Die Rueckkehr der Phaetonen
und sie als erster nach dem Ausstieg aus dem Raumschiff empfing. Zuerst hatte er sie nicht bemerkt, weil Melnikowa sich bescheiden hinter den anderen aufhielt. Wiktor Oserow hatte ihn stürmisch umarmt und lange nicht mehr losgelassen. Dann kamen Wtorow, Kotow und Stanislawskaja an die Reihe ...
Und plötzlich dachte er, dass er Ira sah!
Sie war ohne Helm, und das goldfarbene Haar fiel offen auf ihre Schultern. Schwarze Augen unter schwarzen Augenbrauen sahen Wolgin an. Bis jetzt hatte er bei niemandem außer Ira eine derartige Verbindung gesehen. Er starrte sie an, aufgeregt und mit heftig klopfendem Herzen, ohne zu verstehen, was es war - Realität oder Halluzination, hervorgerufen durch das Treffen mit den Zeitgenossen, die die ferne Vergangenheit mitgebracht hatten. Aber die Vernebelung hatte nicht lange gedauert. Irina war groß, schlank und biegsam gewesen, und Melnikowa war bedeutend kleiner und kräftiger. Ihre Gesichtszüge erinnerten überhaupt nicht an Ira - nur Haare und Augen waren die gleichen. Und durch einen merkwürdigen Zufall erinnerte ihr momentaner Gesichtsausdruck sehr an den von Irina, wie sie auf dem Porträt in Wolgins Zimmer in Leningrad abgebildet war. Wolgin war nicht der einzige, der es bemerkt hatte -Lucius, Mary und Wladilen zuckten ebenfalls zusammen, als sie dieses lebendig gewordene Bild sahen, und verstanden sofort den Grund für Dmitrijs Aufregung, die auch allen anderen aufgefallen war.
Melnikowa war sichtlich sauer, weil sie nicht verstanden hatte, warum Wolgin sie nicht wie alle anderen umarmt, sondern nur trocken und zurückhaltend begrüßt hatte. Erst am nächsten Tag, als sie bereits in Leningrad angekommen waren, erklärte Wolgin den Grund für seine plötzliche Kälte. »Es tut mir sehr Leid«, sagte Maria Alexandrowna - und die Entfremdung zwischen ihnen war geblieben. Allerdings nur von Melnikowas Seite - Wolgin dagegen verspürte immer das dringende Bedürfnis, diese Frau zu sehen, auch wenn ihre Anwesenheit in ihm Erinnerungen wachrief. Wenn er in mit ihr zusammen war, hatte er immer fast das gleiche Gefühl, das er beim Betrachten des Porträts hatte. Melnikowa sah an Irina ähnlich! Für Wolgin reichte es vollkommen.
Er erinnerte sich an den Moment, als Maria Alexandrowna zum ersten Mal das Bild gesehen hatte und ein Schatten aus Mitleid und Trauer über ihr ausdruckskräftiges Gesicht gelaufen war. »Wirklich, es tut mir sehr Leid«, sagte sie noch einmal und reichte Wolgin die Hand, die schmal aber dennoch so stark wie die eines Mannes war. Er verstand, dass sie genau wusste, wie schwer es für ihn war, und ihn mit ganzem Herzen bemitleidete. Und wenn es nicht Wolgin selbst gewesen wäre, der immer ihre Nähe suchte, würden sie sich nur selten gesehen haben. Melnikowa ging ihm offen aus dem Weg, wobei sie dafür jeden möglichen Vorwand benutzte. Sie hatte sich sehr mit Mary angefreundet und verschwand mit ihr oft für für einen ganzen Tag.
Dafür konnten die anderen Kosmonauten, besonders Wiktor Oserow, sich nicht an Wolgin satt sehen und waren bereit, Tage und Nächte mit ihm zu verbringen. Sie sprachen stundenlang über das Leben im zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert, erinnerten sich an Ereignisse, die für die einen Vergangenheit und für den anderen Zukunft waren, aber alle in ihrem ersten, scheinbar gemeinsamen Leben stattgefunden hatten. Ähnlich wie Wolgin nannten die Raumfahrer ihr jetziges Leben das zweite. Die moderne Welt, die für sie alle gleichermaßen unbekannt war, war in diesen ersten Tagen vollkommen vergessen. Sie genossen das Zusammensein und tauchten immer wieder in das Leben ein, das sie gut gekannt hatten. Es wurde entschieden, dass die Kosmonauten, nachdem sie die Wissenschaf der von allen Expeditionsergebnissen unterrichtet hatten, sich zusammen mit Wolgin auf die Weltreise begeben würden, die er ihretwegen unterbrochen hatte. Außerdem hatte Wolgin bereits begonnen, seinen Freunden die moderne Sprache beizubringen. Fjodorow hatte ihm von Oserows psychischem Leiden bereits erzählt — und
Wolgins Anwesenheit war eine sehr gute Medizin, aber der Arzt empfahl, sich noch näher zu kommen. Für Wolgin war es nicht schwer, diesem Rat zu folgen. Er bot Wiktor an, gemeinsam in einem Zimmer zu leben, und dieser hatte das Angebot begeistert angenommen. Gleich am ersten Abend, nachdem die beiden allein geblieben waren, hatten sie einander ihr ganzes Leben erzählt -und das legte den Grundstein einer festen Freundschaft.
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