Die Rueckkehr der Phaetonen
kommunistischen Ära verstanden und anerkannt wurde — die Biologie. Während eines Zeitraums von fast zweitausend Jahren versuchten Generationen der Wissenschaftler, bis zu den wichtigsten Grundsätzen der »Wissenschaft des Lebens« vorzustoßen, an ihre Grenzen zu gelangen, hinter denen es nichts mehr zu entdecken und zu erforschen gäbe und die Kraft der Natur selbst voll und ganz in die Dienste des Menschen zu stellen. Die Jahrhunderte vergingen und es schien viele Male, als wäre der »Grund« bereits sichtbar — doch das scheinbare Ende wurde immer und immer wieder zu einem Anfang. Die Biologie war schlicht und einfach unerschöpflich, so unerschöpflich wie das Atom — die Grundlage aller lebendigen und toten Natur. Nichtsdestotrotz war die Grenze zwischen dem Lebendigen und dem Toten im Jahr achthundertfünfzig fast verschwunden.
Die neuen Probleme der Biologie gingen immer wieder aus den alten hervor und ein Ende war nicht in Sicht. Die Fragen, die auf eine Antwort warteten, wurden mit jedem geschafften Abschnitt nicht weniger, sondern mehr. Und die Bedeutung der Biologie im Leben des Menschen wuchs ununterbrochen. Die Wissenschaft des Lebens stellte immer größere Anforderungen an ihre Adepten — je tiefer die Wissenschaftler in die Geheimnisse des Lebens und des Todes vorstießen, umso komplizierter wurden diese. Die Arbeit wurde immer schwieriger - aber die Armee der Biologen rückte unnachgiebig vor. Das gewaltige, mit jedem Jahr wachsende Wissen, die Hartnäckigkeit und die harte Arbeit waren die Waffen in der nicht endenden Schlacht um den Menschen. Die Geheimnisse wichen langsam aber unaufhörlich zurück. Und wieder schien es, als wäre das Ende bereits nah, als wäre der endgültige Sieg bereits greifbar. Die ewige und wohltätige Selbsttäuschung!
Lucius war einer der herausragenden Biologen seiner Zeit. Ein Schüler und Nachfolger eines Gelehrten aus dem siebten Jahrhundert, interessierte er sich genau wie sein Lehrer nicht so sehr für das Leben, wie er es für seine andere Seite tat - den Tod, in der Annahme, dass die Menschheit umso schneller ihr Ziel erreichen würde - die Verlängerung des Lebens bis zu seiner natürlichen Grenze — je mehr es in die Geheimnisse des Todes vorstoßen würde. Die mittlere Zeitspanne des menschlichen Lebens, die mittlerweile zweihundert Jahre betrug, erschien den Biologen im Jahr achthundertfünfzig fast schon beleidigend gering. Wie seine Kollegen war auch Lucius davon überzeugt, dass die Wissenschaft sich an der Schwelle eines großen Sprungs befand und dass der Zeitpunkt, in der die Zahl zweihundert durch dreihundert ersetzt werden würde, ganz nah war - »nah« natürlich nur aus wissenschaftlicher Sichtweise. Es war die Zahl gewesen, nach der die Bemühungen der Biologen aus einer langen Reihe von Jahrhunderten strebten.
»Und was dann?«, fragte sich Lucius oft selbst. »Wird sich die Wissenschaft damit etwa zufrieden geben? Wir sind der Meinung, dass dreihundert Jahre die Grenze für den menschlichen Organismus sind. Genau das gleiche hat man auch vor zweitausend Jahren gedacht. Aber ist es denn wirklich so? Oder ist die Möglichkeit des Stoffwechsels bei einem mehrzelligen Organismus etwa gar grenzenlos? Vielleicht wird die Zahl >dreihundert<, nach der wir so streben, nach ganz kurzer Zeit verworfen und durch eine noch größere ersetzt? Und was wäre, wenn diese größere Zahl überhaupt nicht existierte?«
Es waren viele derartigen Fragen, die sich dem Forschergeist des Wissenschaftlers stellten. Die Antwort darauf konnte nur die Zukunft geben ... und die harte Arbeit in der Gegenwart. Lucius liebte seine Arbeit - als Sohn eines Gelehrten war er seit seiner Kindheit an Hartnäckigkeit und systematische Beschäftigung gewöhnt. In der Welt der Wissenschaft vergaß er manchmal alles, und wenn sich für ihn eine neue interessante Aufgabe stellte, merkte er nicht, wie die Jahre verflogen.
Im neunten Jahrhundert neuer Ära stellte Lucius eine seltene Ausnahme dar, indem er allein arbeitete - solche Rückfälle gab es in der wissenschaftlichen
Welt nach wie vor. Die Ergebnisse seiner Arbeit brachten andere Wissenschaftler dazu, ihre vorherigen Ansichten zu überdenken und die Richtung vieler Forschungsarbeiten zu ändern - aber Lucius selbst dachte niemals an die Bedeutung seiner Arbeit für die Wissenschaft. Sein Ruhm wuchs immer weiter, der ganze Planet kannte seinen Namen und er selbst glaubte immer noch, in seinem Hauslabor nur ein kleines
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