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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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Schräubchen in einer großen Maschine zu sein. Nur konnte es natürlich nicht unendlich so weiter gehen - und irgendwann hatte diese unnatürliche Einsamkeit des großen Wissenschaftlers tatsächlich ein Ende.
    Die Ernennung zum Mitglied des Wissenschaftsrates war für Lucius eine verblüffende Überraschung. Er konnte lange nicht verstehen, wie so etwas passieren konnte, was die anderen Wissenschaftler dazu getrieben hatte, für diese Ehre, die nicht vielen zuteil wurde, seinen Namen auszurufen. Er musste die gewohnte Umgebung verlassen, die anderen Wissenschaftler betreuen und einen großen Teil seiner Zeit dem Lehren widmen. Und das Vertrauen, die anderen unterrichten zu können, wurde wirklich nicht jedem entgegen gebracht.
    Entgegen seinen Erwartungen gewöhnte sich Lucius schnell an seinen neuen Status. Die Erweiterung seiner Arbeitsgrenzen hatte ihm sogar gefallen - die kollektiven Forschungen waren viel interessanter und produktiver als einsame. Doch der Fehler, den seine Eltern gemacht hatten - die individuelle Erziehung, die bei ihm die natürliche Neigung zur Einsamkeit hervorgerufen hatte -ließ ihn immer noch denken, er wäre nicht würdig, in Weltinstituten und -labors zu arbeiten. Jetzt waren die Türen dieser Einrichtungen für ihn weit geöffnet — man könnte fast sagen, gegen seinen Willen. Aber er konnte nicht anders als einzutreten. Und das tat er auch — zuerst mit Misstrauen, dann mit Freude und schließlich mit Begeisterung.
    Dennoch setzte sich die alte, verwurzelte Gewohnheit manchmal durch, und für die Lösung irgendeiner interessanten Aufgabe zog sich Lucius immer wieder in sein Labor zurück. Die besten Gedanken kamen ihm immer hier, zu Hause. Seine Kameraden scherzten darüber und bezeichneten diese periodischen Rückzüge als »Schneckenperioden« — aber Lucius kehrte bald wieder zurück und erstaunte die gesamte wissenschaftliche Welt jedes Mal mit einem neuen Forschungsproblem, das man sofort zusammen anpacken und mit den Mitteln der gesamten Weltbiologie lösen sollte. Mt der Zeit begann man, gespannt auf die »Schneckenperioden« zu warten, denn sie brachten immer etwas Neues und bewegten die Wissenschaft spürbar vorwärts.
    Eigentlich war Lucius noch jung. Nach den Begriffen des Jahres achthundertfünfzig waren neunzig bis hundertdreißig Jahre die Zeit der Reife, aber keineswegs des vorgeschrittenen Alters. Und Lucius war erst achtzig. Bisher hatte noch niemand seinen Namen mit dem Wort »Unsterblichkeit« in Zusammenhang gebracht — aber Muncius, der bereits vergessen hatte, wann er selbst zum Mitglied des Wissenschaftsrates ernannt worden war, sah und wusste, dass der Name seinen Sohnes früher oder später in die Mauer des Pan-
    theons gehauen werden würde, was die größte Ehre für einen Menschen der neuen Epoche war. Die Menschen warteten nicht auf den Tod eines Wissenschaftlers, um seinen Namen zu verewigen und taten es oft noch zu seinen Lebzeiten. Und es gab viele Wissenschaftler, die insgeheim davon träumten, sich einer so großen Ehre würdig zu erweisen. Der edle Ehrgeiz — eine große menschliche Tugend!
    Ohne es zu merken, stellte sich Lucius langsam an die Spitze der Biologen der ganzen Welt. Viele Wissenschaftler nannten ihn bereits Lehrer - zwar noch nicht in seiner Anwesenheit, aber nichtsdestotrotz immer öfter.. Es war offensichtlich, dass dieses Wort bald auch offen ausgesprochen werden würde.
    Zu der Zeit des Meteoriteneinschlags, der all die nachfolgenden Ereignisse ausgelöst hatte, deren tatsächliche Bedeutung bis jetzt noch niemand erahnen konnte, hatte sich Lucius in einer weiteren Schneckenperiode befunden. Doch auch wenn sein Verstand mit einem sehr ernsten Problem beschäftigt war, konnte der Wissenschaftler nicht an Wladilens seltenem Fund uninteressiert bleiben. Die Denkmale der Antike wurden immer sehr sorgfältig aufbewahrt — die Menschheit vergaß ihre Vergangenheit niemals. Die Entscheidung über die Demontage eines Monuments konnte nur von einer Sonderkommission der Geschichtsabteilung im Wissenschaftsrat getroffen werden. All die Grabsteine waren zwar vor mehreren Jahrhunderten demontiert worden, als die Friedhöfe abgeschafft worden waren, aber jetzt wurden die Namen der Würdigen auf goldene Tafeln gehauen, die im und um das Pantheon aufgestellt wurden. Dennoch war es völlig undenkbar, dass der Grabstein eines Helden nicht berücksichtigt und gepflegt wurde, dass er unter Einwirkung der Zeit zerfiel und in der Erde versank.

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