Sinn.«
    »Solange Sif befürchtete, dass jemand in Miranei während seiner Abwesenheit darauf hörte, konnte er es nicht wagen, sich weit von seinem Thron zu entfernen«, sagte Anghara nickend und drehte das Glas zwischen den Fingern. »Ihr habt den großen Krieger festgebunden. Im Schutz der Gerüchte war es ein Leichtes für Euch, den Krieg fortzuführen; Ihr hattet alle Zeit der Welt und eine Invasion in Euer Land würde es nicht geben. Und wenn es doch danach aussah, dann habt Ihr einfach ein neues Gerücht gestreut.«
    »Ganz richtig«, sagte Favrin und lächelte über die präzise Zusammenfassung seiner Taktik durch seinen unerwarteten Gast.
    »Und wie lang wollt Ihr dieses Katz-und-Maus-Spiel noch weiterführen?«, fragte Anghara interessiert.
    Favrin zuckte mit den Schultern. »Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt aufzuhören.« Die blauen Augen glitzerten gefährlich durch seine dunklen Wimpern. »Jetzt, da Sif seinen Sommer mit einer sinnlosen Verfolgungsjagd in der Wüste Kheldrins verbringen wird, nehme ich an, dass das Ziel Eures ... Besuchs ... ist, mir ein Angebot zu unterbreiten. Ich soll in Roisinan einfallen und das Land handstreichartig einnehmen, während er gerade nicht hinsieht?«
    Er war offenbar gut informiert. Aber Angharas Augen verrieten nichts.
    »Wie scharfsinnig, Mylord«, sagte Anghara, aber das Kompliment klang spitz. »Lasst Euch nicht täuschen – ich komme nicht, um um mein Land zu feilschen. Ich habe einen unschätzbaren Vorteil. Anders als mein Bruder muss ich nicht meine eigenen Armeen anführen; ich kann Miranei halten, während Männer, denen ich vertraue, Euren Krieg nach Algira bringen.«
    »Aber Ihr herrscht nicht in Miranei«, erklärte Favrin mit zusammengekniffenen Augen.
    Anghara hob das Kinn, ihre Augen funkelten kampflustig. »Ihr aber auch nicht.«
    Favrin lächelte; seine Zähne waren sehr weiß und eigenartig spitz. Das verlieh seinem Gesicht ein raubkatzenähnliches Aussehen. »Das interessiert mich in der Tat«, sagte er. »Ich hatte erwartet, dass dieser Abend anregend sein würde, als man mir Euer Siegel brachte, aber das hier übersteigt alle Erwartungen. Würdet Ihr mich auf den Balkon begleiten, Mylady? Die Nacht ist mild, und der Blick vom Balkon war schon immer spektakulär.«
    Anghara stimmte mit knappem Kopfnicken zu und fing kurz Kierans Blick auf, als sie den Umhang umlegte. Das ist mein Spiel. Alles steht oder fällt damit, was heute Abend hier geschieht. Halte die Augen auf; warte! Sei bereit, wenn ich dich brauche .
    Kierans Gesicht blieb regungslos, aber seine Augen waren wachsam und misstrauisch, als sie Anghara und Favrin durch die offenen Türen auf die breite Terrasse folgten. Nach kurzem Schweigen nahmen die beiden ihr Gespräch wieder

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